Opioide Arzneimittelgruppen SchmerzmittelOpioide sind natürliche, aus dem Opium gewonnene oder (halb)synthetisch herstellte Arzneimittel mit schmerzlindernden, dämpfenden, beruhigenden und psychotropen Eigenschaften. Die Effekte beruhen auf der Bindung an endogene Opioid-Rezeptoren. Opioide werden unter anderem in Form von Tabletten, Tropfen, als Injektion und als transdermales Pflaster verabreicht und hauptsächlich gegen Schmerzen, gegen Husten und in der Anästhesie eingesetzt. Es handelt sich um potente Wirkstoffe, die mit Vorsicht angewandt werden müssen. Eine Überdosis ist lebensgefährlich, besonders gefürchtet ist die mögliche Atemlähmung. Häufige Nebenwirkungen bei therapeutischer Dosis sind Verstopfung, Übelkeit und Müdigkeit. Opioide können als Rauschmittel missbraucht werden und zu einer Abhängigkeit und Sucht führen.
synonym: Opiate, Opium-Alkaloide, Opioide Schmerzmittel, Opioid-Analgetika, Opioid-Rezeptor-Agonisten
HintergrundOpioide werden schon seit Tausenden von Jahren als Schmerzmittel verwendet. Zunächst in Form von Opium, dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns Papaver somniferum L. (Papaveraceae). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde erstmals das reine Opium-Alkaloid Morphin isoliert und später mit der neu erfundenen Injektionsnadel verabreicht.
Im 20. Jahrhundert wurden zahlreiche Derivate und synthetische Opioide entwickelt und dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. Darunter sind einige Wirkstoffe, die nicht mehr von den natürlichen Alkaloiden abgeleitet sind. So sind beispielsweise Pethidin, Fentanyl und Methadon vom Tropanalkaloid Atropin aus Nachtschattengewächsen abgeleitet.
Opioide ist die Sammelbezeichnung für alle Wirkstoffe, als Opiate werden natürliche Inhaltsstoffe wie Morphin und Codein bezeichnet. Opioide Peptide wie die Endorphine und Enkephaline sind die natürlichen Liganden der Opioid-Rezeptoren. Deshalb handelt es sich bei den Opioiden um Peptidomimetika.
WirkungenOpioide (ATC N02A ) sind primär schmerzlindernd und schmerzdistanzierend. Im Unterschied zu anderen Schmerzmitteln wie den nicht steroidalen Entzündungshemmern haben sie weder entzündungshemmende noch fiebersenkende Eigenschaften. Opioide sind zusätzlich unter anderem sedierend (dämpfend), psychotrop (auf die Psyche einwirkend), beruhigend und hustenreizlindernd.
Die Effekte beruhen auf der Bindung an endogene Opioid-Rezeptoren, die unter anderem im Gehirn, Rückenmark und im peripheren Nervensystem vorkommen. Dazu gehören die μ(Mü)-, δ(Delta)- und κ(Kappa)-Opioid-Rezeptoren. Die Wirkstoffe haben unterschiedliche Affinitäten zu den verschiedenen Rezeptoren.
Wirkmechanismus der Opioide, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
IndikationenZu den Anwendungsgebieten der Opioide gehören:
- Akute und chronische Schmerzen verschiedener Ursache gemäss dem WHO-Stufenschema, z.B. bei Rückenschmerzen, Arthrose, Koliken, Wehen, Tumorschmerzen, Durchbruchschmerzen und bei einem Herzinfarkt.
- Zur symptomatischen Behandlung von Reizhusten.
- Zur symptomatischen Behandlung von Durchfall.
- Verwendung in der Anästhesie.
- Zur substitutionsgestützten Behandlung, siehe z.B. unter Methadonsubstitution
Opioide haben zwei Gesichter - einerseits handelt es sich um essentielle und hochwirksame Medikamente für die Schmerztherapie. Andererseits werden sie aufgrund ihrer psychotropen, euphorisierenden und beruhigenden Eigenschaften als Rauschmittel missbraucht. Typische Beispiele sind Heroin, Morphin, Codein und Oxycodon - im Prinzip können aber alle Opioide als Drogen verwendet werden. Aufgrund des hohen Abhängigkeitspotentials und der lebensgefährlichen und zerstörerischen unerwünschten Wirkungen ist von einem Missbrauch dringend abzuraten. Opioide können auch als Dopingmittel verwendet werden.
