Landkartenzunge IndikationenDie Landkartenzunge (Lingua geographica) ist eine gutartige, entzündliche Veränderung der Zungenoberfläche. Sie äussert sich in roten Stellen auf der Zunge, die von einem weisslichen Saum umgeben sind und sich andauernd verändern. Ein typisches Symptom ist das Zungenbrennen und eine Empfindlichkeit auf bestimmte Nahrungsmittel. Wenn diese Nahrungsmittel gemieden oder mit Mass genossen werden, lässt sich die Symptomatik deutlich verbessern. Medikamente werden in der Regel nicht eingenommen. Therapieversuche sind möglich, zum Beispiel mit Gerbstoffen oder Antihistaminika. Deren Wirksamkeit ist aber ungenügend dokumentiert und sie helfen nur gegen die Symptome.
synonym: Lingua geographica
SymptomeDie Landkartenzunge ist eine gutartige, entzündliche Veränderung der Zungenoberfläche, bei welcher auf und an der Zunge runde bis ovale, ulzeröse, gerötete Inseln (Exfoliationen) mit weissem Randsaum auftreten. Im Zentrum sind die Pilzpapillen (Papillae fungiformes) als vergrösserte rote Punkte erkennbar, die filiformen Papillen gehen verloren und werden im Randbereich stärker verhornt. Die Lokalisation, Grösse und Gestalt der Läsionen verändert fortwährend.
Die Landkartenzunge kann symptomlos sein – bis auf die Flecken auf der Zunge treten keine Beschwerden auf. Häufig kommen ein brennendes Gefühl oder brennende Schmerzen vor, denn die Läsionen bewirken eine erhöhte Empfindlichkeit auf bestimmte Stoffe, wie zum Beispiel scharfe, heisse und saure Nahrungsmittel. Eine Landkartenzunge tritt häufig in Kombination mit der Faltenzunge auf, einer ein- oder mehrfachen Furchung der Zunge. Wahrscheinlich sind dieselben Gene an der Entstehung beteiligt. Die Faltenzunge selbst ist in der Regel gutartig, kann aber auch zu einem Zungenbrennen führen.
Der Verlauf ist chronisch mit Phasen der Besserung und Verschlechterung. Die Läsionen können immer vorhanden sein oder zeitweise ganz und ohne Narbenbildung verschwinden.
UrsachenZur Entstehung gibt es zahlreiche Hypothesen, die eigentliche Ursache ist aber nach wie vor nicht bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine vererbte Zungenveränderung. Demnach wäre die Landkartenzunge keine Erkrankung, sondern eine normale Zungenvariante und nicht behandelbar.
Die Landkartenzunge ist nicht infektiös, d.h. es gibt zum Beispiel beim Kontakt mit Speichel oder beim Küssen keine Übertragung. Sicher ist, dass beim Verlauf Nahrungsmittel eine wichtige Rolle spielen, besonders scharfe, saure und histaminreiche (siehe unten).
RisikofaktorenDie Vererbung spielt eine zentrale Rolle. Häufig sind Familienangehörige, also die Eltern, die Kinder oder die Geschwister, ebenfalls betroffen. Psychosomatische Faktoren scheinen den Verlauf negativ zu beeinflussen. Die Beschwerden verschlimmern bei emotionalem Stress. In einigen Untersuchungen wurde gefunden, dass die Landkartenzunge in jungem Alter gehäuft vorkommt und im Alter bessern kann, vermutlich deshalb, weil sich die Zungenoberfläche mit zunehmendem Alter verdickt.
Weitere Risikofaktoren wurden in einigen Studien gefunden, konnten aber in anderen nicht bestätigt werden. In der Literatur sind Fälle beschrieben, in denen die Landkartenzunge nach einiger Zeit wieder verschwand. So trat zum Beispiel bei einer Frau die Zunge nur während der Schwangerschaften auf und verschwand nach der Entbindung wieder. Die Schwangerschaft und orale Kontrazeptiva scheinen Risikofaktoren darzustellen.
DiagnoseDie Diagnose sollte idealerweise von einem Hautarzt oder einer Hautärztin gestellt werden. Dabei müssen ähnliche Krankheitsbilder wie zum Beispiel eine Candidamykose (Mundsoor), eine Leukoplakie, Faltenzunge, Psoriasis, Reiter-Syndrom, Lichen planus, Lupus erythematosus, Herpes simplex, Mundfäule, Blutarmut, lokale Traumen, eine schwarze Haarzunge, ein Eisenmangel, Folsäuremangel und ein Vitamin-B12-Mangel ausgeschlossen werden.
KomplikationenWichtig ist eine gute Aufklärung der Betroffenen, die durch die Erkrankung stark verunsichert sein können. Es handelt sich um eine gutartige Veränderung resp. Variante der Zungenoberfläche, die nicht ansteckend ist. Die Landkartenzunge ist in erster Linie ein ästhetisches und psychosoziales Problem. Sie wird zwar in den meisten Publikationen und auch von Gesundheitsfachleuten als gutartig und harmlos bezeichnet. Sie kann aber die Betroffenen in ihrer Lebensqualität beeinträchtigen, weil sie sich für ihre Zunge schämen, das Zungenbrennen störend und schmerzhaft ist und im privaten oder im gesellschaftlichen Rahmen auf einige Nahrungsmittel verzichtet werden muss.
