Antiepileptika ArzneimittelgruppenAntiepileptika sind eine grosse Gruppe von Wirkstoffen, welche für die Vorbeugung und Behandlung von Epilepsien eingesetzt werden. Ihre Effekte beruhen auf der Interaktion mit Ionenkanälen und Neurotransmittersystemen im zentralen Nervensystem. Weitere Anwendungsgebiete der Antiepileptika sind chronische Schmerzen, Nervenschmerzen, die Migränevorbeugung, Angsterkrankungen und die bipolare Störung. Die Therapie wird einschleichend begonnen und ausschleichend beendet. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Müdigkeit, Schläfrigkeit, gastrointestinale Störungen, zentrale Störungen, Hautreaktionen und Sehstörungen. Vor allem die traditionellen Antiepileptika können als CYP450-Induktoren Wechselwirkungen verursachen.
synonym: Antiepileptic drugs
ProdukteAntiepileptika sind unter anderem in Form von Tabletten, dispergierbaren Tabletten, Kapseln, Lösungen, Suspensionen, Sirupen, als Nasensprays, Klistiere und als Injektionspräparate im Handel.
Struktur und EigenschaftenDie Antiepileptika sind strukturell heterogene Wirkstoffe. Innerhalb der Klasse lassen sich verschiedene Gruppen identifizieren (siehe unten).
WirkungenDie Wirkstoffe haben antiepileptische, krampflösende und muskelentspannende Eigenschaften. Sie stabilisieren die übererregten Nerven, hemmen wiederholte Entladungen und die synaptische Ausbreitung von exzitatorischen Impulsen. Die Effekte beruhen häufig auf der Interaktion mit Ionenkanälen (z.B. Natriumkanäle, Calciumkanäle) und mit Neurotransmittersystemen (z.B. GABA, Glutamat). Antiepileptika reduzieren oder verhindern die Anzahl und den Schweregrad epileptischer Anfälle.
Beispiel: Wirkmechanismus von Lamotrigin, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
IndikationenFür die Vorbeugung und Behandlung von Epilepsien und von Krampfanfällen.
Des Weiteren werden Antiepileptika auch für die Behandlung chronischer Schmerzen und Nervenschmerzen, bei Angststörungen, für die Migränevorbeugung sowie als Stimmungsstabilisierer für die Therapie der bipolaren Störung eingesetzt.
DosierungGemäss der Fachinformation. Antiepileptika werden systemisch verabreicht. In der Regel peroral, aber auch intranasal, rektal und parenteral.
Die Behandlung wird mit einer tiefen Dosis begonnen und langsam gesteigert (einschleichende Dosistitration). Das Absetzen soll ausschleichend erfolgen.
MissbruchEinige Vertreter, zum Beispiel die Benzodiazepine, können als sedierende Rauschmittel missbraucht werden und abhängig machen.
WirkstoffeIm Folgenden ist eine Auswahl wichtiger Antiepileptika dargestellt.
- Phenobarbital (z.B. Aphenylbarbit®)
- Primidon (Mysoline®)
- Barbexaclon (Maliasin®, ausser Handel)
Hydantoine:
- Ethosuximid (Petinimid®)
- Mesuximid (Petinutin®)
Carboxamide:
- Carbamazepin (Tegretol®, Generika)
- Oxcarbazepin (Trileptal®)
- Eslicarbazepin (Zebinix®)
- Rufinamid (Inovelon®)
- Brivaracetam (Briviact®)
- Levetiracetam (Keppra®, Generika)
- Valproinsäure (Depakine®, Generika)
Derivate von GABA (ohne GABA-Wirkung):
- Gabapentin (Neurontin®, Generika)
- Pregabalin (Lyrica®, Generika)
- Vigabatrin (Sabril®)
- Perampanel (Fycompa®)
- Lamotrigin (Lamictal®, Generika)
- Lacosamid (Vimpat®)
Sulfamat-substituierte Monosaccharide:
- Topiramat (Topamax®, Generika)
Ausser Handel:
- Tiagabin (Gabitril®, ausser Handel)
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation. Sie sind von Wirkstoff abhängig. Viele Antiepileptika dürfen nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden.
InteraktionenVor allem ältere Antiepileptika wie Carbamazepin und Phenytoin sind bekannte Induktoren von CYP450-Isoenzymen und können deshalb die Effekte anderer Wirkstoffe aufheben. Einige neuere Wirkstoffe, zum Beispiel Pregabalin oder Lamotrigin, haben ein geringeres Potenzial für Wechselwirkungen.
Zentral dämpfende Arzneimittel und Alkohol können die unerwünschten Wirkungen verstärken.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören:
- Müdigkeit, Schläfrigkeit, Dämpfung, Erschöpfung
- Gastrointestinale Störungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall
- Zentrale Störungen wie Bewegungsstörungen (Ataxie, Gangstörungen), Schwindel und Kopfschmerzen
- Hautreaktionen
- Sehstörungen
- Gewichtszunahme
- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Brodie M.J. Tolerability and Safety of Commonly Used Antiepileptic Drugs in Adolescents and Adults: A Clinician's Overview. CNS Drugs, 2017, 31(2), 135-147 Pubmed
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Fachliteratur
- Kobayashi K. et al. Action of antiepileptic drugs on neurons. Brain Dev, 2020, 42(1), 2-5 Pubmed
- Perucca E. Antiepileptic drugs: evolution of our knowledge and changes in drug trials. Epileptic Disord, 2019, 21(4), 319-329 Pubmed
- Verrotti A. et al. Pharmacodynamic interactions of antiepileptic drugs: From bench to clinical practice. Epilepsy Behav, 2020, 104(Pt A), 106939 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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