Statine Arzneimittelgruppen LipidsenkerStatine sind lipidsenkende Wirkstoffe, welche für die Reduktion erhöhter Blutfettwerte und zur Vorbeugung von kardiovaskulären Ereignissen eingesetzt werden. Die Effekte beruhen auf der Hemmung der körpereigenen Cholesterinsynthese in der Leber durch Inhibition des Enzyms HMG-CoA-Reduktase. Dadurch wird auch die Synthese von LDL-Rezeptoren stimuliert. Darüber hinaus vermitteln die Statine sogenannte pleiotrope Effekte, welche von der Cholesterinsenkung unabhängig sind. Die Tabletten oder Kapseln werden in der Regel einmal täglich eingenommen. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Verdauungsstörungen und Muskelbeschwerden. Statine können zu Muskelerkrankungen und sehr selten zu einer lebensbedrohlichen Auflösung der Skelettmuskulatur führen. Arzneimittel-Wechselwirkungen erhöhen das Risiko.
synonym: CSE-Hemmer, HMG-Reduktase-Inhibitoren, HMG-CoA-Reduktase-Hemmer
ProdukteDie meisten Statine sind in Form von Filmtabletten im Handel, einige auch als Kapseln. Als erster Wirkstoff kam im Jahr 1987 Lovastatin von Merck in den USA in den Handel. In der Schweiz wurden im Jahr 1990 zunächst Simvastatin (Zocor®) und wenig später Pravastatin (Selipran®) als erste Vertreter zugelassen.
Struktur und EigenschaftenDas erste Statin, Lovastatin, ist ein Naturprodukt, das im Jahr 1978 als Fermentationsprodukt des Schimmelpilzes Aspergillus terreus isoliert wurde. Es ist auch im Rotschimmelreis enthalten, ein traditionelles chinesisches Nahrungs- und Heilmittel. Die weiteren ersten Wirkstoffe – Simvastatin und Pravastatin – sind eng mit Lovastatin verwandt. Die anderen Wirkstoffe wurden vollsynthetisch entwickelt.
Lovastatin und Simvastatin liegen als Lactone vor, also als zyklische Ester. Sie sind Prodrugs und werden im Körper zum aktiven Inhibitor hydrolysiert. Statine werden auch in hydro- und lipophile Wirkstoffe eingeteilt. Pravastatin und Rosuvastatin gehören zu den hydrophilen Vertretern.
WirkungenStatine (ATC C10AA ) haben lipidsenkende Eigenschaften. Die Effekte beruhen auf der Hemmung der körpereigenen Cholesterinbildung durch die kompetitive Inhibition der HMG-CoA-Reduktase. Dieses Enzym katalysiert einen frühen und geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Cholesterinbiosynthese durch Konversion von 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-Coenzym A (HMG-CoA) in Mevalonsäure (Mevalonat). Dadurch wird auch die Synthese von LDL-Rezeptoren stimuliert und die Aufnahme von LDL-Partikeln erhöht. Statine senken LDL, VLDL, das Gesamtcholesterin, die Triglyceride, ApoB und erhöhen HDL.
Des Weiteren üben die Statine sogenannte pleiotrope Effekte aus, die von der Cholesterinsenkung unabhängig sind. Dazu gehören zum Beispiel antioxidative, entzündungshemmende, immunmodulierende, kardioprotektive, antiproliferative, plaquestabilisierende und antithrombotische Wirkungen. Weil die Statine relativ früh in die Synthese des Cholesterins eingreifen, wird auch die Bildung anderer Stoffwechselprodukte (Isoprenoid-Zwischenstufen) gehemmt, die aus Mevalonat gebildet werden. Dies ist eine Erklärung für die vielfältigen Eigenschaften.
IndikationenFür die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Senkung der Mortalität:
- Für die Reduktion erhöhter Blutfettwerte (Gesamtcholesterin, LDL, Triglyceride, ApoB) verschiedener Ursache (Hypercholesterinämie, Hyperlipidämie).
- Zur Vorbeugung von kardiovaskulären Ereignissen (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall) bei Patienten mit einem hohen Risiko (Koronare Herzkrankheit).
