Antiandrogene ArzneimittelgruppenAntiandrogene sind Wirkstoffe, welche die Effekte der männlichen Geschlechtshormone, der Androgene, aufheben. Sie werden unter anderem bei einem Prostatakrebs, zur Triebdämpfung und bei Androgenisierungserscheinungen bei Frauen eingesetzt und in der Regel peroral eingenommen. Seltener werden sie auch gespritzt oder lokal aufgetragen. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Müdigkeit, Hautausschlag, gastrointestinale Störungen, Hitzewallungen, Ödeme und Schmerzen. Viele Antiandrogene interagieren mit CYP450-Isoenzymen.
synonym: Androgen-Rezeptor-Antagonisten, Lutamide
ProdukteAntiandrogene sind hauptsächlich in Form von Tabletten, Kapseln und als Injektionspräparate im Handel. Zu den ersten steroidalen Wirkstoffen gehörte Cyproteronacetat, das in den 1960er-Jahren patentiert wurde. Als erster nicht steroidaler Wirkstoff wurde in den 1980er-Jahren Flutamid zugelassen.
Struktur und EigenschaftenEs wird zwischen Antiandrogenen mit einer steroidalen Struktur (wie die Androgene selbst) und solchen mit einer nicht steroidalen Struktur unterschieden. Die steroidalen Antiandrogene sind von Progesteron abgeleitet und sind weniger selektiv als die neueren Wirkstoffe:
Die nicht-steroidalen Wirkstoffe wie Bicalutamid teilen mit Ausnahme von Darolutamid ein gemeinsames Strukturelement:
WirkungenDie Wirkstoffe (ATC L02BB ) haben antiandrogene Eigenschaften, d.h. sie heben die Effekte der männlichen Geschlechtshormone, also der Androgene wie Testosteron und Dihydrotestosteron, an ihrem Rezeptor auf. Es sind in der Regel Antagonisten am Androgen-Rezeptor und sie werden deshalb auch als Androgen-Rezeptor-Antagonisten bezeichnet.
Der Androgen-Rezeptor ist ein Transkriptionsfaktor, der die Expression von zahlreichen Genen reguliert. Die Bindung der Androgene an den Rezeptor im Zytoplasma führt zu einer Dimerisierung und zu einer Aktivierung, welche die Interaktion mit der DNA im Zellkern und die Transkription ermöglicht.
Wirkmechanismus der Antiandrogene, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Abirateron (Zytiga®) hat einen unterschiedlichen Wirkmechanismus. Es hemmt CYP17 in den Hoden, Nebennieren und im Prostata-Tumorgewebe und führt so zu einer Blockade der Synthese der Androgene.
IndikationenZu den medizinischen Indikationen der Antiandrogene gehören:
- Prostatakrebs beim Mann
- Androgenisierungserscheinungen bei Frauen, z.B. Hirsutismus, schwere Akne, androgenetische Alopezie bei Frauen
- Acne vulgaris (Akne)
- Triebdämpfung (Männer)
Nicht alle Arzneimittel sind für alle Indikationen zugelassen. So ist beispielsweise Cyproteronacetat nicht für die Therapie eines Prostatakarzinoms geeignet.
DosierungGemäss der Fachinformation. Antiandrogene werden in der Regel peroral verabreicht. Es stehen auch Injektionspräparate zur Verfügung und für die lokale Behandlung werden sie auch topisch aufgetragen (z.B. Akne).
WirkstoffeNicht steroidale Antiandrogene:
- Apalutamid (Erleada®)
- Bicalutamid (Casodex®, Generika)
- Darolutamid (Nubeqa®)
- Enzalutamid (Xtandi®)
- Flutamid (Flucinom®, in der Schweiz ausser Handel)
- Nilutamid (Nilandron® Anandron®, in der Schweiz nicht im Handel)
Steroidale Antiandrogene / Gestagene:
- Chlormadinonacetat (Belara®, Generika)
- Clascoteron (Winlevi®, Creme, USA)
- Cyproteronacetat (Androcur®, Generika von Diane-35®)
- Dienogest (z.B. Qlaira®)
- Drospirenon (Generika)
- Spironolacton (Off-Label)
Androgensynthese-Inhibitoren:
- Abirateronacetat (Zytiga®)
- Überempfindlichkeit
- Schwangerschaft und Stillzeit
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenViele Antiandrogene interagieren mit CYP450-Isoenzymen und es sind entsprechende Wechselwirkungen möglich. Sie sollen nicht mit Androgenen kombiniert werden.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen der Antiandrogene gehören:
- Müdigkeit, Schwäche
- Bluthochdruck
- Hautausschlag
- Gastrointestinale Störungen
- Hitzewallungen
- Periphere Ödeme
- Schmerzen: Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen
- Vergrösserung der Brustdrüse, Berührungsempfindlichkeit der Brust
Androgene, Gestagene, Prostatakrebs
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Bratoeff E. et al. Recent advances in the chemistry and pharmacological activity of new steroidal antiandrogens and 5 alpha-reductase inhibitors. Curr Med Chem, 2005, 12(8), 927-43 Pubmed
- Crawford E.D. et al. Androgen Receptor Targeted Treatments of Prostate Cancer: 35 Years of Progress with Antiandrogens. J Urol, 2018, 200(5), 956-966 Pubmed
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Fizazi K., Smith M.R., Tombal B. Clinical Development of Darolutamide: A Novel Androgen Receptor Antagonist for the Treatment of Prostate Cancer. Clin Genitourin Cancer, 2018, 16(5), 332-340 Pubmed
- Ito Y., Sadar M.D. Enzalutamide and blocking androgen receptor in advanced prostate cancer: lessons learnt from the history of drug development of antiandrogens. Res Rep Urol, 2018, 10, 23-32 Pubmed
- Kaur P., Khatik G.L. Advancements in Non-steroidal Antiandrogens as Potential Therapeutic Agents for the Treatment of Prostate Cancer. Mini Rev Med Chem, 2016, 16(7), 531-46 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.