Prämenstruelles Syndrom

synonym: Premenstrual Syndrome, Premenstrual Dysphoric Disorder, PMS
SymptomeBeim prämenstruellen Syndrom handelt es sich um ein bei Frauen vorkommendes Syndrom mit psychischen und körperlichen Beschwerden, die im Vorfeld der Menstruation (Lutealphase) auftreten und zu Beginn der Regelblutung wieder verschwinden. Es handelt sich dabei nicht um die Menstruationsbeschwerden, die während der Regelblutung auftreten.
Psychische Symptome: Depression, Wutanfälle, Reizbarkeit, Angst, Verwirrung, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, vermehrter Appetit, Verlangen nach Süssem
Physische Symptome: Spannungsgefühle in den Brüsten, Blähbauch (Meteorismus), Kopfschmerzen, Oedeme vor allem im Gesicht / Augenlider, Verdauungsstörungen, Akne, Rückenschmerzen, Bauchkrämpfe
Die Beschwerden beginnen vor dem Einsetzen der Menstruation (Lutealphase) und können sich verschlimmern, je näher die Regelblutung rückt. Nach der Menopause verschwinden die Beschwerden meistens. Der Verlauf des PMS kann von Frau zu Frau sehr stark variieren. Bis zu 30% der Frauen leiden an PMS. Bei rund 3-8% nehmen die Beschwerden ein so starkes Ausmass an, dass sie Konsequenzen im familiären, zwischenmenschlichen und beruflichen Bereich nach sich ziehen. Das PMS tritt vor allem bei Frauen über 30 Jahren auf.
UrsachenDie genauen Ursachen für die Entstehung des PMS sind nicht bekannt. Früher wurde vermutet, dass lediglich ein Ungleichgewicht zwischen Gestagenen und Oestrogenen für die Entwicklung verantwortlich sei. Man ist sich heute aber einig, dass ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zu den Beschwerden beiträgt. Als wichtige Einflussfaktoren gelten endokrine Faktoren (Hypoglykämie, Änderungen im Kohlenhydratstoffwechsel, Hyperprolaktinämie, fluktuierende Progesteron- und Oestrogenspiegel, erhöhte ADH- oder Aldosteronspiegel), Botenstoffe im Gehirn (Serotonin) und andere körpereigene Substanzen (Prostaglandine), Stress, Vererbung, sowie die Ernährung. Normalerweise findet ein Ausgleich der schwankenden Hormonkonzentrationen während eines weiblichen Zyklus statt. Findet dieser Ausgleich nicht statt, können sich Beeinträchtigungen wie das PMS entwickeln.
RisikofaktorenZu den Risikofaktoren gehören Stress, erhöhtes Alter, Fehlernährung, genetische Disposition und Depressionen.
DiagnoseDie Diagnose ergibt sich aus den Schilderungen der Beschwerden in ärztlicher Behandlung. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn andere Erkrankungen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden können.
DifferentialdiagnoseMenstruationsbeschwerden, endogene Depression, Anämien, Anorexie oder Bulimie, Endometriose, Hypothyreose, Perimenopause
Nicht-medikamentöse BehandlungBevor eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen wird, sollte die Patientin nicht-medikamentöse Massnahmen ausprobiert haben. Falls dadurch keine Besserung der Symptome erzielt werden konnte, ist ein Wechsel auf eine medikamentöse Therapie angezeigt.
Gesunde Lebensführung:
- Gesunde Ernährung
- Stress abbauen (Entspannungsübungen, autogenes Training), Psychotherapie
- Sport
- Genügend Schlaf
- Salzkonsum mit Mass, damit können die Flüssigkeitsretention und die damit verbundenen Brustschmerzen reduziert werden.
Chirurgie:
- Entfernung der Gebärmutter; kontrovers, da irreversibel und mit Risiken verbunden.
Weitere:
- Empfehlungen, weniger Schokolade zu essen oder Alkohol zu trinken wurden bisher noch nicht wissenschaftlich untersucht. Weniger Kaffee zu trinken soll gegen Schlafsstörungen und Nervosität helfen.
Die Art der Therapie richtet sich nach den jeweiligen Beschwerden der Patientin.
In der Selbstmedikation:
Nicht-steroidale Entzündunshemmer und Analgetika:
- NSAR und Paracetamol lindern physische Symptome wie Kopf- und Rückenschmerzen und Krämpfe.
- Mönchspfeffer, Traubensilberkerze und Johanniskraut (siehe unten)
Nahrungsmittelergänzung mit Vitaminen und Mineralstoffen:
- Zu den verwendeten Substanzen gehören unter anderem Calcium, Tryptophan, Vitamin E, Vitamin A, Vitamin B6 und Magnesium.
Auf ärztliche Verordnung:
- Für die antidepressive Therapie mit SSRI (Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren) konnte eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität stark betroffener Frauen gezeigt werden. Daher gelten sie als Standard bei der Therapie des PMS. Bei der Behandlung mit SSRI tritt eine Linderung der Symptome in der Regel nach drei Menstruationszyklen ein.
- Spironolacton lindert Brustschmerzen und das Spannungsgefühl der Brust.
Angstlösende Mittel und Beruhigungsmittel:
- Benzodiazepine sind angstlösend und beruhigend. Sie sollten aber aufgrund der unerwünschten Wirkungen, der Toleranzentwicklung und dem Abhängigkeitspotential nicht oder nur zurückhaltend angewendet werden.
Weitere eingesetzte Arzneimittel:
- GnRH-Agonisten: Es besteht kaum eine Evidenz für den therapeutischen Nutzen von GnRH-Agonisten. Es wird lediglich eine geringe Linderung der Verhaltenssymptome beobachtet. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer solchen Therapie ist eher ungünstig.
- Progesteron wurde früher häufig verwendet, wird aber heute nicht mehr empfohlen, da in Studien kein positiver Effekt gezeigt werden konnte.
Die verschiedenen Phytopharmaka sind in der Behandlung des PMS gut etabliert. Um eine optimale Wirkung zu erzielen sollten sie einige Monate lang angewendet werden.
- Für den Mönchspfefferextrakt ist eine dopaminerge und prolaktinsenkende Wirkung nachgewiesen worden. Als Folge der Prolaktinreduktion sinken erhöhte Dopaminspiegel. Dessen Hemmeffekt auf die Ausschüttung von GnRH schwindet und die FSH- und LH-Freisetzung normalisiert sich.
- Für den Traubensilberkerzenextrakt ist eine schwach östrogene Wirkung (Bindung an Oestrogenrezeptor) und dopaminerge Wirkung nachgewiesen worden.
- Bei Verstimmungszuständen
Für die Prävention kann ein PMS-Kalender, der über längere Zeit hinweg geführt wird, um Zusammenhänge mit dem Zyklusverlauf zu erfassen, hilfreich sein. Ein solcher Kalender setzt sich aus den Kategorien Beschwerden, Zusammenhänge mit anderen Faktoren wie Ernährung, Schlaf, körperliche Aktivität etc. und Beurteilung des jeweiligen Tages zusammen. Die Führung eines PMS-Kalenders ermöglicht der Patientin ein Gefühl für die kritischen Tage zu entwickeln und den Alltag darauf einzustellen.
siehe auchLiteratur- Merck Manual Professional: Premenstrual Syndrome (PMS)
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- http://www.mayoclinic.com/health/premenstrual-syndrome/DS00134
- http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=3302
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