Neben den klassischen Indikationen werden in der Literatur unzählige Anwendungsgebiete diskutiert.
DosierungGemäss der Fachinformation. Die Arzneimittel werden in der Regel einmal täglich eingenommen. Bei einigen Medikamenten wird eine Einnahme am Abend empfohlen. Andere können unabhängig von der Tageszeit verabreicht werden, jedoch immer zum selben Zeitpunkt.
Wirkstoffe- Atorvastatin (Sortis®, Generika)
- Fluvastatin (Generika, das Original Lescol® ist ausser Handel)
- Pitavastatin (Livazo®, Generika)
- Pravastatin (Generika, das Original Selipran® ist ausser Handel)
- Rosuvastatin (Crestor®, Generika)
- Simvastatin (Zocor®, Generika)
Weitere Statine:
- Cerivastatin (Lipobay®) wurde im Jahr 2001 aufgrund schwerer unerwünschter Wirkungen vom Markt genommen (siehe unten).
- Lovastatin (Mevacor®), das erste Statin, ist in der Schweiz nicht im Handel.
- Mevastatin wurde vor Lovastatin entdeckt und hat bei der Entwicklung der Arzneimittelgruppe eine wichtige Rolle gespielt. Es wurde aber nie als Arzneimittel vermarktet.
- Überempfindlichkeit
- Lebererkrankungen
- Ungeklärte Erhöhung der Serum-Transaminasen
- Myopathie
- Schwangerschaft und Stillzeit
Die vollständigen Angaben zu den Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenDie Wirkstoffe unterscheiden sich in ihren pharmakokinetischen Eigenschaften, ihrem Metabolismus und dem Potenzial für Wechselwirkungen. Simvastatin, Lovastatin und Atorvastatin sind Substrate von CYP3A. Bei der Kombination mit CYP-Hemmern kann die Plasmakonzentration ansteigen und das Risiko für unerwünschte Wirkungen kann zunehmen. Die anderen Statine interagieren hingegen weniger oder kaum mit CYP450. Einige Statine sind Substrate von Transportern wie OATP und BCRP.
Das Risiko für Skelettmuskelerkrankungen ist in Kombination mit bestimmten Wirkstoffen erhöht. Dazu gehören zum Beispiel Ciclosporin, CYP-Hemmer bei CYP-Substraten, die Fusidinsäure und Fibrate.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören:
- Verdauungsstörungen wie eine Verstopfung, Blähungen, Dyspepsie, Übelkeit und Durchfall
- Muskel- und Gelenkschmerzen, Muskelkrämpfe, Schmerzen in den Extremitäten, Muskelkrämpfe, Gelenkschwellungen, Rückenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Atemwegsinfektionen
Statine können zu Muskelerkrankungen und sehr selten zu einer lebensbedrohlichen Auflösung der Skelettmuskulatur führen (Rhabdomyolyse). Cerivastatin musste aufgrund dieser Nebenwirkung vom Markt genommen werden. Statine können gelegentlich auch Lebererkrankungen wie eine Hepatitis hervorrufen.
siehe auchLiteratur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, EMA, USA)
- Davies J.T. et al. Current and Emerging Uses of Statins in Clinical Therapeutics: A Review. Lipid Insights, 2016, 9, 13-29 Pubmed
- Endo A. The discovery and development of HMG-CoA reductase inhibitors. Journal of Lipid Research, 1992, 33, 1569-1582 Pubmed
- Endo A. A historical perspective on the discovery of statins. Proc Jpn Acad Ser B Phys Biol Sci, 2010, 86(5), 484-93 Pubmed
- Fachliteratur
- Gould A.L., Rossouw J.E., Santanello N.C., Heyse J.F. & Furberg C.D. Cholesterol reduction yields clinical benefit. Circulation, 1998, 97, 946-952 Pubmed
- Jeger R., Dieterle T. Statins: have we found the Holy Grail? Swiss Med Wkly, 2012, 142, w13515 Pubmed
- Kavalipati N. et al. Pleiotropic effects of statins. Indian J Endocrinol Metab, 2015, 19(5), 554-62 Pubmed
- Whayne T.F. Jr. Problems and possible solutions for therapy with statins. Int J Angiol, 2013, 22(2), 75-82 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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