Anaphylaxie Indikationen Allergische ErkrankungenEine Anaphylaxie ist eine schwerwiegende, allgemeine Überempfindlichkeitsreaktion, die sich in Beschwerden wie Atemnot, tiefer Blutdruck, Schwellungen und Bauchkrämpfe äussert. Die Erkrankung ist akut lebensbedrohlich und wird zum Beispiel von einer Allergie gegen Nahrungsmittel, Medikamente und Insektengift ausgelöst. Auch nicht-allergische Ursachen wie Hitze und Kälte sind möglich. Zur Akutbehandlung verabreicht sich der Patient selbst das Allergie-Notfallset und die Adrenalin-Fertigspritze. Die weitere Versorgung erfolgt in ärztlicher Betreuung.
synonym: Anaphylaktischer Schock
SymptomeDie Anaphylaxie ist eine schwerwiegende, lebensbedrohliche und generalisierte Überempfindlichkeitsreaktion. Sie tritt in der Regel plötzlich auf und betrifft verschiedene Organe. Sie äussert sich unter anderem in den folgenden Beschwerden:
- Atembeschwerden: erschwerte Atemtätigkeit, Bronchospasmus, Atemgeräusche, Husten, Unterversorgung mit Sauerstoff
- Herz-Kreislauf-Beschwerden: Tiefer Blutdruck, schneller Herzschlag, Thoraxschmerzen, Schock, Kollaps, Bewusstlosigkeit
- Haut und Schleimhaut: Schwellungen, Hautausschlag, Nesselfieber, Juckreiz, Kehlkopfödem
- Verdauungsbeschwerden: Erbrechen, Durchfall, Bauchkrämpfe, Inkontinenz
- Zentrales Nervensystem: Krämpfe, Kopfschmerzen, Angst
Bei 1-20 % der Fälle wird ein gefährlicher sogenannter biphasischer Verlauf beobachtet. Das bedeutet, dass innert 1-72 nach der Genesung eine zweite Reaktion auftritt. Eine Anaphylaxie ist potentiell lebensbedrohlich und kann selten einen fatalen Ausgang nehmen.
UrsachenEine Anaphylaxie kann allergisch und nicht allergisch verursacht sein. Zugrunde liegt häufig eine allergische Reaktion vom Typ 1, die auf eine Überempfindlichkeit gegen ein Allergen zurückgeht. Sie tritt innert Minuten bis Stunden auf und führt zur Ausschüttung von Histamin und zahlreichen weiteren Entzündungsmediatoren aus Mastzellen, welche die Symptome verursachen. Zu den möglichen Auslösern gehören zum Beispiel:
- Nahrungsmittel: Erdnüsse, Fisch, Nüsse, Schalentiere, Milch, Eier, Soja
- Arzneimittel: Impfstoffe, Penicilline, Muskelrelaxanzien, NSAR, monoklonale Antikörper, Kontrastmittel
- Insektenstiche
- Latex
Es sind jedoch auch nicht allergische Auslöser bekannt, wie zum Beispiel Kälte (siehe unter Urtikaria), Wärme, UV-Strahlung, bestimmte Medikamente, Alkohol und körperliche Anstrengung. Bei der sogenannten idiopathischen Anaphylaxie kann kein Auslöser identifziert werden.
DiagnoseDie Diagnose wird in ärztlicher Behandlung im Akutfall in der Regel aufgrund der klinischen Symptomatik und der Patientengeschichte gestellt. Zahlreiche andere Erkrankungen und Zustände kommen als mögliche Differentialdiagnosen in Frage, zum Beispiel vasovagale Reaktionen, Flush, Vergiftungen und andere Atemwegs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Vorbeugung- Zur Vorbeugung wird empfohlen, bekannte Auslöser strikt zu meiden. Bereits kleinste Mengen können für eine schwere allergische Reaktion ausreichen.
- Gute Aufklärung der Betroffenen.
- Einen Allergiepass oder ein Hals- oder Armband mit entsprechenden Hinweisen mit sich führen.
Das auslösende Allergen soll so rasch wie möglich entfernt werden.
- Adrenalin ist das Mittel der 1. Wahl zur Behandlung. Bei einer bekannten Allergie wird den Patienten ein Adrenalin-Autoinjektor verordnet, welcher sie immer mit sich führen und im Notfall zur Erstversorgung selbst verabreichen sollen (z.B. EpiPen®). Für die Anwendung gibt es kaum Kontraindikationen und es ist besser, die Spritze einmal zu viel, statt zu wenig zu verwenden. Siehe im Artikel Adrenalin-Autoinjektor
- In den USA wurde im Jahr 2024 ein Adrenalin-Nasenspray zugelassen.
Adrenalin-Autoinjektor, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
In der Schweiz ist ferner die Verordnung eines Allergie-Notfallsets geläufig. Es besteht aus einem Behälter mit 2 Tabletten eines Glucocorticoids und 2 Tabletten eines Antihistaminikums. Erwachsene nehmen nach dem Auftreten der ersten Beschwerden alle 4 Tabletten des Sets ein. Siehe im Artikel Allergie-Notfallset.
Die weitere Versorgung erfolgt im in ärztlicher Betreuung. Eine Anaphylaxie ist ein medizinischer Notfall, der immer unter die Aufsicht von medizinischem Fachpersonal gehört. Dabei können unter anderem Adrenalin, Beta2-Sympathomimetika, Sauerstoff, Infusionen, Vasopressin, Glucagon, Antihistaminika und Glucocorticoide zum Einsatz kommen.
Die Immuntherapie (Desensibilisierung) bleibt die bisher einzige kausale medikamentöse Behandlungsmethode. Dabei werden die auslösenden Antigene über längere Zeit subkutan unter die Haut gespritzt. Sie ist noch nicht für alle Allergien möglich.
siehe auchAdrenalin-Fertigspritze, Allergie-Notfallset
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