Androgene Arzneimittelgruppen SexualhormoneAndrogene sind anabole und maskulinisierende Wirkstoffe, welche den natürlichen Sexualhormonen entsprechen oder von ihnen abgeleitet sind. Der bekannteste Vertreter ist das körpereigene Steroid Testosteron. Androgene führen zur Ausprägung und Aufrechterhaltung der männlichen Geschlechtsorgane und -merkmale. Therapeutisch werden sie in erster Linie für die Behandlung eines Hypogonadismus bei Männern eingesetzt. Sie werden dazu peroral, transdermal, buccal und parenteral verabreicht. Aufgrund ihrer muskelaufbauenden Eigenschaften werden anabole Steroide als Dopingmittel und für das Bodybuilding missbraucht. Zu den möglichen unerwünschten Wirkungen gehören beispielsweise Brustschmerzen, eine Gynäkomastie, eine Gewichtszunahme, eine Zunahme des männlichen Körperbehaarungsmusters und Akne.
synonym: Androgene Steroide
ProdukteAndrogene sind unter anderem als Tabletten und Kapseln zur Einnahme, als transdermale Gele und transdermale Pflaster sowie als Injektionspräparate im Handel. Testosteron wurde erstmals in den 1930er-Jahren isoliert.
Struktur und EigenschaftenAndrogene haben in der Regel eine steroidale Struktur und sind mit Testosteron verwandt. Es sind Steroidhormone, die in Arzneimitteln oft als Ester vorliegen.
WirkungenAndrogene (ATC G03B ) haben anabole und androgene (maskulinisierende) Eigenschaften. Sie führen zur Ausprägung und Aufrechterhaltung der männlichen Geschlechtsorgane und -merkmale.
Zu den wichtigsten natürlichen Vertretern gehören Testosteron und sein Metabolit Dihydrotestosteron. Vorläufer sind Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Androstendion. Androgene werden in der Nebennierenrinde und in den Hoden gebildet, bei Frauen zusätzlich in den Eierstöcken.
Die körpereigene Bildung der Androgene wird vom zentralen Nervensystem reguliert. Das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) aus dem Hypothalamus führt zur Freisetzung des luteinisierenden Hormons (LH) und des follikelstimulierenden Hormons (FSH) im Hypophysenvorderlappen. LH und FSH fördern die Testosteronbildung und -sekretion, FSH die Spermienbildung.
Hypothalamus-Hypophysen-Achse, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Androgene haben zahlreiche Funktionen im Körper und wirken unter anderem auf die Haut, die Muskeln, das Skelett, das Knochenmark, die Leber, die Nieren und das zentrale Nervensystem.
Sie sind auch für die Libido, die Sexualität und für die Bildung der Spermien und für die Fruchtbarkeit erforderlich. Die Effekte beruhen auf der Interaktion mit Androgen-Rezeptoren, welche als Transkriptionsfaktoren die Genexpression beeinflussen.
Beim Hypogonadismus ersetzt Testosteron das fehlende Androgen im Blutkreislauf und stellt physiologische Konzentrationen sicher.
Wirkmechanismus der Androgene, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
IndikationenNicht alle Wirkstoffe sind für alle Anwendungsgebiete zugelassen:
- Hypogonadismus bei Männern (Hormonersatztherapie, TRT, Testosterone Replacement Therapy).
- Pubertätsinduktion bei Knaben mit einer verspätet einsetzenden Pubertät.
- Unterdrückung eines übermässigen Längenwachstums bei Jungen.
- Osteoporose bei postmenopausalen Frauen
- Endometriose
- Hereditäres Angioödem
- Geschlechtsumwandlung bei Frauen.
- „Wechseljahre des Mannes“ (viriles Klimakterium)
- Testosterongele werden bei postmenopausalen Frauen transdermal für die Behandlung einer sexuellen Unlust eingesetzt.
Gemäss der Fachinformation. Androgene werden unter anderem peroral, transdermal, buccal und parenteral (intramuskulär) verabreicht.
