Tiefer Blutdruck IndikationenEin tiefer Blutdruck bleibt häufig symptomlos und ruft keine Beschwerden hervor. Zu den möglichen Symptomen gehören unter anderem eine kalte Haut, Sehstörungen, Schwäche und Schwindel. Eine Minderdurchblutung des Gehirns kann zu einer Bewusstlosigkeit, Stürzen und Unfällen führen. Die möglichen Ursachen sind vielfältig und umfassen unter anderem eine entsprechende Veranlagung, Medikamente gegen Bluthochdruck, Stress, Herz-Kreislauf-Störungen, ein Blutverlust und eine Schilddrüsenunterfunktion. Zur Behandlung leichter Beschwerden werden primär Massnahmen zur Anregung des Kreislaufs empfohlen. Zur medikamentösen Therapie werden unter anderem Coffein, Sympathomimetika und Phytopharmaka eingesetzt.
synonym: Hypotonie, Arterielle Hypotonie, Niedriger Blutdruck, Hypotension
SymptomeEin tiefer Blutdruck muss nicht zwangsläufig Beschwerden hervorrufen und bleibt häufig symptomlos. Zu den möglichen Symptomen gehören:
- Blasse und kalte Haut, kalte Hände und Füsse, Schweissausbruch
- Sehstörungen: Schwarzwerden vor den Augen, Flimmern, Teile des Gesichtsfelds fallen aus
- Konzentrationsstörungen
- Schneller Puls, Herzklopfen
- Ohrensausen
- Schwindel
- Schwäche, Müdigkeit, Leistungsmangel
- Ohnmacht, kurze Bewusstlosigkeit (Synkope)
Eine Bewusstlosigkeit kann zu Stürzen, Unfällen, Verletzungen und Brüchen führen. Ein sehr tiefer Blutdruck kann die Organe schädigen, weil sie nicht mehr ausreichend durchblutet und mit Sauerstoff versorgt werden. Die arterielle Hypotonie wird jedoch nicht nur als negativ angesehen, sondern soll zu einer längeren Lebenserwartung beitragen.
UrsachenBei einer Hypotonie liegt der Blutdruck momentan oder anhaltend unterhalb der Normwerte. In der Literatur finden sich dazu unterschiedliche Angaben. Als zu tief werden in der Regel Werte unter 90 (-105) mmHg systolisch und unter 60 (-65) mmHg diastolisch eingestuft. Zu den möglichen Ursachen und Risikofaktoren gehören:
- Primäre Hypotonie (konstitutionell), zum Beispiel bei grossen und schlanken Menschen, in der Pubertät
- Zahlreiche Arzneimittel können den Blutdruck senken, zum Beispiel Antihypertonika, Nitrate, Phosphodiesterase-5-Hemmer, Psychopharmaka, Beruhigungsmittel und Opioide
- Alkohol, Rauschmittel
- Dialyse
- Schwangerschaft
- Langes Stehen, Chronisch-venöse Insuffizienz
- Hohe Temperaturen, Sonneneinstrahlung, Hitzeerkrankungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z.B. Herzinsuffizienz, Aortenstenose
- Erkrankungen des Nervensystems
- Stress
- Angst vor Spritzen oder Blut, vasovagale Reaktion
- Endokrine Störungen, z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion, Nebenniereninsuffizienz, Hypophyseninsuffizienz
- Immobilisation
- Flüssigkeitsverlust, Dehydratation
- Grosser Blutverlust
- Anaphylaxie
- Infektionskrankheiten, Sepsis
Ein tiefer Blutdruck kann Ausdruck einer schweren Erkrankung sein und sollte ärztlich abgeklärt werden, falls die Beschwerden akut und schwer sind oder chronisch wiederkehren.
Nicht medikamentöse BehandlungDie Behandlung soll sich wenn möglich an der Ursache orientieren und ist in der Regel nur notwendig, falls Beschwerden auftreten. Nicht medikamentöse Massnahmen sollen der Pharmakotherapie vorausgehen:
- Regelmässig Sport treiben
- Kalt- und Warmduschen, Kneippen
- Sauna, Bürstenmassage
- Fingergymnastik
- Salzreiche Ernährung, Suppen
- Ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen
- Kompressionsstrümpfe tragen
- Anpassen der Medikation
- Langsam aufstehen
Sympathomimetika binden an Alpha- und teilweise auch an Beta-Adrenozeptoren, führen zu einer Verengung der Blutgefässe und erhöhen den peripheren Widerstand. Einige erhöhen zusätzlich die Kontraktilität des Herzmuskels. Sie sind aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen nicht unumstritten:
- Etilefrin (Effortil®)
- Midodrin (Gutron®)
- Schwere Hypotonie: z.B. Phenylephrin, Ephedrin, Dopamin, Noradrenalin
- Oxedrin (Sympalept®), Pholedrin und Norfenefrin (Ortho-Maren®) sind in der Schweiz nicht mehr im Handel
- Oxilofrin (Carnigen®, ausser Handel)
Mutterkornalkaloide verengen die Kapazitätsgefässe (Venen) ohne Einfluss auf die Widerstandsgefässe. Dadurch wird das Blut umverteilt. Auch diese Arzneimittelgruppe ist aufgrund der möglichen Nebenwirkungen umstritten. Die Zulassung für diese Indikation wurde in der Schweiz aufgehoben:
- Dihydroergotamin (Dihydergot® Tabletten, Effortil plus®, beide ausser Handel)
Durchblutungsfördernde Mittel:
- Capsaicin, Rheumasalben, wärmende Handcremen, Wärmebeutel, bei kalten Händen und Füssen
Nicethamid (Gly-Coramin®) wird Off-Label zur Behandlung eines tiefen Blutdrucks eingesetzt. Es ist dazu nicht mehr offiziell zugelassen.
Infusionslösungen zur Volumenstabilisierung bei schwerwiegenden Beschwerden, zum Beispiel bei einem Schock.
Mineralocorticoide wie Fludrocortisonacetat (Florinef®) bei Nebenniereninsuffizienz und Morbus Addison.
Pflanzliche Antihypotonika:
- Coffein, Kaffee, Schwarztee, Guarana, Mate, Energy Drinks
- Weissdorn
- Ginkgo
- Rosmarin, z.B. in Form von Salben oder als Bad, Ceres®-Tropfen
- Kampfer
- z.B. Anthroposophika wie Cardiodoron® Weleda, Schüssler-Salze 2 und 5, Hömopathika, Spagyrika
Hypertonie (Bluthochdruck)
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- Quellen
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