Polypharmazie PharmaWikiDefinition und Diskussion
Polypharmazie bedeutet, dass eine Patientin oder ein Patient mit vielen Arzneimitteln gleichzeitig behandelt wird. Besonders häufig ist sie im Alter, bei Heimbewohnern und bei Personen mit chronischen und mehreren Krankheiten (Multimorbidität). Zur Anzahl Medikamente liegen verschiedene Zahlen vor. Meistens werden fünf oder mehr genannt.
Mit der Polypharmazie werden Krankheiten behandelt und Symptome gelindert. Allerdings stellt sie auch ein Risiko für Arzneimittel-Wechselwirkungen, für unerwünschte Wirkungen, für eine falsche Anwendung, eine unzureichende Therapietreue, Krankenhausaufenthalte, Stürze und für eine Überdosierung dar.
Ein Problem ist, dass Medikamente unerwünschte Wirkungen verursachen, welche mit anderen Medikamenten behandelt werden. Treten also Verdauungsbeschwerden auf, werden sie beispielsweise mit Pantoprazol, Domperidon oder Loperamid therapiert, die wiederum Nebenwirkungen auslösen und anfällig für Wechselwirkungen sind.
Ferner steigt das Risiko für eine Abhängigkeit, insbesondere bei der Verabreichung von Psychopharmaka und Schmerzmitteln.
Deshalb soll von den Medizinalpersonen im Gespräch mit den Patientinnen und Patienten regelmässig überprüft werden, ob die Verabreichung noch erforderlich ist. Das Mittel der Wahl ist eine Medikationsanalyse. Im Englischen wird von „Deprescribing“ gesprochen. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass Medikamente nicht abgesetzt werden, welche die Betroffenen noch benötigen. Denn eine Polypharmazie kann durchaus gerechtfertigt sein.
Für die Vorbeugung soll bei jedem neuen Medikament gründlich evaluiert werden, ob es wirklich notwendig ist. Nicht medikamentöse Massnahmen sollen verstärkt genutzt werden.
Der Begriff ist unglücklich gewählt, wird aber häufig verwendet. Besser wäre beispielsweise „Polypharmakotherapie“. Die Pharmazie ist eine naturwissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Arzneimitteln beschäftigt. Pharmacy oder Pharmacie steht auch für Apotheken.
siehe auchMedikationsanalyse, Einflussfaktoren
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