Angststörungen IndikationenAngststörungen sind eine Gruppe psychischer Erkrankungen, die von einer übermässigen, anhaltenden oder unverhältnismässigen Angst begleitet werden. Zu den möglichen Beschwerden gehören körperliche Symptome wie Herzklopfen, Schwindel, Zittern, kalte Hände, Atemstörungen, Schlafstörungen und Verdauungsstörungen. Die Symptome können spontan oder als Folge eines konkreten Auslösers auftreten, zum Beispiel in bestimmten Situationen, bei der Trennung von den Eltern oder bei der Konfrontation mit einem Gegenstand oder Tier. Angsterkrankungen beginnen häufig schon während der Kindheit und der Adoleszenz. Bei der Entstehung spielen die Vererbung und Traumata in der Kindheit eine Rolle. Für die Behandlung wird eine Psychotherapie und eine kognitive Verhaltenstherapie empfohlen. Einige Antidepressiva, Antiepileptika und Phytopharmaka haben anxiolytische Eigenschaften. Benzodiazepine sollen nur kurzzeitig verabreicht werden, weil sie abhängig machen und beim Absetzen Entzugssymptome auslösen.
synonym: Angst, Furcht, Panik, Angsterkrankungen, Anxiety, Anxiety disorders
SymptomeIm Folgenden sind mögliche Beschwerden im Zusammenhang mit Angststörungen aufgelistet:
- Übermässige, anhaltende, irrationale und unverhältnismässige Angst, die nur schwer oder nicht kontrolliert werden kann.
- Beunruhigung, Besorgtheit
- Panikattacken
- Fluchttendenz
- Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen
- Schwindel
- Zittern, Schütteln, Muskelkrämpfe, weiche Knie
- Mundtrockenheit
- Schweissausbrüche, kalte Hände
- Albträume
- Müdigkeit, Erschöpfung
- Atemstörungen, Kurzatmigkeit
- Übelkeit und Erbrechen, Verdauungsstörungen
- Schlafstörungen
- Konzentrationsstörungen
- Nervosität
- Parästhesien
- Psychische Störungen wie eine Depression, Unruhe, Reizbarkeit
- Rauschmittel- und Arzneimittelmissbrauch (Medikamentenübergebrauch)
Angststörungen sind weit verbreitet. Sie können die sozialen und beruflichen Aktivitäten deutlich einschränken. Die Betroffenen sind sich der Angst häufig bewusst und reagieren mit einer Vermeidung von Situationen, welche sie hervorruft. Nach wie vor sind Angststörungen unterdiagnostiziert und sie werden von der Gesellschaft falsch als Schwäche verstanden („Reiss dich zusammen“).
KrankheitsbilderZu den Krankheitsbildern gehören:
- Panikstörungen, also Anfälle mit starken Beschwerden.
- Agoraphobie („Platzangst“), zum Beispiel in einer Menschenmenge, im Tram, im Bus, in einer Warteschlange.
- Generalisierte Angststörung, eine übermässige Angst vor alltäglichen Dingen, Aktivitäten und Situationen.
- Soziale Phobie (soziale Angststörung), also die Angst, von anderen negativ bewertet zu werden.
- Spezifische Phobien, d.h. Angst vor einem konkreten Gegenstand, einer Situation, einem Ort oder einem Tier. Also beispielsweise vor Schlangen, Spinnen, Höhen, Angst vor Spritzen, Angst vor dem Fliegen und dem Zahnarzt.
- Trennungsangst, z.B. bei Kindern die Angst um die Eltern, welche dazu führt, dass sie nicht zur Schule gehen.
- Erwartungsangst: Angst vor einem Termin oder einem Ereignis in der Zukunft.
- Selektiver Mutismus: Unfähigkeit, in einer bestimmten sozialen Situation zu sprechen, beispielsweise in der Schule.
- Angststörungen infolge einer körperlichen oder seelischen Krankheit oder eines Drogenmissbrauchs.
Angst ist eigentlich eine physiologische Reaktion, die den menschlichen Körper vor Schäden, Verletzungen und dem Tod bewahrt. Sie entsteht in der Regel aufgrund eines konkreten Stimulus, also beispielsweise bei der Begegnung mit einem gefährlichen Tier. Allerdings haben sich die Stimuli, welche sie verursachen, mit der Entwicklung der Zivilisation grundlegend verändert.
Eine Angststörung liegt vor, wenn das Ausmass der Angst unverhältnismässig zum Auslöser ist, die Angst ohne Auslöser auftritt, körperliche und psychische Beschwerden entstehen und die normalen Tätigkeiten eingeschränkt werden.
Angststörungen beginnen in der Regel schon im Kindes- und Jugendalter. Sie können aber auch, wie die generalisierte Angststörung, erst später im Leben auftreten. Bei der Entstehung spielen unter anderem die Vererbung sowie Traumata und Stressoren in der Kindheit eine Rolle. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Angst kann auch als Folge einer körperlichen oder psychischen Krankheit vorkommen.
In seinem Buch „Generation Angst“ zeigt der US-amerikanische Sozialpsychologe Jonathan Haidt nachvollziehbar auf, dass die Nutzung von Smartphones in Kombination mit Social Media bei Kindern und Jugendlichen die psychische Gesundheit beeinträchtigt und zu Angststörungen und Depressionen führen kann.
DiagnoseDie Diagnose wird in ärztlicher Behandlung anhand der Patientengeschichte, der körperlichen Untersuchung und mit strukturierten Fragebogen gestellt. Dabei müssen sowohl organische als auch andere psychische Störungen ausgeschlossen werden, die ähnliche Beschwerden verursachen.
Nicht medikamentöse BehandlungAngststörungen sollen frühzeitig behandelt werden, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Das Mittel der ersten Wahl ist die Psychotherapie und die Betreuung durch Fachpersonen.
- Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie
- Betreuung und Beratung, Gespräche
- Konfrontationstraining
- Entspannungstechniken
- Selbsthilfegruppen
- Körperliche, geistige und soziale Aktivität
Für die medikamentöse Behandlung werden angstlösende Arzneimittel, die sogenannten Anxiolytika eingesetzt. Ausführliche Informationen finden Sie in unserem Artikel zum Thema.
Benzodiazepine wie Lorazepam oder Alprazolam werden häufig für die Behandlung eingenommen. Es ist wichtig, dass sie nur kurzfristig verwendet werden, da sie unerwünschte Wirkungen verursachen, abhängig machen, missbraucht werden und beim Absetzen Entzugssymptome auslösen.
Einige Antiepileptika wie beispielsweise Pregabalin und Gabapentin sind für die Behandlung zugelassen.
Antidepressiva wie beispielsweise die SSRI (z.B. Citalopram, Escitalopram, Paroxetin) oder SSNRI wie Duloxetin oder Venlafaxin werden für die Behandlung eingesetzt. Sie haben eine Zulassung für diese Indikation.
Lipophile Betablocker wie Propranolol normalisieren den Herzschlag, sind beruhigend und gegen das Zittern wirksam.
Phytopharmaka wie Ashwagandha, Passionsblume, Kava und Lavendel sind im Allgemeinen besser verträglich als die synthetischen Wirkstoffe. Cannabinoide wie Cannabidiol werden ebenfalls für die Therapie verwendet.
siehe auchLiteratur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.