Antidote ArzneimittelgruppenAntidote sind Arzneimittel, welche für die akute Behandlung von Vergiftungen und Überdosierungen eingesetzt werden. Sie heben die Effekte von Arzneimitteln, Rauschmitteln, Giften und anderen pharmakologisch und toxisch aktiven Substanzen auf. Dies zum Beispiel, indem sie sie binden, sie neutralisieren oder eine entgegengesetzte Wirkung ausüben. Bekannte Antidote sind beispielsweise Aktivkohle, N-Acetylcystein, Antivenine, Calciumgluconat, Antikörper, Flumazenil, Naloxon und Vitamin K1.
synonym: Gegengifte, Antidota
ProdukteAntidote sind unter anderem in Form von Tabletten, Kautabletten, als Lösungen, Suspensionen, Injektionen und Infusionen im Handel. Viele der Arzneimittel haben keine offizielle behördliche Indikation für dieses Anwendungsgebiet, d.h. es handelt sich um einen Off-Label-Use. Einige sind jedoch auch explizit als Antidote zugelassen. Einige Antidote müssen aus dem Ausland importiert oder in einem Labor hergestellt werden.
In der Schweiz definiert die Publikation Antidote bei Vergiftungen des Bundesamts für Gesundheit Grundsortimente, welche unter anderem in Krankenhäusern und in öffentlichen Apotheken vorrätig gehalten werden müssen.
Struktur und EigenschaftenAntidote haben keine einheitliche chemische Struktur.
WirkungenAntidote heben die Effekte von Arzneimitteln, Rauschmitteln, Giften und anderen pharmakologisch und toxisch aktiven Substanzen auf. Ihre Wirkmechanismen sind sehr unterschiedlich. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgelistet:
- Bindung der Gifte im Verdauungstrakt und Ausscheidung über den Stuhl, z.B. Aktivkohle.
- Bindung und Inaktivierung im Blutkreislauf, z.B. monoklonale Antikörper.
- Interaktion mit den Rezeptoren, z.B. Opioid-Antagonisten.
- Komplexbildung oder Salzbildung mit Ionen, z.B. Calciumgluconat.
- Effekte auf den Metabolismus, Förderung der Eliminiation.
- Stärkung protektiver und entgegengesetzter Prozesse, z.B. N-Acetylcystein.
Für die Behandlung von Vergiftungen und Überdosierungen.
DosierungGemäss der Fachinformation. Antidote werden topisch und systemisch verabreicht.
WirkstoffeIm Folgenden sind Antidote und und ihre Anwendungsgebiete aufgelistet (Auswahl, Beispiele). Diese Liste entspricht nicht der offiziellen Publikation des Bundesamtes:
- Acetylcystein: Paracetamol, Amanita phalloides
- Aktivkohle: Zahlreiche Substanzen
- Alphablocker: Cocain, Amphetamine, Sympathomimetika
- Amylnitrit: Cyanide
- Andexanet alfa: Faktor-Xa-Inhibitoren
- Antazida: Strontium-Isotope
- Antivenine: z.B. Schlangen, Skorpione, Spinnen
- Atropinsulfat: Cholinesterasehemmer, Nicotin, Digitalis, Nervengifte wie Nowitschok
- Bariumsulfat: Radium- und Strontium-Isotope
- Benzodiazepine: Verschiedene Substanzen
- Biperiden: Neuroleptika, Antihistaminika, Antiemetika, extrapyramidale Symptome
- Calcium: Calciumkanalblocker, Ethylenglykol, Fluoride, Oxalsäure, Flusssäure
- Calciumfolinat: Methotrexat
- Calciumgluconat: Flusssäure
- Carnitin: Valproinsäure
- Colestyramin-20: Digitoxin, Digoxin, Amiodaron, chlorierte Kohlenwasserstoffe
- Dantrolen: Anästhetika, maligne Hyperthermie
- Deferoxamin: Eisen
- Digitalis-Antikörper: Digitalis, Digoxin, Digitoxin
- Dimercaprol: Arsen, Schwermetalle
- Dimercaptopropansulfonat: Quecksilber, Schwermetalle, Radionuklide
- 4-Dimethylaminophenol: Cyanide
- Flumazenil: Benzodiazepine, Z-Drugs
- Fomepizol: Ethylenglykol, Frostschutzmittel, Methanol
- Kaliumiodid-Tabletten: Radioiod
- Lipidemulsion: Lipophile Lokalanästhetika und Gifte
- Magnesiumsulfat: Herzrhythmusstörungen, Torsades de pointes
- Methylenblau: Methämoglobinämie bei aromatischen Amino- und Nitroverbindungen
- Nalorphin: Opioide
- Naloxon: Opioide
- Natriumhydrogencarbonat: Trizyklische Antidepressiva, Salicylate, Azidose
- Natriumperchlorat: Radioiod
- Octreotid: Sulfonylharnstoffe
- Obidoximchlorid: Organophosphate, Nowitschok
- Opioid-Antagonisten: Opioide
- Penicillamin: Schwermetalle
- Physostigmin: Parasympatholytika
- Pralidoximchlorid: Organophosphate, Nowitschok
- Protamin: Heparine
- Silibinin: Amanita phalloides
- Simeticon: Schäumende Mittel
- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Buckley N.A. et al. Who gets antidotes? choosing the chosen few. Br J Clin Pharmacol, 2016, 81(3), 402-7 Pubmed
- Bundesamt für Gesundheit
- Byrd L.B., Asuka E., Martin N. Antidotes. 2020, StatPearls Publishing Pubmed
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Publikation Antidote bei Vergiftungen (BAG)
- Smith S.W. Drugs and pharmaceuticals: management of intoxication and antidotes. EXS, 2010, 100, 397-460 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.