Fampridin Arzneimittelgruppen Kaliumkanalblocker AminopyridineFampridin ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Kaliumkanalblocker, der zur Verbesserung der Gehfähigkeit von erwachsenen Patienten mit multipler Sklerose und einer Gehbehinderung zugelassen ist. Die Effekte beruhen auf der Blockade von Kaliumkanälen in demyelinisierten Nervenzellen. Die Tabletten werden morgens und abends im Abstand von 12 Stunden nüchtern eingenommen. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Harnwegsinfekte. Fampridin soll nicht mit OCT2-Hemmern kombiniert werden.
synonym: Fampridinum, 4-Aminopyridin, Dalfampridin, 4-AP
ProdukteFampridin wurde in den USA im Jahr 2010, in der EU im Jahr 2011 (2017) und in der Schweiz im Jahr 2019 in Form von Retardtabletten zugelassen (Fampyra®). In den USA wird es als Dalfampridin bezeichnet (Ampyra®).
Struktur und EigenschaftenFampridin (C5H6N2, Mr = 94.1 g/mol) ist ein Pyridin, das an Position 4 eine Aminogruppe trägt (4-Aminopyridin). Es liegt als feines weisses Pulver vor, das in Wasser löslich ist. Fampridin hat einen pKa von 9.1 und liegt bei physiologischem pH vorwiegend protoniert vor.
WirkungenDie Effekte von Fampridin (ATC N07XX07 ) werden in erster Linie der Blockade spannungsabhängiger Kaliumkanäle zugeschrieben. Indem es in demyelinisierten Axonen den nach aussen gerichteten Kaliumstrom durch die Kanäle reduziert, verlängert es die Repolarisation und verstärkt das Aktionspotential. Dadurch wird die Funktion der Axone verbessert und es werden mehr Impulse im Nervensystem übertragen. Darüber hinaus werden weitere Wirkmechanismen diskutiert, insbesondere eine verstärkte Freisetzung von Neurotransmittern wie Acetylcholin.
Wirkmechanismus von Fampridin, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Fampridin führt nicht zu einer Verlängerung des QT-Intervalls. Die Halbwertszeit beträgt etwa 6 Stunden.
Im Unterschied zu den meisten anderen MS-Medikamenten ist Fampridin vor allem gegen die Symptome und nicht auf der Ebene des Immunsystems wirksam.
IndikationenZur Verbesserung der Gehfähigkeit von erwachsenen Patienten mit multipler Sklerose mit Gehbehinderung.
DosierungGemäss der Arzneimittel-Fachinformation. Die Tabletten werden zweimal täglich, d.h. morgens und abends im Abstand von 12 Stunden und nüchtern eingenommen.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit.
- Gleichzeitige Behandlung mit anderen Arzneimitteln, die Fampridin enthalten.
- Krampfanfälle in der Patientengeschichte oder gegenwärtige Krampfanfälle. Der Grund liegt darin, dass Fampridin das Risiko für die Anfälle erhöht.
- Nierenfunktionsstörungen.
- Gleichzeitige Behandlung mit OCT2-Inhibitoren, wie z.B. Cimetidin.
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenFampridin ist ein organisches Kation und wird über die Niere ausgeschieden. Es wird zu einem relevanten Anteil aktiv über den organischen Kationentransporter OCT2 sekretiert. OCT2-Inhibitoren oder -Substrate wie Cimetidin, Carvedilol, Propranolol und Metformin können die Ausscheidung von Fampridin hemmen und das Risiko für unerwünschte Wirkungen erhöhen.
Unerwünschte WirkungenAm häufigsten wurden in klinischen Studien Harnwegsinfekte beobachtet. Weitere häufig auftretende unerwünschte Wirkungen sind:
- Infektionskrankheiten
- Schlaflosigkeit, Angst
- Schwindel, Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Parästhesien, Tremor
- Herzklopfen
- Atemstörungen, Rachen- und Kehlkopfschmerzen
- Gastrointestinale Störungen
- Rückenschmerzen
- Schwäche
Multiple Sklerose, Amifampridin
Literatur- Albrecht P. et al. Prolonged-release fampridine in multiple sclerosis: clinical data and real-world experience. Report of an expert meeting. Ther Adv Neurol Disord, 2018, 11 Pubmed
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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