Weitere mögliche Komplikationen sind eine schlechte Mundhygiene, Karies und eine Zahnfleischentzündung (weil scharfe Mundhygieneartikel das Zungenbrennen verstärken) sowie ein Gewichtsverlust aufgrund der Diät.
Nicht medikamentöse BehandlungDas Zungenbrennen und die Läsionen werden vor allem von scharfen und sauren Nahrungsmitteln oder Stoffen ausgelöst oder verstärkt. Durch das Vermeiden dieser Auslöser lässt sich das Zungenbrennen deutlich reduzieren und die Symptomatik verbessern. Zu den stärksten Auslösern gehören:
- Nüsse - lösen auch Aphthen aus
- Reifer Käse, Parmesan, Feta (!)
- Rotein
- Alkoholische Getränke
- Wurst
- Scharfe Gewürze
- Knoblauch
- Säuren, z.B. Zitrone, Orangensaft, zahlreiche Früchte
- Essig in Salatsaucen
- Ananas
- Frische Zwiebeln
- Tomaten
- Cayennepfeffer, Ingwer
- Scharfe Zahnpasten oder Mundspülungen, wöchentlich angewandte Fluorid-Zahngele
Davon sind viele histaminreiche Nahrungsmittel (siehe dort). Beim Fasten kann es bereits innert weniger Tage zu einer Verbesserung der Symptome kommen, weil keine Reizung durch Nahrung mehr stattfindet. Ein vollständiger Verzicht auf die genannten Lebensmittel ist aber in der Regel nicht notwendig. Eine gute regelmässige Mundhygiene mit einer milden Zahnpasta wirkt sich ebenfalls günstig aus.
Besonders nach dem Kontakt mit reizenden Stoffen sollte der Mundraum rasch mit Wasser gespült werden und evtl. die Zähne geputzt werden. Scharfe Zahnpasten und Mundspülungen sollen unbedingt gemieden werden. Da sich Stress negativ äussert, können Entspannungstechniken helfen, Stress soll vermieden und abgebaut werden. Medikamentös kann er ebenfalls behandelt werden.
Medikamentöse BehandlungIn der Regel wird keine medikamentöse Therapie verschrieben. Folgende Arzneimittel können ausprobiert werden. Einige sind jedoch nicht für diese Indikation zugelassen und müssen von einem Arzt oder einer Ärztin verordnet werden.
- Gerbstoffe haben eine zusammenziehende (gerbende, eiweissfällende) und reizlindernde Wirkung und sind in zahlreichen Heilpflanzen enthalten, zum Beispiel im Schwarztee (10 Minuten ziehen lassen) oder in Ratanhia. Sie können als Tee zubereitet und mehrmals täglich langsam getrunken werden. Auch eine Mundspülung ist möglich. Schwarztee enthält Coffein und sollte nach individueller Verträglichkeit dosiert werden.
- Schleimstoffe sind ebenfalls in zahlreichen Heilpflanzen enthalten, zum Beispiel in Malvenblättern, Eibischwurzeln oder Lindenblüten. Sie können ebenfalls als Tee zubereitet und mehrmals täglich getrunken werden.
- Antihistaminika sollen gemäss einigen Fachartikeln lokal oder innerlich angewendet wirksam sein. Ob das zutrifft, ist unklar. Bei einer lokalen Anwendung als Mundspülung muss auch mit systemischen unerwünschten Wirkungen wie zum Beispiel Müdigkeit gerechnet werden. Auf dem Markt sind zum Beispiel Lösungen oder Lutschtabletten erhältlich (wieder ausspucken oder schlucken). Wechselwirkungen und Gegenanzeigen müssen beachtet werden.
Entzündungshemmende Mittel:
- Da eine entzündliche Reaktion zugrunde liegt, sollten entzündungshemmende Mittel theoretisch die Beschwerden bessern können. In der Literatur wird die Anwendung lokaler Glucocorticoide erwähnt.
- Probiotika-Lutschtabletten versorgen die Schleimhaut der Mundhöhle mit „guten“ Bakterien, welche sich ansiedeln und sich vermehren. Die Behandlung gilt als gut verträglich.
Weitere reizlindernde Medikamente können ausprobiert werden. Falls die Landkartenzunge sekundär aufgrund einer Krankheit auftritt, kann die Behandlung der zugrundeliegenden Krankheit auch die Landkartenzunge bessern.
siehe auchFaltenzunge, Histaminreiche Nahrungsmittel, Histaminintoleranz, Gerbstoffe, Schleimstoffe, Lebensmittelintoleranz
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- Bildnachweis: Aus Jainkittivong et al., 2005
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