MissbrauchAndrogene haben anabole Eigenschaften und erhöhen die Muskelmasse. Sie werden als Dopingmittel für den Sport, für das Bodybuilding und zur Steigerung der körperlichen Attraktivität missbraucht. Aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen ist davon abzuraten. Bei der exogenen Zufuhr von Androgenen wird die endogene Bildung reduziert oder eingestellt. Siehe auch unter den Artikeln → Anabole Steroide und → Dopingmittel.
Wirkstoffe- Anabole Steroide wie Stanozolol, Oxandrolon, Oxymetholon und Nandrolon (siehe dort)
- Danazol (in der Schweiz ausser Handel)
- Dehydroepiandrosteron (DHEA, DHEA-S, Prodrug, auch als Östrogen wirksam)
- Testosteron
Weitere:
- Androstanolon
- Androstendion
- Androstendiol
- Dihydrotestosteron
- Fluoxymesteron
- Mesterolon
- Methyltestosteron
Zu den Gegenanzeigen gehören (Auswahl):
- Überempfindlichkeit
- Schwangerschaft
- Prostatakrebs
- Brustkrebs
- Lebertumore in der Patientengeschichte
- Hyperkalzämie bei einem malignen Tumor
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenAndrogene sind Substrate von CYP-Isoenzymen. Entsprechende Wechselwirkungen mit CYP-Inhibitoren und -Induktoren sind möglich. Weitere Interaktionen wurden mit Antikoagulantien beschrieben.
Unerwünschte WirkungenZu den möglichen unerwünschten Wirkungen der Androgene gehören:
- Brustschmerzen, Gynäkomastie (Vergrösserung der Brustdrüse bei Männern)
- Muskelschmerzen
- Prostatavergrösserung
- Hitzewallungen
- Gewichtszunahme
- Bluthochdruck
- Reaktionen an der Verabreichungsstelle
- Zunahme des männlichen Körperbehaarungsmusters
- Verstärkte Talgbildung, Akne, Haarausfall
- Reizbarkeit, Nervosität, Aggressivität
- Gastrointestinale Störungen
- Schlafapnoe
- Libidoveränderungen, vermehrte Erektionen
Testosteron kann die Fruchtbarkeit durch Unterdrückung der Spermienbildung (Spermatogenese) beeinträchtigen. Exogenes Testosteron hemmt die Bildung des körpereigenen Hormons in den Hoden, das die Spermienbildung fördert. Testosteron wirkt deshalb wie ein Verhütungsmittel (Kontrazeptivum) für den Mann, ist allerdings weniger zuverlässig als „die Pille“ für Frauen.
Bei den illegal gekauften anabolen Steroiden stellt sich zudem die Frage nach der Produktequalität. Sie können Verunreinigungen oder falsche Wirkstoffe enthalten.
Die unerwünschten Wirkungen der → anabolen Steroide sind im entsprechenden Artikel dargestellt.
siehe auchAnabole Steroide, Dopingmittel, Antiandrogene, 5alpha-Reduktasehemmer
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA)
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Kanayama G., Pope H.G. Jr. History and epidemiology of anabolic androgens in athletes and non-athletes. Mol Cell Endocrinol, 2018, 464, 4-13 Pubmed
- Kanayama G., Kaufman M.J., Pope H.G. Jr. Public health impact of androgens. Curr Opin Endocrinol Diabetes Obes, 2018, 25(3), 218-223 Pubmed
- Iyer R., Handelsman D.J. Androgens. Front Horm Res, 2016, 47, 82-100 Pubmed
- Patel A.S., Leong J.Y., Ramos L., Ramasamy R. Testosterone is a contraceptive and should not be used in men who desire fertility. World J Mens Health, 2019, 37(1), 45-54 Pubmed
- Smith L.B., Walker W.H. The regulation of spermatogenesis by androgens. Semin Cell Dev Biol, 2014, 30, 2-13 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.