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Interaktionen mit Grapefruitsaft Interaktionen

Grapefruitsaft kann zu Wechselwirkungen mit pharmazeutischen Wirkstoffen führen. Als wichtigster Mechanismus wird die Hemmung des metabolischen Enzyms CYP3A4 im Darm, nicht jedoch in der Leber, angesehen. Dies kann bei einigen Wirkstoffen zu einer deutlichen Erhöhung der Bioverfügbarkeit führen und so die pharmakologischen Effekte und die unerwünschten Wirkungen verstärken. Bereits ein einzelnes Glas Grapefruitsaft hemmt den Metabolismus für zirka 24 Stunden.

synonym: Grapefruit

Hintergrund

Dass Grapefruitsaft Interaktionen mit Arzneimitteln hervorrufen kann, wurde 1989 zufällig in einer klinischen Studie entdeckt und 1991 in einem Experiment von derselben Forschungsgruppe bestätigt (Bailey et al., 1989, 1991). Dabei zeigte sich, dass die gleichzeitige Einnahme von Grapefruitsaft mit dem Calciumkanalblocker Felodipin die Bioverfügbarkeit von Felodipin deutlich erhöht. Als Folge kann der Blutdruck stärker gesenkt und die Herzfrequenz erhöht werden. Das Phänomen wurde seither in zahlreichen weiteren Studien untersucht.

Mechanismus der Interaktion

Grapefruitsaft ist ein starker Inhibitor des Enzyms CYP3A4 im Darm und hemmt so den präsystemischen Metabolismus pharmazeutischer Wirkstoffe. Es hat jedoch keinen Effekt auf den Metabolismus in der Leber (eventuell in hohen Dosen). Daraus ergeben sich zwei mögliche Konsequenzen. Erstens kann durch die Inhibition des Metabolismus mehr aktiver Wirkstoff in den Organismus gelangen, was die Bioverfügbarkeit erhöht und zu verstärkten pharmakologischen und toxischen Effekten führt. Ein Beispiel hierfür ist Felodipin, das im Darm von CYP3A4 in relevantem Ausmass inaktiviert wird. In den Patienteninformationen wird auf diesen Umstand aufmerksam gemacht: „Nicht mit Grapefruitsaft einnehmen, da dies eine verstärkte Wirkung zur Folge haben kann“. Zweitens können Prodrugs, die im Darm von CYP3A4 zu einem Metaboliten aktiviert werden, ihre Wirkung im Körper nicht entfalten. Dieser zweite Fall ist jedoch von geringerer praktischer Bedeutung.

Grapefruitsaft scheint zudem ein Inhibitor oder Aktivator des Effluxtransporters P-Glykoprotein zu sein und intestinale OATP zu hemmen. P-Glykoprotein stellt eine Transportbarriere für viele Wirkstoffe dar. Die Hemmung von OATP bewirkt, dass weniger Arzneistoff absorbiert wird, weil OATP die Aufnahme seiner Substrate in den Blutkreislauf fördert (Beispiele: Fexofenadin, Talinolol, Aliskiren).

In Untersuchungen wurde gezeigt, dass bereits die Einnahme von 250 ml (1 Glas) Grapefruitsaft ausreicht, um während zirka 24 Stunden Interaktionen auszulösen. Erst nach 3 Tagen hat sich der Metabolismus normalisiert. Grapefruitsaft inhibiert CYP irreversibel (Suizid-Inhibition) und reversibel. Es ist ein schwächerer Hemmer als beispielsweise Ketoconazol und Ritonavir, die zusätzlich auch den Metabolimus in der Leber unterdrücken. Welche Inhaltsstoffe für die Effekte verantwortlich sind, ist noch Gegenstand von Diskussionen, da die Studienergebnisse widersprüchlich sind. Es muss auch beachtet werden, dass Grapefruitsaft keine scharf definierte Substanz ist, sondern aus unzähligen Inhaltsstoffen besteht, die je nach Sorte, Anbaubedingungen und Herstellungsverfahren variieren. Als Kandidaten kommen etwa Furanocumarine, Flavonoide und Glykoside in Frage.

Betroffene Wirkstoffe

Diese Überlegungen machen deutlich, dass ein pharmazeutischer Wirkstoff bestimmte Anforderungen erfüllen muss, damit es zu einer Interaktion kommen kann:

Diese Kriterien treffen teilweise oder vollständig auf zahlreiche praxisrelevante Wirkstoffe zu, zum Beispiel auf Felodipin, Benzodiazepine (Midazolam, Diazepam), Antiepileptika (Carbamazeppin), Immunsuppressiva (Cyclosporin, Everolimus, Tacrolimus), HIV-Proteasehemmer (Saquinavir), Antihistaminika (Terfenadin, a.H.), Anxiolytika (Buspiron), SSRI (Sertralin), Antiarrhythmika (Amiodaron, Dronedaron)., Prokinetika (Cisaprid) und Statine (z.B. Simvastatin).

Fazit für die Praxis

Grapefruitsaft hat als mittelstarker Hemmer von CYP3A4 im Darm das Potential, Arzneimittel-Interaktionen zu verursachen, unerwünschte Wirkungen auszulösen oder in selteneren Fällen die Wirksamkeit von Medikamenten zu reduzieren. Der Effekt ist dosis- und konzentratabhängig: Je höher und konzentrierter der Saft, desto stärker ist die Hemmung. Die praktische Relevanz ist Gegenstand von Diskussionen und in der Literatur nicht unumstritten. Wir halten es für empfehlenswert, während der Therapie mit entsprechenden Arzneimitteln vorsichtshalber auf den Konsum von Grapefruitsaft zu verzichten. Die praktische Relevanz muss für jeden Wirkstoff einzeln evaluiert werden. So führt beispielsweise die Interaktion mit Sildenafil wahrscheinlich nicht zu einer Gefährdung für den Patienten, sollte aber vorsichtshalber vermieden werden (Jetter et al., 2002).

siehe auch

Fruchtsaft

LiteraturAutor und Review

Autor: Dr. Alexander Vögtli vom PharmaWiki Team für PharmaWiki.ch

Peer-Reviews: Prof. Dr. med. Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor, Abteilung Innere Medizin VI, Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidelberg und Dr. Jörg Indermitte, Apotheker, Apotheke & Drogerie Bonaduz.

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Autoren und Reviewer haben keine Beziehungen zu den Herstellern und sind nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.


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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 10.6.2021 geändert.
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