Dehydroepiandrosteron (DHEA) Arzneimittelgruppen SteroidhormoneDehydroepiandrosteron (DHEA) ist ein körpereigenes Steroidhormon, das im Organismus sowohl zu Östrogenen als auch zu Androgenen biotransformiert wird. In der Schweiz ist DHEA in Form von Vaginalzäpfchen für die lokale Behandlung einer vulvovaginalen Atrophie bei postmenopausalen Frauen zugelassen. Als Prodrug wird es für die hormonelle Substitutionstherapie infolge der Menopause gespritzt. Nahrungsergänzungsmittel mit DHEA werden seit den 90er-Jahren als „Anti-Aging“-Mittel angepriesen. Dies unter anderem deshalb, weil die DHEA-Spiegel mit zunehmendem Alter sinken. Von einer unkritischen Anwendung ist jedoch abzuraten.
synonyme: DHEA, Prasteron, Prasteronum
ProdukteIn der Schweiz wurden im Jahr 2020 Vaginalzäpfchen mit Dehydroepiandrosteron registriert (Intrarosa®). Der Wirkstoff wird in Medikamenten als Prasteron bezeichnet.
Des Weiteren war in der Schweiz eine intramuskuläre Injektionslösung mit dem Prodrug Prasteronenantat registriert (Gynodian® Depot, ausser Handel).
In den USA dürfen Nahrungsergänzungsmittel („dietary supplements“) mit Dehydroepiandrosteron (DHEA) seit dem Jahr 1994 frei verkauft werden, was zum DHEA-Hype in den 90er-Jahren beigetragen hat.
Struktur und EigenschaftenDehydroepiandrosteron (C19H28O2, Mr = 288.4 g/mol) ist ein natürliches Steroidhormon. Als DHEA-S wird der Metabolit DHEA-Sulfat bezeichnet, der im Körper gebildet wird und mit DHEA im Gleichgewicht steht.
WirkungenDHEA (ATC A14AA07 ) hat vorwiegend indirekte androgene und östrogene Effekte. Es ist eine natürliche und körpereigene Substanz, die unter anderem in der Zona reticularis der Nebenniere, in den Ovarien und im Gehirn gebildet wird. Es handelt sich um ein Vorläuferhormon (Prohormon), das im Körper zu Östrogenen (Estron, Estradiol) und Androgenen (Androstendion, Androstendiol, Testosteron) umgewandelt wird, also in weibliche und männliche Sexualhormone. DHEA bindet im zentralen Nervensystem auch direkt als sogenanntes Neurosteroid an Rezeptoren.
AnwendungsgebieteMedizinische Indikationen:
- Lokale Behandlung vulvovaginaler Atrophie bei postmenopausalen Frauen (Vaginalzäpfchen).
- Hormonelle Substitutionstherapie infolge natürlicher oder chirurgischer Menopause (Injektionslösung, ausser Handel).
Weitere Anwendungsgebiete:
- In einigen Ländern ist DHEA für die Therapie von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zugelassen (Dyspareunie).
- DHEA wurde vor allem in den 90er-Jahren als „Anti-Aging“-Mittel, als Jungbrunnenhormon und Mittel gegen verschiedenste Erkrankungen angepriesen. Aufgrund der möglichen gesundheitlichen Risiken soll es aus unserer Sicht nicht unkritisch als freiverkäufliches „Nahrungsergänzungsmittel“ eingenommen werden.
- Lupus erythematodes (in der Schweiz keine Zulassung)
Gemäss der Fachinformation. DHEA wird topisch und systemisch verabreicht. Die Vaginalzäpfchen werden intravaginal eingeführt.
MissbrauchDHEA kann als anaboles Steroid und als Dopingmittel missbraucht werden und ist sowohl während als auch ausserhalb sportlicher Wettkämpfe verboten.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit
- Bekannter, früherer oder vermuteter Brustkrebs
- Bekannte oder vermutete östrogenabhängige maligne Tumoren (z.B. Endometriumkarzinom)
- Unbehandelte Endometriumhyperplasie
- Nicht abgeklärte Genitalblutungen
- Frühere oder aktuelle venöse Thromboembolie (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie)
- Bestehende oder kürzlich aufgetretene arterielle thromboembolische Erkrankung (z.B. Angina pectoris, Myokardinfarkt)
- Bekannte thrombophile Erkrankungen
- Akute Lebererkrankung oder Lebererkrankung in der Anamnese, solange sich die Ergebnisse in Leberfunktionstests nicht wieder normalisiert haben
- Porphyrie
- Schwangerschaft
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören bei der vaginalen Anwendung Gewichtsschwankungen, Fluor vaginalis sowie anomale Ergebnisse im PAP-Abstrich. Bei der systemischen Therapie treten weitere Nebenwirkungen auf.
siehe auchLiteratur- Allolio B., Arlt W. DHEA treatment: myth or reality? Trends Endocrinol Metab, 2002, 13(7), 288-94 Pubmed
- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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- Genazzani A.D., Lanzoni C., Genazzani A.R. Might DHEA be considered a beneficial replacement therapy in the elderly? Drugs Aging, 2007, 24(3), 173-85 Pubmed
- Hinson J.P., Raven P.W. DHEA deficiency syndrome: a new term for old age? J Endocrinol, 1999, 163(1), 1-5 Pubmed
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- Racchi M., Balduzzi C., Corsini E. Dehydroepiandrosterone (DHEA) and the aging brain: flipping a coin in the "fountain of youth". CNS Drug Rev, 2003, 9(1), 21-40 Pubmed
- Sirrs S.M., Bebb R.A. DHEA: panacea or snake oil? Can Fam Physician, 1999, 45, 1723-8 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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