Opioide und Verstopfung Indikationen VerstopfungEine Verstopfung ist eine häufige unerwünschte Wirkung von Opioiden, die auch im Laufe der Behandlung meist nicht verschwindet. Die Ursache liegt in der Bindung der Medikamente an μ-Rezeptoren im Darm, was zu einer Verminderung der Darmbewegungen und einer verstärkten Absorption von Wasser führt. Behandelt wird diese unerwünschte Wirkung mit nicht-medikamentösen Massnahmen, Abführmitteln, Prokinetika, Opioid-Antagonisten oder einem Wechsel des Wirkstoffs.
synonym: Opioidinduzierte Obstipation, Opioidbedingte Verstopfung
SymptomeEine medikamentöse Therapie mit Opioiden gegen Schmerzen, Husten oder Durchfall führt häufig zu einer Verstopfung als unerwünschte Wirkung. Zu den Auslösern gehören zum Beispiel Morphin, Codein, Oxycodon, Tramadol, Fentanyl oder Buprenorphin. Die Verstopfung schränkt die Lebensqualität ein und kann zu Begleitsymptomen und Komplikationen wie Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Bauchkrämpfen, Hämorrhoiden und einem Darmverschluss führen. Eine mögliche Folge ist ein Therapieabbruch, eine ungenügende Schmerzlinderung und ein Abführmittelmissbrauch.
UrsachenDie Ursache liegt in der Bindung der Opioide an periphere μ-Rezeptoren im Darm, wodurch die Freisetzung von Acetylcholin vermindert wird. Es resultiert eine Hemmung der Bewegungen der Längs- und Ringmuskulatur und eine verstärkte Absorption von Flüssigkeit im Darm. Der Mechanismus ist bei allen Opioiden identisch.
Klinische Untersuchungen deuten darauf hin, dass es zwischen den einzelnen Substanzen Unterschiede bezüglich des Ausmasses der Obstipation gibt. Hingegen spielt der Applikationsweg eine untergeordnete Rolle, denn auch transdermal, parenteral oder sublingual verabreichte Opioide lösen eine Verstopfung aus.
DiagnoseEine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Darmtätigkeit und muss bei der Behandlung berücksichtigt werden, zum Beispiel andere Medikamente, eine Bettlägerigkeit oder Elektrolytstörungen (siehe auch im Artikel Verstopfung). Ein Zusammenhang zwischen der Verstopfung und der Opioidtherapie ist zwar wahrscheinlich, aber nicht hinreichend, da Verstopfung eine häufig auftretende Störung ist.
Nicht medikamentöse BehandlungAlle Faktoren, welche die Darmtätigkeit negativ beeinflussen, wie zum Beispiel andere Medikamente, müssen berücksichtigt werden. Auch ausreichend Bewegung und eine angepasste Ernährung kann sich positiv auswirken (Ballaststoffe, faserreiche Kost, getrocknete Feigen, Pflaumen und Datteln, abführende Fruchtsäfte, viel trinken).
Medikamentöse BehandlungAbführmittel (Auswahl):
- Macrogole: Macrogol 4000, Macrogol 3350
- Zucker und Zuckeralkohole, z.B. Lactulose, Sorbitol
- Isoosmotische Laxantien
- weitere
Prokinetika fördern die Darmtätigkeit
Opioid-Antagonisten heben die Wirkungen der Opioide lokal im Darm auf:
- Methylnaltrexon (Relistor®) wurde in der Schweiz 2009 für die Behandlung einer Opioid-verursachten Verstopfung bei schwer kranken Erwachsenen zugelassen, die eine palliative Behandlung erhalten, wenn die üblichen Abführmittel keine ausreichende Wirkung zeigen.
- Die Fixkombination Oxycodon und Naloxon wurde in der Schweiz Ende 2009 zugelassen. Naloxon soll der opioidbedingten Verstopfung entgegenwirken.
- Alvimopan (USA: Entereg®)
- Naloxegol (Moventig®) wurde im Jahr 2015 zugelassen. Es ist ein pegyliertes Derivat von Naloxon, das nur peripher und nicht zentral wirksam ist.
Umstellung des Medikaments: Klinische Studien deuten auf ein unterschiedliches Ausmass der Obstipation zwischen den einzelnen Substanzen hin. Im Vergleich schlechter verträglich sind Morphin, Codein und Oxycodon. Besser verträglich scheinen transdermales Fentanyl, Tramadol, Methadon und sublinguales Buprenorphin. Bei zu einer starken Belastung oder Komplikationen muss das Medikament abgesetzt werden. Eine Dosisreduktion hilft in der Regel nicht.
WissenswertesDie stopfende Eigenschaft der Opioide wird therapeutisch gegen Durchfall genutzt. Opioide werden als Antidiarrhoica verwendet, z.B. Loperamid oder Opiumtinktur.
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Fachliteratur
- Schwarzer A. et al. Stark wirksame Opioidanalgetika und Obstipation. Schmerz, 2005, 19, 214-219 Pubmed
- Holzer P. New approaches to the treatment of opioid-induced constipation. Eur Rev Med Pharmacol Sci, 2008, Suppl 1, 119-27 Pubmed
- Schmid A.U. Methylnaltrexon: neuer Wirkstoff. pharmaJournal, 2008, 22, 4-5
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.