Nitrofurantoin Arzneimittelgruppen Antibiotika NitrofuraneNitrofurantoin ist ein bakteriostatisches bis bakterizides Antibiotikum aus der Gruppe der Nitrofurane, das für die Behandlung von Harnwegsinfektionen eingesetzt wird. Ein typisches Anwendungsgebiet ist die Blasenentzündung bei der Frau. Nitrofurantoin ist ein Prodrug, das in den Bakterien enzymatisch aktiviert wird und die bakterielle DNA, Proteine und Enzyme schädigt. Die Kapseln werden für die Akuttherapie in der Regel zwei- bis dreimal täglich mit oder unmittelbar nach dem Essen oder mit Milch eingenommen. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören zentrale Störungen wie Schwindel und Kopfschmerzen, allergische Reaktionen und gastrointestinale Störungen. Das Arzneimittel kann den Urin gelb oder braun verfärben. Vor allem bei einer Langzeittherapie können selten schwere Nebenwirkungen wie Lungen-, Leber- und Nervenerkrankungen auftreten.
synonym: Nitrofurantoinum PhEur
ProdukteNitrofurantoin ist in der Schweiz in Form von Retardkapseln zu 100 mg im Handel (Furadantin® retard, Uvamin® retard). Es wird seit den frühen 1950er-Jahren medizinisch eingesetzt.
Struktur und EigenschaftenNitrofurantoin (C8H6N4O, Mr = 238.2 g/mol) liegt als gelbes, kristallines Pulver vor, das in Wasser sehr schwer löslich ist. Es ist ein nitriertes Furan- und Hydantoin-Derivat. Der Name ist eine Komposition von Nitro (NO2), Furan und Hydantoin. Durch die Verwendung des makrokristallinen Wirkstoffs wird die Absorption verzögert und zentrale Nebenwirkungen treten seltener auf.
WirkungenNitrofurantoin (ATC J01XE01 ) hat bakteriostatische bis bakterizide Eigenschaften gegen die wichtigsten Uropathogene. Es ist ein Prodrug, das von bakteriellen Enzymen, den Nitroreduktasen, zu reaktiven elektrophilen Substanzen reduziert wird. Diese schädigen Makromoleküle wie die DNA, Proteine und Enzyme. Nitrofurantoin wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden und hat eine kurze Halbwertszeit von 20 bis 90 Minuten. Die Plasmakonzentration ist tief und nur im Urin werden antibakterielle Konzentrationen erreicht.
IndikationenNitrofurantoin ist in der Schweiz für die Behandlung akuter und chronischer Harnwegsinfektionen zugelassen und wird insbesondere bei einer Blasenentzündung bei der Frau eingesetzt.
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Infektionsprophylaxe bei diagnostischen Untersuchungen oder nach chirurgischen Eingriffen am Harnwegssystem.
DosierungGemäss der Fachinformation. Die Kapseln werden während oder unmittelbar nach einer Mahlzeit mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen, weil dadurch die gastrointestinale Verträglichkeit erhöht wird. Sie können auch mit Milch verabreicht werden. Die übliche Dosierung bei einer akuten Blasenentzündung ist zwei- bis dreimal täglich täglich eine Kapsel während 5 bis 7 Tagen.
Bei einer längeren Behandlung werden die Kapseln nur ein- bis maximal zweimal täglich verabreicht und es sind Kontrolluntersuchungen erforderlich. Dazu gehören die Überprüfung der Lungenfunktion, der Leber, der Nierenfunktion, der Nervenfunktion und des Blutbildes. In der deutschen Fachinformation wird deshalb eine Begrenzung der Therapiedauer auf maximal 6 Monate empfohlen.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit
- Niereninsuffizienz (Kumulationsgefahr)
- Pathologische Leberenzymwerte
- Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel
- Schwangerschaft im letzten Drittel, wegen der Gefahr einer hämolytischen Anämie beim Neugeborenen (vgl. Fachinformation)
- Frühgeborene, Neugeborene
- Oligurie oder Anurie
- Polyneuropathie
- Akute Porphyrie
- Lungenfibrose
- Kinder < 12 Jahren
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenWechselwirkungen wurden unter anderem mit Antazida auf der Basis von Magnesium- und Aluminiumsalzen, Atropin, harnalkalisierenden und -ansäuernden Mitteln, Probenecid, Chinolon-Antibiotika, Phenytoin und oralen Kontrazeptiva beschrieben (Auswahl). Nitrofurantoin wird an der Niere sowohl filtriert als auch sekretiert. Laboruntersuchungen können von Nitrofurantoin verfälscht werden.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören:
- Gastrointestinale Störungen: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen
- Nervensystem: Schwindel, Ataxie, Nystagmus, Kopfschmerzen
- Allergie: Arzneimittelfieber, Juckreiz, Nesselfieber, Angioödem
- Lunge: Allergisches Lungenödem, Rippenfellentzündung, Atemnot, Husten, Brustkorbschmerzen
Die Patienten sollen darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Arzneimittel den Urin gelb oder braun verfärben kann.
Nitrofurantoin kann selten und vor allem bei einer langen Therapie schwere Nebenwirkungen wie beispielsweise Lungenerkrankungen, schwere allergische Reaktionen, Lebererkrankungen, schwere Hautreaktionen, eine Blutarmut und Neuropathien verursachen. In vitro ist Nitrofurantoin mutagen. Es soll daher möglichst kurzfristig verwendet werden.
Checkliste für die Beratung von Patientinnen und PatientenDownload: Checkliste_Nitrofurantoin.pdf
siehe auchLiteratur- Amit G., Cohen P., Ackerman Z. Nitrofurantoin-induced chronic active hepatitis. Isr Med Assoc J, 2002, 4(3), 184-6 Pubmed
- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA, UK)
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Gardiner B.J., Stewardson A.J., Abbott I.J., Peleg A.Y. Nitrofurantoin and fosfomycin for resistant urinary tract infections: old drugs for emerging problems. Aust Prescr, 2019, 42(1), 14-19 Pubmed
- Huttner A. et al. Nitrofurantoin revisited: a systematic review and meta-analysis of controlled trials. J Antimicrob Chemother, 2015, 70(9), 2456-64 Pubmed
- Munoz-Davila M.J. Role of Old Antibiotics in the Era of Antibiotic Resistance. Highlighted Nitrofurantoin for the Treatment of Lower Urinary Tract Infections. Antibiotics (Basel), 2014, 3(1), 39-48 Pubmed
- Squadrito F.J., del Portal D. Nitrofurantoin. StatPearls Publishing, 2019 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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