Scopolaminbutylbromid Arzneimittelgruppen Parasympatholytika Scopolaminbutylbromid ist ein krampflösender Wirkstoff aus der Gruppe der Parasympatholytika. Es wird zur Behandlung von Krämpfen und Bewegungsstörungen des Verdauungstrakts, der Gallen- oder Harnwege angewendet. Da es ein polares Molekül ist, wird es als Tablette verabreicht kaum in den Blutkreislauf aufgenommen und wirkt hauptsächlich lokal im Darm. Deshalb sind systemische und zentrale anticholinerge unerwünschte Wirkungen selten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Verdauungsbeschwerden.
synonym: Butylscopolaminiumbromid, Scopolamini butylbromidum PhEur, Hyoscini butylbromidum PhEur, Hyoscinbutylbromid, Butylscopolamin
ProdukteScopolaminbutylbromid ist in Form von Dragees, Suppositorien und als Injektionslösung weltweit erhältlich. Es ist in Deutschland und in der Schweiz bereits seit dem Jahr 1952 im Handel (Buscopan®).
In einigen Ländern wird zusätzlich eine Fixkombination mit dem schmerzlindernden Paracetamol verkauft (Buscopan plus®).
Struktur und EigenschaftenScopolaminbutylbromid oder N-Butylscopolamin (C17H22BrNO4 · 3H2O, Mr = 438.3 g/mol) liegt als weisses Pulver oder in Form farbloser Kristalle vor. Es ist in Wasser leicht löslich. Scopolaminbutylbromid ist ein N-Butylderivat von Scopolamin, einem Tropanalkaloid, das natürlicherweise in Nachtschattengewächsen, wie zum Beispiel dem Stechapfel, vorkommt.
WirkungenScopolaminbutylbromid (ATC A03BB01 ) ist anticholinerg und krampflösend auf die glatte Muskulatur des Verdauungstrakt, des Urogenitaltrakts und der Gallenwege. Es bindet mit hoher Affinität an muscarinische Rezeptoren und blockiert die Effekte von Acetylcholin und des Parasympathikus (Muskarinrezeptor-Antagonist). Scopolaminbutylbromid ist im Unterschied zu Scopolamin eine quaternäre Stickstoffverbindung, was sich in veränderten pharmakokinetischen Eigenschaften ausdrückt.
Aufgrund der positiven Ladung wird Scopolaminbutylbromid schlecht absorbiert, hat eine tiefe Bioverfügbarkeit und gelangt nicht ins Gehirn. Dadurch ist das Risiko für systemische und zentrale anticholinerge Nebenwirkungen gering. Dies gilt allerdings nur für die orale und rektale Verabreichung und nicht für die parenterale Verabreichung.
Wirkmechanismus der Parasympatholytika am Muskarin-Rezeptor, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
IndikationenKrämpfe und Motilitätsstörungen des Verdauungstrakts, der Gallen- und Harnwege, der glatten Muskulatur, Menstruationsbeschwerden.
Als Injektionslösung auch in der Diagnostik (z.B. Röntgen, Endoskopien) und bei Krämpfen der Weichteile während der Geburt.
Scopolaminbutylbromid wird Off-Label für weitere Anwendungsgebiete eingesetzt (siehe dazu Tytgat, 2007, 2008).
DosierungGemäss der Packungsbeilage. Die übliche orale Einzeldosis für Erwachsene und Schulkinder liegt bei 10 bis 20 mg, die maximale Tagesdosis bei 100 mg.
MissbrauchDa bei einer Überdosierung verstärkt anticholinerge Effekte auftreten, kann Scopolaminbutylbromid wie einige Nachtschattengewächse als Rauschmittel und Halluzinogen missbraucht werden. Dazu werden die Arzneimittel manipuliert, zum Beispiel erhitzt und gemörsert.
KontraindikationenScopolaminbutylbromid ist bei Überempfindlichkeit, Myasthenia gravis und Megakolon kontraindiziert. Es soll bei einem Engwinkelglaukom, bei Verengungen des Darms und der ableitenden Harnwege, gutartiger Prostatavergrösserung mit Harnretention, bei Herzrhythmusstörungen und schnellem Herzschlag (Tachykardie) mit Vorsicht und bei parenteraler Verabreichung nicht angewandt werden. Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenDa Scopolaminbutylbromid anticholinerg ist, kann es die unerwünschten Wirkungen anderer anticholinerger Wirkstoffe wie zum Beispiel Antidepressiva, Neuroleptika oder Antihistaminika verstärken. Metoclopramid kann die Effekte von Scopolaminbutylbromid abschwächen. Interaktionen sind ferner mit Beta-Agonisten und Digoxin möglich.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigen möglichen unerwünschten Wirkungen bei oraler oder rektaler Verabreichung gehören lokale Nebenwirkungen im Verdauungstrakt wie Mundtrockenheit, Verstopfung, Durchfall, sowie Harnverhaltung und ein schneller Puls (Tachykardie).
Obwohl systemische und zentrale anticholinerge Nebenwirkungen selten vorkommen sollen, müssen sie bei der Abklärung der Patienten in Betracht gezogen werden. Bei einer Injektion treten mehr unerwünschte Wirkungen auf, da die Substanz direkt in den Blutkreislauf gelangt. Die Blut-Hirn-Schranke wird aber ebenfalls nicht überquert.
siehe auchLiteratur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA)
- Burger A., Wachter H. (Hrsg.) Hunnius. Pharmazeutisches Wörterbuch. Berlin, New York: de Gruyter, 1998
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Mackway-Jones K., Teece S. Towards evidence based emergency medicine: best BETs from the Manchester Royal Infirmary. Buscopan (hyoscine butylbromide) in abdominal colic. Emerg Med J, 2003, 20(3), 267 Pubmed
- Mertz H. How effective are oral hyoscine butylbromide and paracetamol for the relief of crampy abdominal pain? Nat Clin Pract Gastroenterol Hepatol, 2007, 4(1), 10-1 Pubmed
- Mueller-Lissner S. et al. Placebo- and paracetamol-controlled study on the efficacy and tolerability of hyoscine butylbromide in the treatment of patients with recurrent crampy abdominal pain. Aliment Pharmacol Ther, 2006, 23(12), 1741-8 Pubmed
- Reynolds J. (Hrsg.) Martindale. The Extra Pharmacopoeia. London: The Pharmaceutical Press, 1989
- Tytgat G.N. Hyoscine butylbromide: a review of its use in the treatment of abdominal cramping and pain. Drugs, 2007, 67(9), 1343-57 Pubmed
- Tytgat G.N. Hyoscine butylbromide - a review on its parenteral use in acute abdominal spasm and as an aid in abdominal diagnostic and therapeutic procedures. Curr Med Res Opin, 2008, Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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