Akute Verwirrtheit IndikationenMenschen mit einer akuten Verwirrheit verhalten sich plötzlich ungewöhnlich und können nicht mehr richtig sprechen, handeln und denken. Die Ursache ist eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Gehirns, der zahlreiche Auslöser zugrunde liegen können, zum Beispiel Stoffwechselentgleisungen wie eine Hypoglykämie, eine Dehydratation, Arznei- und Rauschmittel, Hirnkrankheiten und Infektionen. Weil einige Auslöser lebensbedrohlich sind, sollte eine Verwirrtheit umgehend ärztlich abgeklärt werden. Mit einer umsichtigen Betreuung alter, pflegebedürftiger und erkrankter Menschen können viele Fälle verhindert werden.
synonym: Verwirrung, Konfusion, Delirium, Delir
SymptomeZu den Beschwerden einer akuten Verwirrtheit gehören Denk-, Aufmerksamkeits- und Sprechstörungen, eine Verschlechterung der Merkfähigkeit, Veränderungen der Emotionen und Verhaltensauffälligkeiten. Die Betroffenen sind desorientiert und können erregt (beschleunigt, unruhig) oder passiv (verlangsamt, hypoaktiv) sein. Wahnvorstellungen kommen vor und das Bewusstsein und der Schlaf werden beeinträchtigt.
Eine akute Verwirrtheit entwickelt sich rasch und ist vorübergehend. Sie kann aber auch den Beginn einer chronischen Krankheit darstellen, zum Beispiel einer Demenz oder einer Krebserkrankung.
UrsachenEine akute Verwirrtheit ist ein sehr unspezifisches Symptom mit zahlreichen möglichen Ursachen. Die Auslöser können sich innerhalb und ausserhalb des Gehirns befinden, haben aber immer einen negativen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des zentralen Nervensystem.
Bekannte Ursachen und Risikofaktoren sind:
- Hypoglykämie bei einer Insulintherapie
- Hyperglykämie bei einem unbehandelten Diabetes mellitus
- Dehydratation, zum Beispiel bei einer Durchfallerkrankung oder bei älteren Menschen, Elektrolytstörungen
- Arzneimittel, zum Beispiel Psychopharmaka wie die Benzodiazepine, Z-Drugs und Anästhetika, Anticholinergika, Antihistaminika der 1. Generation
- Arzneimittelwechselwirkungen
- Polypharmazie
- Rauschmittelmissbrauch, Alkoholkonsum
- Medikamenten- oder Rauschmittelentzug, z.B. Opioide, Benzodiazepine, Schlafmittel, Ethanol
- Fieber und Infektionskrankheiten
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, transiente ischämische Attacke („Streifung“)
- Hirnentzündung, Hirnhautentzündung
- Zentralnervöse Krankheiten wie Durchblutungsstörungen, eine Epilepsie und ein Hirntumor
- Unfälle, Verletzungen, Verbrennungen, Operationen
- Hypothermie (Erfrieren)
- Krankenhausaufenthalt, intensivmedizinische Betreuung
- Niereninsuffizienz
- Weitere metabolische Störungen, z.B. des Säure-Base-Haushalts oder der Elektrolyte
- Stress
- Schmerzen
- Polymorbidität
- Schlafentzug
- Sterbephase
Ältere, körperlich beeinträchtigte, demente, pflegebedürftige, schwerhörige, sehschwache und kranke Menschen sind besonders gefährdet.
DiagnoseEine neu aufgetretene, akute Verwirrtheit soll umgehend ärztlich abgeklärt werden, weil ihr, wie dargelegt, eine lebensbedrohliche Krankheit zugrunde liegen kann und die Patienten sich selbst in Gefahr bringen können. Die Diagnose wird anhand der Patientengeschichte, der Symptome, der Medikation, der körperlichen Untersuchung, mit Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren gestellt. Für die Diagnostik stehen strukturierte Fragebögen wie die Confusion Assessment Method (CAM) zur Verfügung.
BehandlungDie Therapie richtet sich nach der Ursache. So kann beispielsweise eine Hypoglykämie mit der Einnahme von schnellen Kohlenhydraten therapiert werden und ist reversibel. Bei Fieber werden Antipyretika und bei bakteriellen Infektionskrankheiten Antibiotika eingesetzt. Sauerstoff wird bei einer Hypoxie verabreicht.
Den Patientinnen und Patienten soll ruhig begegnet werden und die erforderlichen Massnahmen sollen deutlich, möglichst einfach und wiederholt kommuniziert werden. Neuroleptika wie Haloperidol und Quetiapin können angezeigt sein. Es muss jedoch beachtet werden, dass Psychopharmaka eine Verwirrtheit auch auslösen und verschlimmern können.
Für die Vorbeugung können einfache Massnahmen ausreichen, zum Beispiel eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, eine gesunde Ernährung, soziale Kontakte, der Einbezug der Angehörigen, Orientierungshilfen und eine gute Schmerztherapie. Eine gute Betreuung im Krankenhaus oder im Heim ist essenziell.
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Fachliteratur
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