Tetrazykline Arzneimittelgruppen AntibiotikaTetrazykline sind bakteriostatische Wirkstoffe aus der Gruppe der Breitspektrumantibiotika, welche für die Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten mit empfindlichen Erregern eingesetzt werden. Des Weiteren werden Tetrazykline aufgrund ihrer entzündungshemmenden und antiparasitären Wirkungen auch bei Akne, Rosazea und für die Vorbeugung und Behandlung der Malaria verabreicht. Die antibakteriellen Effekte beruhen auf der Hemmung der Proteinsynthese durch Bindung an die 30S-Untereinheit der Ribosomen. Die Einnahme ist vom Wirkstoff und vom Arzneimittel abhängig. Lebensmittel, Milch und andere Arzneimittel können die Absorption reduzieren. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Überempfindlichkeitsreaktionen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Störungen. Tetrazykline können die Haut für Sonnen- und UV-Strahlung empfindlich machen. Deshalb ist während der Therapie ein guter Sonnenschutz notwendig.
synonym: Tetracycline, Tetrazyklin-Antibiotika
ProdukteTetrazykline sind in der Schweiz unter anderem in Form von Tabletten, Kapseln sowie als Injektions- und Infusionslösungen im Handel. Dieser Artikel bezieht sich in erster Linie auf die perorale Therapie.
Das erste Tetrazyklin Chlortetracyclin (Aureomycin®, Lederle) wurde in den 1940er-Jahren unter der Leitung von Benjamin Minge Duggar bei einem Screening von Bodenproben entdeckt und kam Ende des Jahrzehnts in den Handel.
Struktur und EigenschaftenTetrazykline sind natürliche Substanzen aus Streptomyces-Arten. Die Bezeichnung Tetrazyklin ist von den vier Ringen abgeleitet, die miteinander fusioniert sind.
Chlortetracyclin (Aureomycin®, Lederle) wurde in den 1940er-Jahren aus Streptomyces aureofaciens isoliert. In den 50er-Jahren wurde Oxytetracyclin (Terramycin®, Pfizer) aus Streptomyces rimosus gewonnen. Tetracyclin konnte durch die Entfernung der Chloratoms aus Chlortetracyclin hergestellt werden. Es kommt ebenfalls natürlich vor. In den 1950er-Jahren wurde auch Demeclocyclin entdeckt, das wie Chlortetracyclin von Streptomyces aureofaciens gebildet wird. Doxycylcin (60er-Jahre) und Minocyclin (70er-Jahre) werden halbsynthetisch produziert. Minocyclin ist ein Beispiel für ein lipophiles Tetrazyklin.
WirkungenTetrazykline (ATC J01AA ) haben bakteriostatische Eigenschaften gegen grampositive und gramnegative Erreger. Die Effekte beruhen auf der Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese durch Bindung an die 30S-Untereinheit der Ribosomen.
Tetrazykline entfalten zusätzlich unter anderem auch entzündungshemmende, antioxidative und antiparasitäre Wirkungen. Sie haben starke chelatbildende Wirkungen und binden divalente Kationen. Tetrazykline hemmen deshalb Matrix-Metalloproteasen und sind anfällig für Wechselwirkungen.
Wirkmechanismus der Tetrazykline, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
IndikationenZu den Anwendungsgebieten gehören:
- Bakterielle Infektionskrankheiten mit empfindlichen Erregern
- Akne (Acne vulgaris)
- Rosazea
- Malariavorbeugung und -behandlung
Gemäss der Fachinformation. Die Einnahme ist vom Wirkstoff und vom Arzneimittel abhängig. Für einige Medikamente wird eine nüchterne Verabreichung empfohlen. Andere sollen mit einer Mahlzeit verabreicht werden, um Magen-Darm-Störungen zu vermeiden.
Tetrazykline sollen mit ausreichend Wasser im Sitzen oder Stehen eingenommen werden, um Reizungen und Ulzerationen der Speiseröhre vorzubeugen. Nicht kurz vor dem Zubettgehen einnehmen (mindestens eine Stunde Abstand halten). Tetrazykline sollen in der Regel nicht zusammen mit Milch verabreicht werden.
Während der Behandlung soll starke Sonnen- resp. UV-Strahlung gemieden werden, weil die Arzneimittel die Haut für Sonne empfindlicher machen können. Die Anwendung eines Sonnenschutzmittels soll in Betracht gezogen werden.
Die Kombination mit einem Probiotikum kann empfohlen werden.
WirkstoffeDie Wirkstoffe enthalten das Suffix -cyclin:
- Chlortetracyclin (Aureomycin®, CH ausser Handel)
- Demeclocyclin (Ledermix®)
- Doxycyclin (Vibramycin®, Vibravenös®, Generika)
- Doxycyclin für die Rosazea-Behandlung (Oracea®)
- Lymecyclin (Tetralysal®)
- Minocyclin (Minocin®)
- Oxytetracyclin (Terramycin®, ausser Handel)
- Sarecyclin (Seysara®)
- Tetracyclin (Pylera®, Kombination)
Tigecyclin (Tygacil®) gehört zu den Glycylcyclinen, die Derivate der Tetrazykline sind.
KontraindikationenZu den Gegenanzeigen gehören:
- Überempfindlichkeit
- Schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen (abhängig vom Wirkstoff)
- Schwangerschaft, Stillzeit
- Kinder unter 12 Jahren
- Behandlung mit Retinoiden
Die Anwendung während der Zahnentwicklung (Kinder unter 12 Jahre, Schwangerschaft) kann zu einer bleibenden Verfärbung der Zähne führen und ist deshalb kontraindiziert. Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenAndere Medikamente und Lebensmittel können die Absorption der Tetrazykline reduzieren. Dazu gehören beispielsweise Antazida, Multivitaminpräparate, Calcium, Magnesium, Eisen und Colestyramin. Sie sollen nicht gleichzeitig verabreicht werden. Weitere Wechselwirkungen treten auf (siehe Fachinformation).
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen der Tetrazykline gehören:
- Überempfindlichkeitsreaktionen
- Zentrale Störungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel
- Magen-Darm-Störungen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, Mundschleimhautentzündung
- Photosensitivität
Wie bei anderen Antibiotika stellen Resistenzen ein Problem dar.
siehe auchPhotosensitivität, Glycylcycline
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA)
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- Sneader W. Drug discovery: a history. Chichester: Wiley, 2005
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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