Wirkstoffe- Alfentanil (Rapifen®)
- Benzhydrocodon (Apadaz®)
- Buprenorphin (z.B. Temgesic®, Transtec®)
- Carfentanil (Tierarzneimittel)
- Codein (zahlreiche Arzneimittel)
- Dermorphin
- Desomorphin (Rauschmittel)
- Dextromoramid (Palfivet®)
- Dextropropoxyphen (ausser Handel)
- Dihydrocodein (z.B. Codicontin®, Paracodin®)
- Ethylmorphin (Phol-Tux®)
- Fentanyl (z.B. Durogesic®, Generika)
- Heroin (Diaphin®, Rauschmittel)
- Hydrocodon (Hydrocodon Streuli®, ausser Handel)
- Hydromorphon (z.B. Palladon®)
- Ketobemidon (Ketogan®)
- Levomethadon (L-Polamidon®)
- Levorphanol (in der Schweiz nicht im Handel)
- Methadon (z.B. Ketalgin®, Magistralrezepturen)
- Metopon (nicht im Handel)
- Morphin (z.B. MST Continus®, Morphintropfen)
- Nalbuphin (Nalbuphin OrPha®)
- Nicomorphin (Vilan®, ausser Handel)
- Nitazene (ausschliesslich als Rauschmittel)
- Opium (Magistralrezepturen)
- Opiumtinktur (Dropizol®)
- Oripavin (Vorläufer)
- Oxycodon und Naloxon (Targin®)
- Oxycodon (Oxycontin®, Oxynorm®)
- Oxymorphon (Opana®, Generika)
- Pentazocin (Fortalgesic®, ausser Handel)
- Pethidin (verschiedene Hersteller)
- Piritramid (Dipidolor®)
- Remifentanil (Ultiva®, Generika)
- Sufentanil (Sufenta®, Generika)
- Tapentadol (Palexia®)
- Tilidin (Valoron®, ausser Handel)
- Tramadol (Tramal®, Generika)
Opioid-Antagonisten sind Antagonisten an Opioid-Rezeptoren und heben die Effekte der Opioide auf. Sie werden unter anderem bei Vergiftungen, zur Entgiftung, bei einer Alkoholabhängigkeit, Verstopfung und zur Beendigung der Opioid-Wirkungen eingesetzt.
KontraindikationenBei der Anwendung müssen zahlreiche Vorsichtsmassnahmen beachtet werden. Die vollständigen Angaben finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation. Zu den Kontraindikationen gehören unter anderem eine Überempfindlichkeit, gleichzeitige Therapie mit MAO-Hemmern, Ateminsuffizienz, Atemdepression, ein Darmverschluss, eine verzögerte Magenentleerung, Lebererkrankungen, ein erhöhter intrakranieller Druck, ein Schädel-Hirn-Trauma und schwere obstruktive Lungenerkrankungen.
Interaktionen- Einige Opioide werden von CYP450-Isoenzymen biotransformiert und sind anfällig für Wechselwirkungen mit CYP-Inhibitoren und CYP-Induktoren.
- Zentral dämpfende Arzneimittel können die Nebenwirkungen und die Atemdepression verstärken. Dazu gehören andere Opioide, Beruhigungsmittel, Schlafmittel, Neuroleptika, Muskelrelaxantien, Antihistaminika und Alkohol. Eine Kombination ist unter Umständen lebensgefährlich.
- Die Kombination mit MAO-Hemmern ist nicht angezeigt, weil dabei schwerwiegende unerwünschte Wirkungen möglich sind.
- Anticholinerge Wirkstoffe können anticholinerge Nebenwirkungen verstärken.
- Opioid-Antagonisten heben die Effekte der Opioide auf.
Opioide sind potente Wirkstoffe und müssen mit Vorsicht verabreicht werden. Eine Überdosis ist lebensgefährlich und äussert sich in einer Atemlähmung, tiefem Blutdruck, tiefem Puls, Kreislaufversagen und Koma. Besonders gefürchtet ist die mögliche Atemdepression. Zu den möglichen Nebenwirkungen, die auch bei therapeutischen Dosen auftreten, gehören:
- Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit
- Zentrale und psychiatrische Störungen wie Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Verwirrung, Angst, Euphorie, Dysphorie
- Kleine Pupillen (Miosis)
- Atemdepression
- Juckreiz, Hautausschlag, Hautrötung, Schwitzen
- Harnverhaltung
- Hyperalgesie: Paradox erhöhte Schmerzempfindlichkeit
- Herzkreislauf-Störungen wie tiefer Blutdruck, langsamer Herzschlag
- Entwicklung einer Toleranz, Abhängigkeit und Sucht, Entzugssymptome nach dem Absetzen
Von Vorteil ist, dass Opioide keine Organschäden wie andere Schmerzmittel hervorrufen.
siehe auchSchmerzmittel, Schmerzen, Opioid-Antagonisten
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, USA)
- Berland D., Rodgers P. Rational use of opioids for management of chronic nonterminal pain. Am Fam Physician, 2012, 86(3), 252-8 Pubmed
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- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Lehrbücher der Pharmakologie
- Manchikanti L., Benyamin R., Datta S., Vallejo R., Smith H. Opioids in chronic noncancer pain. Expert Rev Neurother, 2010, 10(5), 775-89 Pubmed
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- Marlowe K.F., Geiler R. Pharmacist's role in dispensing opioids for acute and chronic pain. J Pharm Pract, 2012, 25(5), 497-502 Pubmed
- Rosenblum A., Marsch L.A., Joseph H., Portenoy R.K. Opioids and the treatment of chronic pain: controversies, current status, and future directions. Exp Clin Psychopharmacol, 2008, 16(5), 405-16 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.