Immunsuppressiva ArzneimittelgruppenImmunsuppressiva sind eine grosse Gruppe von Wirkstoffen, welche die Funktion des Immunsystems selektiv oder unselektiv schwächen. Sie werden zum Beispiel für die Behandlung allergischer Erkrankungen, bei Autoimmunerkrankungen wie einer rheumatoiden Arthritis und einer multiplen Sklerose, bei Hauterkrankungen, Augenerkrankungen und für die Vorbeugung einer Transplantatabstossung eingesetzt. Immunsuppressiva werden lokal und systemisch verabreicht. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören leichte bis schwere Infektionskrankheiten. Impfstoffe können bei Immunsupprimierten weniger gut wirksam sein und Lebendimpfstoffe dürfen nicht verabreicht werden.Produkte
Immunsuppressiva sind in zahlreichen Darreichungsformen im Handel, zum Beispiel als Cremen, Salben, Tabletten, Kapseln, Lösungen, Augentropfen und Injektionspräparate.
Struktur und EigenschaftenInnerhalb der Immunsuppressiva lassen sich verschiedene Gruppen identifizieren. Dazu gehören Steroide wie die Glucocorticoide, Substanzen mikrobiologischen Ursprungs wie Ciclosporin und Mycophenolatmofetil, Derivate von Nukleinsäuren und ihren Bestandteilen wie Azathioprin, kleine Moleküle sowie Biologika wie monoklonale Antikörper und falsche Rezeptoren.
WirkungenDie Wirkstoffe haben immunsuppressive Eigenschaften, d.h. sie schwächen selektiv oder unselektiv die Immunabwehr des Menschen. Die Wirkmechanismen sind unterschiedlich. Immunsuppressiva können beispielsweise Immunzellen zerstören, ihre Funktionen unterdrücken, Signalkaskaden unterbrechen oder Mediatoren des Immunsystems binden und inaktivieren.
IndikationenZu den wichtigsten Anwendungsgebieten gehören (Auswahl):
- Allergische Erkrankungen
- Rheumatische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis
- Hauterkrankungen
- Schuppenflechte (Psoriasis), Psoriasis-Arthritis
- Vorbeugung einer Transplantatabstossung nach einer Transplantation
- Entzündliche Darmerkrankungen
- Bronchialasthma
- Augenerkrankungen wie eine Uveitis
- Multiple Sklerose
- Morbus Bechterew (Ankylosierende Spondylitis)
Bei vielen handelt es sich um Autoimmunerkrankungen, also Krankheiten, die von einer Überfunktion des Immunsystems verursacht werden.
DosierungGemäss der Fachinformation. Immunsuppressiva werden sowohl topisch als auch systemisch (oral und parenteral) verabreicht. Bei einer topischen Anwendung ist mit deutlich weniger unerwünschten Wirkungen zu rechnen. Für die Vorbeugung einer Transplantatabstossung ist eine gute Therapietreue entscheidend.
Wirkstoffe (Auswahl)Im Folgenden ist eine Auswahl immunsuppressiver Wirkstoffe dargestellt:
Glucocorticoide, Kortisontabletten:
- Betamethason (Betnesol®)
- Dexamethason (Fortecortin®, Generika)
- Hydrocortison (Hydrocortone®, Generika)
- Methylprednisolon (Medrol®)
- Prednisolon (Spiricort®, Generika)
- Prednison (Generika, Lodotra®)
- Triamcinolon (Kenacort®)
- Azathioprin (Imurek®, Generika)
- Cyclophosphamid (Endoxan®)
- Methotrexat (z.B. Metoject®, Generika)
- Mitoxantron (Novantron®)
T-Zell-Blocker, Calcineurin-Inhibitoren:
- Ciclosporin (Sandimmun®)
- Everolimus (z.B. Afinitor®)
- Pimecrolimus (Elidel®)
- Sirolimus (Rapamune®)
- Tacrolimus (Prograf®, Modigraf®)
- Voclosporin (Lupkynis®)
Inosinmonophosphat-Dehydrogenase-Hemmer:
- Mycophenolsäure (Myfortic®, Generika)
- Mycophenolatmofetil (Cellcept®, Generika)
Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulatoren:
- Fingolimod (Gilenya®)
- Ozanimod (Zeposia®)
- Siponimod (Mayzent®)
- Alemtuzumab (Lemtrada®)
- Natalizumab (Tysabri®)
- Ocrelizumab (Ocrevus®)
- Ofatumumab (Kesimpta®)
- Rituximab (MabThera®)
- Sarilumab (Kevzara®)
- Tocilizumab (Actemra®)
- Baricitinib (Olumiant®)
- Ruxolitinib (Jakavi®)
- Tofacitinib (Xeljanz®)
- Upadacitinib (Rinvoq®)
- Adalimumab (Humira®)
- Certolizumab pegol (Cimzia®)
- Etanercept (Enbrel®)
- Golimumab (Simponi®)
- Infliximab (Remicade®)
- Imlifidase (Idefirix®)
Zu den Gegenanzeigen der Immunsuppressiva gehören (Beispiele):
- Überempfindlichkeit
- Erhöhtes Risiko für opportunistische Infektionen
- Schwere aktive Infektionen oder aktive chronische Infektionen, z.B. mit einer Hepatitis oder Tuberkulose.
- Aktive maligne Erkrankungen
- Schwangerschaft, Stillzeit
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenDie gleichzeitige Therapie mit anderen immunsuppressiven Wirkstoffen kann das Risiko für Infektionskrankheiten weiter erhöhen.
Die Wirksamkeit von Impfstoffen kann eingeschränkt sein und die Verabreichung von Lebendimpfstoffen wird nicht empfohlen. Inaktivierte Impfstoffe sind erlaubt, aber der Schutz ist möglicherweise nicht gegeben.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen der Immunsuppressiva gehören Infektionskrankheiten. Das können sowohl leichte (wie eine Erkältung), aber auch schwere und tödliche wie eine Blutvergiftung sein.
Das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf ist grösser und bei Immunkompetenten harmlose Infektionen können bei Immunsupprimierten einen schweren Verlauf nehmen. Immunsuppressiva können latente (ruhende) Infektionen aktivieren, zum Beispiel Herpesvirusinfektionen und Hepatitiden (Leberentzündungen).
Opportunistische Infektionen sind Infektionskrankheiten, welche hauptsächlich bei einer reduzierten Immunfunktion auftreten. Dazu gehören zum Beispiel Pilzinfektionen wie die Candidiasis und eine Aspergillose.
Für die Vorbeugung von Infektionen werden Hygienemassnahmen empfohlen, zum Beispiel regelmässiges Händewaschen, die Verwendung von Desinfektionsmitteln und Hygienemasken und das Meiden von Menschenansammlungen.
Die Patientinnen und Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen, zum Beispiel für Lymphome. Weil dazu auch Hautkrebs gehört, werden gute Sonnenschutzmassnahmen empfohlen.
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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- Vial T., Descotes J. Immunosuppressive drugs and cancer. Toxicology, 2003, 185(3), 229-40 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.