Hyperaktive Blase IndikationenEine Reizblase äussert sich in einem häufigen Harndrang und einer erhöhten Harnfrequenz während des Tages und nachts. Dabei kann Harn auch unfreiwillig abgehen. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Als wichtiger Faktor wird die Kontraktion der Blasenwandmuskulatur angesehen. Gleichzeitig beeinflussen Erkrankungen, Medikamente, Genussmittel und Gewohnheiten die Harnentleerung. Nicht-medikamentöse Massnahmen wie Blasentraining und eine reduzierte Flüssigkeitszufuhr gelten als wirksam. Zur medikamentösen Therapie werden Parasympatholytika, Botulinumtoxin und Oestrogene bei postmenopausalen Frauen eingesetzt.
synonym: Reizblase, Überaktive Blase, OAB
SymptomeEine Reizblase äussert sich in den folgenden Symptomen. Gemäss Definition bestehen keine pathologischen Veränderungen des Urogenitaltrakts:
- Starker, schwer unterdrückbarer Drang zum Urinieren
- Erhöhte Harnfrequenz tagsüber
- Nächtliches Wasserlassen
- Harninkontinenz: Ein unfreiwilliger Harnverlust kann vorkommen
Der ständige Drang reduziert die Lebensqualität und kann ein signifikantes psychosoziales Problem darstellen, weil die Toilette andauernd aufgesucht werden muss. Weitere Komplikationen sind Schlafstörungen, Müdigkeit, Stress, Depression und ein erhöhtes Frakturrisiko.
UrsachenDie Harnentleerung ist ein komplexer Prozess, der zentralen und peripheren Mechanismen unterliegt. Es gibt verschiedene Hypothesen zu den möglichen Ursachen der Reizblase. Als wichtig wird die Kontraktion der Blasenwandmuskulatur (Musculus detrusor vesicae) angesehen, welche die Blasenentleerung kontrolliert. Diese kontrahiert, bevor die Harnblase adäquat gefüllt ist und führt zu Harndrang. Acetylcholin ist der wichtigste Vermittler der Blasenkontraktion. Von den fünf muscarinen Rezeptoren sind insbesondere die M3- und die M2-Rezeptoren von Bedeutung. Jedoch haben nicht alle Patienten mit einer Reizblase eine Detrusorhyperaktivität.
Bei der Behandlung müssen die zahlreichen Faktoren beachtet werden, welche die Blasenfunktion beeinflussen. Dazu gehören das Alter, viele Erkrankungen, Medikamente (z.B. die häufig verschriebenen Diuretika) und Genussmittel wie Coffein und Alkohol. Coffein hat einen starken Effekt auf die Harnentleerung, der auch nach Jahren des Konsums nicht verschwindet.
Harnblase, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
DiagnoseDie Diagnose wird in ärztlicher Behandlung anhand der Patientengeschichte und der klinischen Symptomatik gestellt. Wichtig ist der Ausschluss anderer Ursachen. Zu den möglichen Differentialdiagnosen gehören zum Beispiel eine Prostatavergrösserung bei Männern, ein Diabetes mellitus, eine Blasenentzündung oder andere Harnwegserkrankungen und maligne Erkrankungen.
Nicht medikamentöse BehandlungDie nicht medikamentöse Therapie und die Verhaltensempfehlungen stellen eine wichtige Grundlage für die Behandlung der hyperaktiven Blase dar.
- Beim Blasentraining wird die Urinierfrequenz gesenkt → siehe unter Blasentraining
- Es wurde nachgewiesen, dass eine Reduktion des Flüssigkeitszufuhr auf 1 bis 1.5 Liter pro Tag zu einer Verbesserung der Symptome führt.
- Coffein und auslösende Lebensmittel und Gewürze vermeiden.
- Beckenbodentraining (Kegel-Übungen), Biofeedback
- Mit einem Miktionstagebuch kann der Verlauf dokumentiert werden.
- Eine Verstopfung behandeln.
- Inkontinenzeinlagen und ähnliche Massnahmen bei Inkontinenz
- Neuromodulation, z.B. sakrale Nervenstimulation
- Chirurgische Methoden (Mittel der 3. Wahl)
Parasympatholytika heben die Wirkungen von Acetylcholin an den muscarinischen Rezeptoren an der Blasenwandmuskulatur kompetitiv auf. Aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen sind sie nicht unumstritten. Parasympatholytika sind anticholinerg und können zum Beispiel Harnretention, Mundtrockenheit, schneller Herzschlag, Verstopfung und zentrale Effekte wie Müdigkeit und Verwirrung verursachen. Die möglichen Interaktionen und Kontraindikationen müssen beachtet werden:
- Clidiniumbromid (Librax®)
- Darifenacin (Emselex®)
- Desfesoterodin (Tovedeso®)
- Fesoterodin (Toviaz®, Generika)
- Oxybutynin (Kentera®)
- Propiverin (Mictonorm®)
- Solifenacin (Vesicare®, Generika)
- Tolterodin (Detrusitol®, Generika)
- Trospiumchlorid (Spasmo-Urgenin® Neo)
- ist ein nicht anticholinerger, krampflösender Wirkstoff.
- hemmt die Ausschüttung von Acetylcholin aus den Nervenendigungen und hemmt so die Kontraktion der Blasenwandmuskulatur. Es wird parenteral verabreicht und hat eine lange Wirkdauer. Eine mögliche unerwünschte Wirkung stellt die Restharnbildung dar, welche eine Katheterisierung erfordern kann. Die Behandlung ist von den Behörden bisher nicht offiziell zugelassen und erfolgt im Off-Label-Use auf Verantwortung des Arztes.
- werden zur Behandlung bei postmenopausalen Frauen eingesetzt und sind dafür gut geeignet. Verwendet werden in der Regel topische Arzneimittel wie Ovula oder Cremen. Auch eine orale Anwendung ist in der Literatur beschrieben.
- wie Mirabegron (Betmiga®) entspannen die Blasenwandmuskulatur und erhöhen so die Blasenkapazität. Mirabegron wird einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Das Medikament kann den Blutdruck erhöhen.
- Als pflanzliches Mittel wird ein Extrakt aus Kürbissamen mit Kürbissamenöl (Granufink®) eingesetzt. Ein Vorteil der Phytotherapie ist die bessere Verträglichkeit. In der Regel treten weniger unerwünschte Wirkungen auf.
Prostatavergrösserung, Harninkontinenz
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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