Levonorgestrel Arzneimittelgruppen Pille danachLevonorgestrel ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Gestagene, der zur Notfallverhütung innerhalb von 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingesetzt wird. Die „Pille danach“ ist auch in Apotheken ohne ärztliche Verordnung erhältlich. Die Abgabe erfolgt nach einem vertraulichen Beratungsgespräch. Unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit, Kopf- und Unterbauchschmerzen treten zwar häufig auf, sind aber vorübergehend. Das Arzneimittel darf nicht regelmässig, sondern ausschliesslich im Notfall angewandt werden.
synonym: Levonorgestrelum PhEur
ProdukteLevonorgestrel ist als sogenannte → Pille danach in Form von Tabletten im Handel (z.B. NorLevo®, Generika). Es ist in ärztlicher Behandlung erhältlich. Seit dem Jahr 2002 darf es für die Notfallverhütung nach einer strukturierten Fachberatung und einer Abgabedokumentation auch in Apotheken verkauft werden.
Levonorgestrel ist auch in weiteren hormonellen Verhütungsmitteln enthalten. Dabei handelt es sich um Tabletten mit Ethinylestradiol (die „Pille“) und Intrauterinsysteme („Spirale“). Dieser Artikel bezieht sich auf die Notfallverhütung.
Struktur und EigenschaftenLevonorgestrel (C21H28O2, Mr = 312.5 g/mol) ist ein weisses bis fast weisses, kristallines Pulver, das in Wasser praktisch unlöslich ist. Es ist das D-Enantiomer von Norgestrel, ein Racemat aus D- und L-Norgestrel.
WirkungenLevonorgestrel (ATC G03AC03 ) hemmt oder verzögert den Eisprung. Es ist nicht mehr wirksam, wenn sich das Ei bereits eingenistet hat und führt nicht zu einer Abtreibung. Sollte trotz der Notfallkontrazeption eine Schwangerschaft eintreten oder bereits bestehen, stellt der Wirkstoff für das Kind keine Gefahr dar. Levonorgestrel kann die meisten, aber nicht alle ungewollten Schwangerschaften verhindern. Es ist weniger zuverlässig als die kontinuierliche Einnahme eines oralen Kontrazeptivums.
Levonorgestrel bietet bis zum Ende des Zyklus keinen weiteren Schutz. Deshalb soll eine Barrieremethode (z.B. Kondom) angewandt werden.
Wirkmechanismus der Gestagene, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
IndikationenFür die Notfallverhütung innerhalb von 72 Stunden (= 3 Tage) nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr oder einem erkennbaren Versagen mechanischer Methoden oder bei anderen Umständen.
DosierungGemäss der Fachinformation. Die Tablette wird als Einmaldosis vor dem Essen innerhalb von 72 Stunden (= 3 Tage) nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen. Vorzugsweise innert 12 Stunden und generell so bald wie möglich.
Die Wirksamkeit sinkt mit der Zeit schnell ab. Levonorgestrel kann zu jedem Zeitpunkt des Menstruationszyklus eingenommen werden.
Tritt innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme Erbrechen auf, wird der Wirkstoff nicht vollständig absorbiert. Deshalb soll unverzüglich eine weitere Tablette besorgt und eingenommen werden, eventuell in Kombination mit einem Antiemetikum.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit
- Schwere Leberfunktionsstörungen
- Schwangerschaft
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenAn der Biotransformation von Levonorgestrel ist CYP3A4 beteiligt. Deshalb kann der Abbau von CYP-Induktoren erhöht und die Wirksamkeit des Arzneimittels reduziert werden. Zu den CYP-Induktoren gehören zum Beispiel Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Carbamazepin, Rifabutin, Rifampicin, Griseofulvin, Ritonavir und Arzneimittel mit Johanniskraut. In diesem Fall ist die Anwendung einer Kupferspirale möglich.
Unerwünschte WirkungenDie unerwünschten Wirkungen sind mit Ausnahme der Blutungsstörungen vorübergehend, können aber bis zu zwei Tage anhalten, weil Levonorgestrel eine lange Halbwertszeit von 43 Stunden hat. Übelkeit, Schmerzen im Unterbauch, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel und Spannungsgefühl in der Brust treten sehr häufig auf. Auch Menstruationsstörungen wie Schmierblutungen, unregelmässige oder verstärkte Blutungen, sind sehr häufig. Die Menstruation kann früher oder später eintreten. Durchfall und Erbrechen sind häufig.
siehe auchUlipristalacetat, Pille danach, Norgestrel
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Bastianelli C., Farris M., Benaglio G. Emergency contraception: a review. Eur J Cotracept Reprod Health Care, 2008, 13, 1, 9- 16. Pubmed
- Camp S.L., Wilkerson D.S., Raine T.R. The benefits and risks of over-the-counter availability of levonorgestrel emergency contraception. Contraception, 2003, 68(5), 309-17 Pubmed
- Cheng L., Gülmezoglu A.M., Piaggio G., Ezcurra E., Van Look P.F. Interventions for emergency contraception. Cochrane Database Syst Rev, 2008, CD001324 Pubmed
- Croxatto H.B. et al. Mechanism of action of hormonal preparations used for emergency contraception: a review of the literature. Contraception, 2001, 63(3), 111-21 Pubmed
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Gemzell-Danielsson K., Marions L. Mechanisms of action of mifepristone and levonorgestrel when used for emergency contraception. Hum Reprod Update, 2004, 10(4), 341-8 Pubmed
- Hansen L.B., Saseen J.J., Teal S.B. Levonorgestrel-only dosing strategies for emergency contraception. Pharmacotherapy, 2007, 27(2), 278-84 Pubmed
- Harper C.C., Weiss D.C., Speidel J.J., Raine-Bennett T. Over-the-counter access to emergency contraception for teens. Contraception, 2008, 77(4), 230-3 Pubmed
- Novikova N., Weisberg E., Stanczyk F.Z., Croxatto H.B., Fraser I.S. Effectiveness of levonorgestrel emergency contraception given before or after ovulation--a pilot study. Contraception, 2007, 75(2), 112-8 Pubmed
- Scolaro K.L. Otc product: plan B emergency contraception. J Am Pharm Assoc (2003), 2007, Pubmed
- Task Force on Postovulatory Methods of Fertility Regulation. Randomised controlled trial of levonorgestrel versus the Yuzpe regimen of combined oral contraceptives for emergency contraception. Lancet, 1998, 352(9126), 428-33 Pubmed
- von Hertzen H., Piaggio G. Levonorgestrel and mifepristone in emergency contraception. Steroids, 2003, 68(10-13), 1107-13 Pubmed
- von Hertzen H. et al. Low dose mifepristone and two regimens of levonorgestrel for emergency contraception: a WHO multicentre randomised trial. Lancet, 2002, 360(9348), 1803-10 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.