Schwarze Haarzunge IndikationenDie schwarze Haarzunge (Lingua villosa nigra) äussert sich in einem pelzartigen Belag, der durch eine Verlängerung der Fadenpapillen auf dem mittleren und hinteren Anteil der Zunge entsteht. Diese „Haare“ werden durch Mikroorganismen, Lebens- und Genussmittel grün, braun oder schwarz gefärbt. Zwar sind viele Risikofaktoren bekannt, aber die genaue Ursache bleibt bisher ungeklärt. Zur Behandlung gilt die regelmässige Reinigung mit einer weichen Zahnbürste als Mittel der ersten Wahl.
synonym: Lingua villosa nigra, Lingue villosa, Schwarze Zunge, Grüne Haarzunge, Haarzunge, Lingua nigra pilosa, Melanoglossie, Glossotrichie, Nigrities linguae
SymptomeBei der schwarzen Haarzunge tritt auf dem mittleren und hinteren Anteil der Zunge ein gefärbter, haariger Belag auf. Die Verfärbungen können schwarz, grau, grün, braun und gelb sein. Juckreiz, Zungenbrennen, Mundgeruch, Geschmacksveränderungen, metallischer Geschmack, Übelkeit und Appetitmangel sind weitere mögliche Beschwerden. Beim Schlucken können die „Haare“ ein kitzelndes Gefühl oder Brechreiz auslösen. Die Haarzunge kann von selbst wieder verschwinden oder über lange Zeit bestehen bleiben.
UrsachenEs handelt sich um eine gutartige, hyperkeratotische Verlängerung der filiformen Papillen (Fadenpapillen) auf der Zunge, die von etwa 1 mm auf bis zu maximal 1.8 cm (!) anwachsen und den pelzartigen Belag bilden. Gefärbt werden die Papillen einerseits von pigmentbildenden Bakterien und teilweise durch sekundäre Infektionen mit Candida albicans, andererseits auch von den eingenommenen Lebens- und Genussmitteln oder Medikamenten. Ein starkes Zungenbrennen tritt häufig bei einer Superinfektion mit Candida albicans auf.
Zwar sind viele mögliche Risikofaktoren bekannt (siehe unten), aber die genaue Ursache ist noch nicht aufgeklärt worden. Vermutet wird eine Veränderung der lokalen Umgebung in der Mundhöhle (Flora, pH, Zungenbewegungen). Diese wird zum Beispiel von Antibiotika ausgelöst. Von Bedeutung scheint auch eine schlechte Mundhygiene und ein vermindertes Abschaben der Zunge an den Zähnen, am Gaumen und an Lebensmitteln zu sein, z.B. bei der Einnahme von Flüssignahrung.
KomplikationenEs handelt sich um eine gutartige Veränderung der Zungenoberfläche und in erster Linie um ein ästhetisches Problem. Obwohl sie vielfach als harmlos bezeichnet wird, kann sie für die Patienten eine Belastung darstellen.
Risikofaktoren und AuslöserZu den möglichen Faktoren gehören:
- Starker Konsum von Genussmitteln wie Zigaretten, Tee, Kaffee und Alkohol
- Bakterien, Pilze
- Medikamente: Antibiotika (z.B. Linezolid, Tetrazykline, Doxycyclin, Erythromycin), Antimykotika, Glucocorticoide, Antazida, Psychopharmaka, Phenothiazine, Olanzapin, Medikamente, die Mundtrockenheit auslösen
- Strahlenbehandlung
- Drogenabhängigkeit
- Reizende Substanzen, z.B. starke Mundwasser, Mundspülungen (z.B. Wasserstoffperoxid), Lutschtabletten
- Nahrungsmittel, z.B. Sonnenblumenkerne
- Mangel an Vitamin B, Niacin
- Immunsuppression, HIV
- Dehydratation, Mundtrockenheit
- Trigeminusneuralgie
- Männliches Geschlecht
- Alter
Die Diagnose soll in ärztlicher Behandlung gestellt werden. Das wichtigste Kriterium ist die Verlängerung der Papillen über 3 mm. Denn die Zunge kann auch nur vorübergehend ohne Papillenverlängerung gefärbt sein, zum Beispiel bei der Einnahme von Bismuthsalzen, Heidelbeeren und anderen Früchten, Rotweinen oder bei der Anwendung von Mundspülungen.
Andere Erkrankungen wie eine Haarleukoplakie, Acanthosis nigricans, eine Candidamykose oder eine Pigmentierung der fungiformen Papillen können ein ähnliches Bild hervorrufen. Wichtig ist die detaillierte Befragung des Patienten nach den Risikofaktoren, damit diese eliminiert werden können.
Nicht medikamentöse BehandlungAls Massnahme der ersten Wahl gilt die regelmässige Reinigung des Belags mit einer weichen Zahnbürste oder einem Zungenreiniger und eine gute Mundhygiene mit einer milden Zahnpasta. Dies beseitigt Verunreinigungen und die Papillen und verhindert die erneute Entstehung. Allerdings muss beachtet werden, dass starke Mundspülungen abgesetzt werden, da sie die Beschwerden fördern oder auslösen können.
Die Risikofaktoren sollen nach Möglichkeit eliminiert werden. So verschwindet die Verfärbung zum Beispiel nach dem Absetzen oder bei einer Dosisreduktion auslösender Medikamente.
Bei bestehender Mundtrockenheit soll auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.
Die chirurgische Entfernung unter Lokalanästhesie ist nicht das Mittel der ersten Wahl, kann aber bei einem schweren oder langen Verlauf angezeigt sein.
Medikamentöse BehandlungMedikamente sind Mittel der zweiten Wahl. Da es sich um eine Verhornungsstörung handelt, können Keratolytika wie Trichloressigsäure, Salicylsäure oder Harnstoff – in entsprechender Verdünnung! – lokal angewendet werden. Sie sollen ärztlich verordnet werden. Auch lokales Vitamin C, Tretinoin und das bleichende und desinfizierende Wasserstoffperoxid werden in der Literatur als Optionen genannt. Wasserstoffperoxid in Mundspülungen kann jedoch auch eine schwarze Haarzunge verursachen und muss entsprechend verdünnt werden.
Äusserliche oder innerliche Antimykotika werden nur verwendet, falls eine sekundäre Pilzbesiedelung mit Candida albicans vorliegt. Mundspülungen sollen zur Behandlung nur mit Vorsicht eingesetzt werden (Risikofaktor, siehe oben).
Systemisches Isotretinoin kann zur Behandlung schwerer Fälle in Betracht gezogen werden. Die zahlreichen Vorsichtsmassnahmen müssen beachtet werden. Die Behandlung kann unzählige Nebenwirkungen verursachen.
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