Mutterkornalkaloide Arzneimittelgruppen Alkaloide IndolalkaloideMutterkornalkaloide sind Indolalkaloide, welche aus den Sklerotien des Mutterkornpilzes Claviceps purpurea gewonnen werden. Auch ihre Derivate werden zu dieser Gruppe gezählt. Mutterkornalkaloide haben gefässverengende, indirekt entzündungshemmende, adrenolytische und dopaminerge Eigenschaften. Ihre Effekte beruhen auf der Interaktion mit Serotonin- und Dopamin-Rezeptoren und mit Alpha-Adrenozeptoren. Zu den Anwendungsgebieten gehören die Migräne, ein tiefer Blutdruck, die Parkinson-Krankheit, das Abstillen und eine Hyperprolaktinämie. Die Arzneimittel werden peroral, parenteral, rektal und intranasal verabreicht. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen zählen Schwindel, Schläfrigkeit, Müdigkeit, eine verstopfte Nase, Übelkeit, Erbrechen, eine Verstopfung, Parästhesien und Dyskinesien. Mutterkornalkaloide sind Substrate von CYP3A4 und anfällig für Wechselwirkungen. Sehr selten können gefährliche Nebenwirkungen wie Herz-Kreislauf-Krankheiten und Fibrosen auftreten.
synonym: Ergotalkaloide, Ergot alkaloids
ProdukteMutterkornalkaloide sind in der Schweiz in Form von Tabletten im Handel. Sie werden seit den 1920er-Jahren medizinisch eingesetzt. Mutterkornalkaloide wurden bei Sandoz ab dem Jahr 1917 untersucht und zu Arzneimitteln entwickelt, wobei Arthur Stoll und der LSD-Erfinder Albert Hofmann wesentliche Beiträge geleistet haben.
Struktur und EigenschaftenMutterkornalkaloide sind Alkaloide, welche aus den Sklerotien des giftigen Mutterkornpilzes Claviceps purpurea gewonnen werden. Auch die halbsynthetischen und synthetischen Derivate können zu den Mutterkornalkaloiden gezählt werden.
Mutterkornpilze wachsen im Getreide, zum Beispiel im Roggen und haben in der Vergangenheit zu Vergiftungen geführt, die bei lokalen Ausbrüchen zehntausende Todesfälle verursacht haben (Ergotismus, „Antoniusfeuer“).
Mutterkornalkaloide sind Indolalkaloide, die von der Aminosäure Tryptophan abgeleitet sind. Der Grundkörper wird als Ergolin bezeichnet.
Beispiel Dihydroergotamin:
WirkungenMutterkornalkaloide (ATC N02CA ) haben gefässverengende (vasokonstriktive), indirekt entzündungshemmende, adrenolytische und dopaminerge Eigenschaften. Die Effekte beruhen auf der Interaktion mit verschiedenen Rezeptoren. Dazu gehören Alpha-Adrenorezeptoren, Serotonin-Rezeptoren und Dopamin-Rezeptoren. Des Weiteren führen sie zu einer Kontraktion der glatten Muskulatur der Gebärmutter.
Durch die Stimulation der Dopamin-Rezeptoren hemmen die Mutterkornalkaloide die Sekretion des Hypophysenvorderlappen-Hormons Prolaktin.
IndikationenIm Folgenden sind aktuelle und traditionelle Anwendungsgebiete der Mutterkornalkaloide aufgelistet. Es ist zu beachten, dass sie nicht mehr für alle zugelassen sind und empfohlen werden:
- Vorbeugung und Behandlung der Migräne
- Kreislaufstörungen, tiefer Blutdruck
- Morbus Parkinson
- In der Nachgeburtsperiode, Blutungen, verzögerte Loslösung der Plazenta
- Laktationshemmung (Abstillen)
- Akromegalie
- Hyperprolaktinämie, Störungen des Menstruationszyklus und Infertilität bei der Frau (z.B. Amenorrhoe, Oligomenorrhoe, Anovulation und Galactorrhoe)
Gemäss der Fachinformation. Die Arzneimittel werden peroral, parenteral, rektal und intranasal verabreicht.
MissbrauchDas von Albert Hofmann synthetisierte Lysergsäurediethylamid (LSD) wird als Halluzinogen verwendet.
WirkstoffeIn der Schweiz im Handel:
- Bromocriptin (Parlodel®)
- Cabergolin (Dostinex®)
In der Schweiz nicht oder nicht mehr im Handel:
- Codergocrin (Hydergin®, ausser Handel)
- Dihydroergocriptin (Cripar®, ausser Handel)
- Dihydroergocristin (Brinerdin®, ausser Handel)
- Dihydroergotamin (Dihydergot®, Ergotonin®, ausser Handel)
- Ergokryptin
- Ergometrin
- Ergotamin (Cafergot®, ausser Handel)
- Lisurid
- LSD (Betäubungsmittel)
- Methylergometrin (Methergin®, Handel)
- Methysergid
- Pergolid (Permax®, ausser Handel)
Auswahl von Gegenanzeigen der Mutterkornalkaloide:
- Überempfindlichkeit
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Hemiplegische oder basiläre Migräne
- Schwere Leberfunktionsstörungen
- Koronare Herzkrankheit und andere schwere kardiovaskuläre Zustände
- Ungenügend kontrollierte Hypertonie
- Sepsis
- Arterielle Verschlusskrankheit
- Raynaud-Syndrom
- Arteriitis temporalis
- Herzklappenerkrankung
- Fibrotische Erkrankungen in der Anamnese
- Gleichzeitige Behandlung mit anderen Vasokonstriktoren und anderen Mutterkornalkaloiden
- Gleichzeitige Behandlung mit CYP-Hemmern
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenViele Mutterkornalkaloide sind Substrate von CYP3A4. Entsprechende Interaktionen müssen beachtet werden. CYP-Inhibitoren können zu Ischämien und Vasospasmen führen. Die Arzneimittel sollen nicht mit anderen Mutterkornalkaloiden kombiniert werden.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören:
- Schwindel, Schläfrigkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen
- Verstopfte Nase
- Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung
- Parästhesien, Dyskinesien
Sehr selten können gefährliche Herz-Kreislauf-Krankheiten wie koronare Vasospasmen, eine Ischämie des Myokards und Herzrhythmusstörungen auftreten. Dies vor allem bei einer parenteralen Therapie. Mutterkornalkaloide können Fibrosen an verschiedenen Organen auslösen, weshalb von einer regelmässigen Behandlung abgeraten wird.
VergiftungEine Vergiftung mit dem Mutterkorn und Mutterkornalkaloiden (Überdosierung, Ergotismus, „Antoniusfeuer“) äussert sich beispielsweise in Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, einer veränderten Herzfrequenz, einem tiefen oder hohen Blutdruck, Schwindel und Gefässspasmen (Empfindungslosigkeit, Kribbeln, Blässe, Schmerzen in den Extremitäten), extremen, brennenden Schmerzen, einem Gangrän, einem Koma, Krämpfen und einem Schock.
siehe auchDopamin-Agonisten, Antiparkinsonika, Heilpilze, LSD
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, USA)
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.