Schlafmittel Arzneimittelgruppen PsychopharmakaSchlafmittel sind Arzneimittel, welche für die Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen verwendet werden. Die Behandlungsdauer soll in der Regel kurz gehalten werden, da Schlafmittel abhängig machen und zu unerwünschten Wirkungen führen können. Es stehen allerdings auch pflanzliche Mittel zur Verfügung, die besser verträglich sind. Schlafmittel können auch am darauffolgenden Tag müde machen und das Risiko für Unfälle und Stürze erhöhen.
synonym: Hypnotika, Schlafmedikamente, Schlaftabletten, Einschlafmittel
ProdukteSchlafmittel werden meistens in Form von Tabletten („Schlaftabletten“) eingenommen. Daneben stehen unter anderem auch Schmelztabletten, Injektionspräparate, Tropfen, Tees und Tinkturen zur Verfügung. Der Fachbegriff Hypnotika leitet sich von Hypnos ab, dem griechischen Gott des Schlafs.
Struktur und EigenschaftenInnerhalb der Schlafmittel können Gruppen identifiziert werden, welche eine einheitliche Struktur haben (siehe unten).
WirkungenSchlafmittel haben ein- und durchschlaffördernde (hypnotische) Eigenschaften. Sie können zusätzlich angstlösend, dämpfend, narkotisch, anticholinerg und krampflösend sein. Die Effekte beruhen auf einer Dämpfung des zentralen Nervensystems durch eine Förderung zentral hemmender Mechanismen, zum Beispiel durch Bindung an den postsynaptischen GABA-A-Rezeptor.
IndikationenFür die Kurzzeitbehandlung von Ein- und Durchschlafstörungen.
DosierungGemäss der Fachinformation. Die korrekte Einnahme ist vom verwendeten Wirkstoff abhängig. So werden Tabletten mit Baldrian bis zu einer Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen. Zolpidem soll gemäss der Fachinformation hingegen unmittelbar vor dem Zubettgehen oder im Bett verabreicht werden. Die maximale Dosis soll nicht überschritten werden. Eine Wiederholung der Gabe in der Nacht ist bei einigen Medikamenten nicht zulässig. Es soll mit einer tiefen Dosis begonnen werden.
Die Behandlungsdauer soll in der Regel kurz gehalten werden, weil viele Schlafmittel abhängig machen können, insbesondere die Benzodiazepine, die Z-Drugs und die Barbiturate. Aus unserer Erfahrung können auch die Antihistaminika der 1. Generation eine Gewöhnung hervorrufen. Das Absetzen soll ausschleichend erfolgen, um Entzugssymptome zu vermeiden.
Vor dem Gebrauch von Schlafmitteln sollen nicht medikamentöse Therapiemethoden ausprobiert werden (siehe unten, Checkliste).
Unterschiedliche Empfehlungen für die Einnahme von Schlafmitteln, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
MissbrauchDie Benzodiazepine werden als dämpfende Rauschmittel und als sogenannte „Date Rape Drugs“ missbraucht. Die Barbiturate können bei einer Überdosis zum Tod führen und wurden deshalb für Suizide und für Morde verwendet.
WirkstoffePflanzliche Arzneimittel (Phytopharmaka):
- Baldrianwurzeln
- Bryophyllum
- Orangenblüten
- Melissenblätter
- Passionsblumenkraut
- Hopfenzapfen
- Kalifornisches Mohnkraut
- Kavarhizom
- Ashwagandha
- siehe auch unter Schlaftees
Antihistaminika der 1. Generation:
- Diphenhydramin (z.B. Benocten®)
- Doxylamin (Sanalepsi®)
- Ethanol (für dieses Anwendungsgebiet nicht als Arzneimittel zugelassen)
- Lorazepam (z.B. Temesta®)
- Oxazepam (z.B. Seresta®)
- Weitere Benzodiazepine
- Zaleplon (Sonata®, ausser Handel)
- Zopiclon (Imovane®, Auto-Generika)
- Zolpidem (Stilnox®, Generika)
- Eszopiclon (Lunesta®, USA)
- Mirtazapin (Remeron®, Generika), Off-Label)
- Trazodon (Trittico®, Off-Label)
- Trimipramin (Surmontil®, Generika, Off-Label)
- Doxepin (Sinquan®, ausser Handel, Off-Label)
- Quetiapin (Seroquel®, Off-Label)
- Promethazin (ausser Handel)
Melatonin und Melatonin-Rezeptor-Agonisten:
- Melatonin (Circadin®, Melatonin ist in einigen Ländern frei verkäuflich)
- Agomelatin (nicht für diese Indikation zugelassen)
- Ramelteon (Rozerem®, USA)
- Daridorexant (Quviviq®)
- Lemborexant (Dayvigo®)
- Suvorexant (Belsomra®)
- Chloralhydrat (ausser Handel)
- Paraldehyd (ausser Handel)
Thiazol-Derivate:
- Clomethiazol (Distraneurin®)
- Werden heute selten verwendet
Chinazoline:
- Methaqualon (Toquilone® compositum, ausser Handel)
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenZentral dämpfende Arzneimittel wie beispielsweise Beruhigungsmittel, Anxiolytika, Opioide, Neuroleptika oder Antidepressiva sowie Alkohol können die unerwünschten Wirkungen verstärken. Die Kombination mehrerer dämpfender Wirkstoffe kann unter Umständen lebensgefährlich sein. Auf den Genuss von Alkohol soll verzichtet werden.
Einige Schlafmittel interagieren mit CYP450-Isoenzymen.
Unerwünschte WirkungenZu den möglichen unerwünschten Wirkungen der Schlafmittel gehören (Auswahl):
- Zentrale Störungen wie Müdigkeit, kognitive Störungen und Schläfrigkeit am nächsten Tag („Hangover“), Kopfschmerzen, Schwindel, Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit
- Psychiatrische Störungen und paradoxe Reaktionen
- Mundtrockenheit, gastrointestinale Störungen
- Anterograde Amnesie
Viele Schlafmittel können zu einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit führen und bei einem raschen Absetzen Entzugserscheinungen auslösen.
Schlafmittel können abhängig von der Wirkdauer auch am nächsten Tag noch müde machen hervorrufen (siehe oben). Dies kann zu Konzentrationsstörungen führen und das Risiko für Autounfälle und Stürze erhöhen.
Nicht-medikamentöse BehandlungUnsere nützlichen Tipps für einen guten Schlaf als PDF-Download:
Download: Checkliste_Schlafstoerungen.pdf
siehe auchSchlafstörungen, Psychopharmaka, Vor dem Schlafengehen
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Glass J., Lanctôt K.L., Herrmann N., Sproule B.A., Busto U.E. Sedative hypnotics in older people with insomnia: meta-analysis of risks and benefits. BMJ, 2005, 331(7526), 1169 Pubmed
- Huedo-Medina T.B. et al. Effectiveness of non-benzodiazepine hypnotics in treatment of adult insomnia: meta-analysis of data submitted to the Food and Drug Administration. BMJ, 2012, 345, e8343 Pubmed
- Perlis M., Gehrman P., Riemann D. Intermittent and long-term use of sedative hypnotics. Curr Pharm Des, 2008, 14(32), 3456-65 Pubmed
- Roehrs T., Roth T. Hypnotics: an update. Curr Neurol Neurosci Rep, 2003, 3(2), 181-4 Pubmed
- Vermeeren A., Coenen A.M. Effects of the use of hypnotics on cognition. Prog Brain Res, 2011, 190, 89-103 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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