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Disulfiram Arzneimittelgruppen Entwöhnungsmittel

Disulfiram ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Entwöhnungsmittel, der für die unterstützende Behandlung einer Alkoholabhängigkeit eingesetzt wird. Er hemmt die Acetaldehyd-Dehydrogenase und damit den vollständigen metabolischen Abbau von Alkohol. Wird während der Behandlung trotzdem getrunken, kommt es zu einer unangenehmen Unverträglichkeitsreaktion, die sich in einer Hautrötung, Gefässerweiterung, tiefem Blutdruck und einem schnellen Herzschlag äussert.

synonym: Disulfiramum PhEur, Antabus®, Tetraethylthiuramdisulfid, TETD

Produkte

Disulfiram ist in Form wasseraufschwemmbarer Tabletten, sogenannten Dispergetten, im Handel (Antabus®). Es ist in der Schweiz bereits seit dem Jahr 1949 zugelassen.

Struktur und Eigenschaften

Disulfiram oder Tetraethylthiuramdisulfid (C10H20N2S4, Mr = 296.54 g/mol) ist ein weisses bist fast weisses kristallines Pulver, das in Wasser praktisch unlöslich ist. Vor der medizinischen Anwendung wurde es bereits im 19. Jahrhundert in der Vulkanisation von Kautschuk bei der Gummiherstellung eingesetzt. Dabei wurde 1937 entdeckt, dass es bei Fabrikarbeitern zu einer Unverträglichkeit gegenüber alkoholischen Getränken führt. 1949 wurde es in der Schweiz als Arzneimittel zugelassen. Es wird unter anderem zum aktiven Metaboliten Diethylthiocarbamat biotransformiert.

Wirkungen

Disulfiram (ATC N07BB01 ) blockiert selektiv die Acetaldehyd-Dehydrogenase in der Leber. Nach der Einnahme von Alkohol steigt die Konzentration von Acetaldehyd an. Dies führt nach etwa 5 bis 30 Minuten zur typischen Antabus-Alkohol-Interaktion:

Die Beschwerden klingen nach 1-3 Stunden wieder ab. Komplikationen sind schwere Reaktionen mit ausgeprägter Gefässerweiterung, Kreislaufkollaps, Blässe, Schwäche, Sehstörungen, Schwindel, Desorientierung, Übelkeit, Erbrechen, Herzversagen, Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Bewusstseinsstörungen, epileptische Anfälle und Tod. Das Ausmass der Beschwerden hängt von der zugeführten Menge Alkohol und der Disulfiramdosis ab.

Wirkmechanismus

Disulfiram wird im Organismus rasch in seinen aktiven Metaboliten Diethylthiocarbamat umgewandelt, der Metallionen mit hoher Affinität bindet und die Aldehyd-Dehydrogenase selektiv und irreversibel hemmt. Dies führt dazu, dass Alkohol nicht vollständig zur Essigsäure, sondern nur bis zum Zwischenprodukt, dem toxischen Acetaldehyd, abgebaut werden kann, der die Unverträglichkeitsreaktion auslöst.

Disulfiram hemmt auch das Enzym Dopamin-β-Hydroxylase, das Dopamin in Noradrenalin überführt. Dadurch kommt es zu einem Anstieg von Dopamin und zu einer Verminderung von Noradrenalin in peripheren und zentralen Geweben. Die Hemmung der DBH wird für die Wirksamkeit von Disulfiram bei der Behandlung der Alkohol- und Cocainabhängigkeit mitverantwortlich gemacht. Auch die seltenen psychiatrischen Nebenwirkungen können auf die Dopaminerhöhung zurückgeführt werden.

Indikationen

Unterstützende Behandlung von chronischem Alkoholismus, periodisch wiederkehrender Alkoholismus in Verbindung mit nichtmedikamentösen Methoden. Disulfiram hat auch beim Entzug von Cocain eine gewisse Wirksamkeit gezeigt, ist aber in der Schweiz in dieser Indikation nicht zugelassen.

Dosierung

Vor dem Therapiebeginn darf während 3 Tagen kein Alkohol getrunken werden. Die Tabletten werden in einem Glas Wasser aufgelöst, wodurch eine milchige und geschmacksneutrale Dispersion entsteht, die sofort eingenommen werden soll. Es ist sinnvoll, das Medikament vor einem Therapiebegleiter einzunehmen, damit die Einnahme kontrolliert ist. Es muss beachtet werden, dass die Wirkung bis 4 Tage nach dem Absetzen anhalten kann, im Einzelfall sogar bis zwei Wochen.

Kontraindikationen

Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.

Interaktionen

Der aktive Metabolit Diethylthiocarbamat wird von CYP450-Isoenzymen gebildet. Interaktionen sind unter anderem mit gerinnungshemmenden Medikamenten, Phenytoin, Theophyllin, trizyklischen Antidepressiva, Amitriptylin, MAO-Hemmern, Diazepam und Chlordiazepoxid möglich. Antihistaminika, einige Neuroleptika und Tranquillantien können das Antabus-Syndrom abschwächen.

Metronidazol und andere Nitroimidazole können die Alkoholunverträglichkeit möglicherweise verstärken.

Vor, während und nach der Behandlung soll selbstverständlich kein Alkohol getrunken werden. Es ist zu beachten, dass Alkohol auch in einigen Arzneimitteln und Lebensmitteln enthalten ist (z.B. Tinkturen, Kirschstängeli). Unverträglichkeitsreaktionen treten ab einer Menge von zirka 3 g reinem Ethanol auf.

Unerwünschte Wirkungen

Neben dem Antabus-Syndrom können auch ohne Alkohol unerwünschte Wirkungen auftreten. Disulfiram ist in der Regel verträglich. Zu den seltenen schweren Nebenwirkungen gehört eine lebensbedrohliche Leberentzündung. Treten Beschwerden wie Appetitverlust, Müdigkeit, Erbrechen, Juckreiz und Gelbsucht auf, soll das Medikament abgesetzt und mit dem Arzt Kontakt aufgenommen werden.

Häufig:

siehe auch

Entwöhnungsmittel, Acamprosat, Clomethiazol, Naltrexon, Alkoholabhängigkeit

LiteraturAutorin

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.

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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 15.5.2024 geändert.
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