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Serotoninsyndrom Indikationen

Das Serotoninsyndrom wird von einer verstärkten zentralen und peripheren synaptischen Serotoninwirkung verursacht. Es äussert sich in Symptomen wie Durchfall, Fieber, schneller Puls, Schwitzen, Verwirrung, Zittern und Muskelzuckungen und kann bei einem schweren Verlauf einen tödlichen Ausgang nehmen. Eine bekannte und gut dokumentierte Ursache ist die Kombination eines Serotonin-Wiederaufnahmehemmers (SSRI) mit einem Monoaminooxidasehemmer (MAOI). Zahlreiche weitere, häufig verschriebene Medikamente, kommen als mögliche Auslöser in Frage, zum Beispiel trizyklische Antidepressiva, Tramadol, Triptane oder Dextromethorphan, sind aber teilweise auch umtritten.

synonym: Serotonin-Syndrom, Serotonin-Toxizität, Serotonerges Syndrom

Hintergrund

Serotonin (5-Hydroxytryptamin, 5-HT) ist ein Neurotransmitter, der durch Decarboxylierung und Hydroxylierung aus der Aminosäure Tryptophan biosynthetisiert wird. Es bindet an sieben verschiedene Familien des Serotonin-Rezeptors (5-HT1 bis 5-HT7) und löst zentrale und periphere Effekte aus, die unter anderen die Stimmung, das Verhalten, den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Thermoregulation, die Schmerzwahrnehmung, den Appetit, das Erbrechen, Muskeln und Nerven beeinflussen. Serotonin ist gefäss- und bronchienverengend, fördert die Plättchenaggregation und ist ein Entzündungsmediator. Im Darm wird es in den enterochromaffinen Zellen gebildet, vermittelt eine Kontraktion der glatten Muskulatur und beeinflusst so die Motilität. Abgebaut wird es von der Monoaminooxidase A.

Symptome

Je nach Verlauf äussert sich das Serotoninsyndrom sehr unterschiedlich in leichten und subakuten bis schweren und lebensbedrohlichen Symptomen. Zu den möglichen Beschwerden gehören (1) Verhaltens- oder Bewusstseinsveränderungen, (2) neuromuskuläre und (3) autonome Symptome:

Bei einem schweren Verlauf kommt es zu einer starken Erhöhung der Körpertemperatur, Krämpfen, Delirium, Koma, Azidose, Gerinnungsstörungen, Auflösung der Skelettmuskulatur und Nierenversagen.

Ursachen

Ursache ist eine verstärkte zentrale und periphere synaptische Serotoninwirkung, die von Medikamenten, Rauschmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln ausgelöst wird. Diese fördern die Synthese oder die Freisetzung von Serotonin, wirken als Agonisten direkt an den Rezeptoren, hemmen die Wiederaufnahme in das präsynaptische Neuron oder hemmen den Abbau.

Bekannt und gut dokumentiert sind Fälle mit Antidepressiva, insbesondere mit selektiven Serotonin-Reuptake Inhibitoren (SSRI, SSRNI), Monoaminooxidase-Hemmern (MAOI) und Amphetaminen. Ein erhöhtes Risiko besteht bei der Kombination serotonerger Wirkstoffe und bei pharmakokinetischen Interaktionen, zum Beispiel über Cytochrome P450. Vor allem die 5-HT1A- und 5-HT2A-Rezeptoren sollen an der Entstehung beteiligt sein.

Das Serotoninsyndrom ist keine idiosynkratische Reaktion, sondern eine vorhersehbare und dosisabhängige unerwünschte Wirkung, die kurz nach der Einnahme der entsprechenden Auslöser beginnt. Die Symptome überlappen mit den unerwünschten Wirkungen der serotonergen Medikamente und stellen das Ende eines Kontinuums dar. Die Grenze wird je nach Autor unterschiedlich gezogen.

Auslöser

Die folgende Tabelle listet eine unvollständige Auswahl möglicher Auslöser des Syndroms auf, die in der Literatur und in den Arzneimittel-Fachinformationen erwähnt werden. Einige sind als Ursache umstritten (z.B. die Triptane, siehe dazu Gillman, 2009) und möglicherweise können nicht alle ein schweres Serotoninsyndrom verursachen.

SSRI Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Trazodon
SSNRI Duloxetin, Sibutramin, Venlafaxin
MAOI Linezolid, Moclobemid, Selegilin
Trizyklische Antidepressiva Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin, Opipramol, Trimipramin
Andere Psychopharmaka, Neuroleptika Trazodon, Buspiron, Mirtazapin, Flupentixol, Ziprasidon, Lithium, Amphetamine, MDMA
Serotoninagonisten Lorcaserin
Analgetika Fentanyl, Pentazocin, Pethidin (= Meperidin), Tramadol, Tapentadol
Triptane Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Oxitriptan, Rizatriptan, Sumatriptan, Zolmitriptan
Antitussiva Dextromethorphan
Antiepileptika Carbamazepin, Valproat
Antihypertonika Reserpin
Nahrungsmittelergänzungen Tryptophan, S-Adenosylmethionin
Phytopharmaka Johanniskraut, Ginseng, Sojaextrakte
Rauschmittel Cocain, LSD, Psilocybin
Diagnose

Leichte Ausprägungen werden wahrscheinlich häufig übersehen, weil es zu wenig bekannt ist und die Beschwerden unspezifisch sind und nicht mit den Medikamenten in Verbindung gebracht werden. Die Diagnose wird aufgrund der klinischen Zeichen und der Medikamentenanamnese gestellt. Spezifische Labortests stehen bisher nicht zur Verfügung. Zu den möglichen Differentialdiagnosen gehören unter anderem das maligne neuroleptische Syndrom, das Karzinoidsyndrom, ein Delirium tremens, eine maligne Hyperthermie, eine Vergiftung, eine Hirnentzündung, eine Sepsis und Tetanus.

Behandlung

Die Behandlung erfolgt in ärztlicher Behandlung und bei schwerem Verlauf im Krankenhaus. Die meisten Fälle sind innert 1 bis 2 Tagen selbstlimitierend, sofern die auslösenden Medikamente abgesetzt werden. Die Behandlung orientiert sich an der Art und der Intensität der Beschwerden. Es werden unter anderem Medizinalkohle und Benzodiazepine eingesetzt; Cyproheptadin, Betablocker, Serotonin-Antagonisten und Chlorpromazin heben die Wirkung von Serotonin am Rezeptor auf.

Vorbeugung

Die gleichzeitige Anwendung auslösender Medikamente soll vermieden werden, um der Entstehung des Syndroms vorzubeugen. In der Praxis werden solche Kombination zum Beispiel in der Psychiatrie trotzdem relativ häufig verschrieben und leichte bis mittelschwere serotonerge unerwünschte Wirkungen in Kauf genommen (zum Beispiel Durchfall, Tremor, Schlafstörungen). Dabei ist es wichtig, dass die beteiligten Fachpersonen und die Patienten über die möglichen Risiken informiert sind und keine zusätzlichen serotonergen Medikamente abgegeben werden. Einige Kombinationen wie zum Beispiel MAOI und SSRI sind ausdrücklich kontraindiziert und dürfen nicht verordnet werden.

siehe auch

Interaktionen

LiteraturAutor

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.


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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 10.11.2022 geändert.
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