Rotaviren Indikationen Magen-Darm-GrippeRotaviren sind RNA-Viren, die vor allem bei Kindern eine Magen-Darm-Grippe mit Fieber, Erbrechen und schwerem Durchfall verursachen. Die Erkrankung ist sehr häufig, kann über eine Woche anhalten und einen schweren Verlauf nehmen. Fast jedes Kind macht die Erkrankung einmal durch und wird dagegen immun. Die Viren werden häuptsächlich fäkal-oral übertragen und sind hochansteckend. Zur Behandlung wird die verlorene Flüssigkeit mit Tees, Elektrolytersatzlösungen oder Infusionen ersetzt. Zusätzlich können Mittel gegen Durchfall, Erbrechen und Fieber eingesetzt werden. Es steht eine Schluckimpfung zur Verfügung.
synonym: Rotavirus, Rotavirus-Gastroenteritis, Impfung gegen Rotaviren
SymptomeZu den möglichen Symptomen einer Rotavirus-Gastroenteritis gehören ein wässriger Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Fieber und ein Krankheitsgefühl. Blut im Stuhl ist selten. Die Verlauf ist unterschiedlich, die Erkrankung führt jedoch im Vergleich mit anderen Gastroenteritiden häufiger zu Komplikationen und Hospitalisationen.
Durch den Flüssigkeitsverlust kann es vor allem bei Kindern zu einer gefährlichen Dehydratation, Krämpfen und im schlimmsten Fall zum Tod kommen. Die Infektion gehört zu den häufigsten Ursachen für schwere Durchfälle bei Kindern und es wird geschätzt, dass weltweit jährlich bis zu 600'000 Kinder unter 5 Jahren daran sterben, vor allem in Entwicklungsländern.
Auch in der Schweiz sind Rotaviren die Haupterreger für hospitalisierungspflichtige Durchfälle bei Kleinkindern und führen jedes Jahr zu mehreren Tausend Infektionen. Todesfälle können jedoch aufgrund der guten medizinischen Versorgung praktisch ausgeschlossen werden. Im Vergleich mit Noroviren dauert die Erkrankung mit 3 bis 9 Tagen länger, kann also über eine Woche anhalten.
UrsachenRotaviren (lat. rota, das Rad) sind unbehüllte RNA-Viren aus der Familie der Reoviren (Reoviridae). Sie bestehen aus einem dreischichtigen Capsid mit zahlreichen Spikes, das 11 Abschnitte doppelsträngiger RNA (dsRNA) enthält und haben einen Durchmesser von ca. 70-100 nm.
Die Viren werden fäkal-oral, häufig als Schmierinfektion über Gegenstände (z.B. Spielzeug, Kleider) und Oberflächen oder direkt von Person zu Person übertragen. Eine Infektion ist auch durch die Inhalation von belasteten Aerosolen nach dem Erbrechen, über Wasser und Nahrungsmittel möglich. Rotaviren sind relativ widerstandsfähig und können auf Oberflächen während Tagen bis Wochen und an den Händen während einigen Stunden infektiös bleiben.
Die Erkrankung ist hochansteckend. Bereits 1 bis 10 Viren sollen ausreichen können. Sie vermehren sind in den Darmzellen (Enterozyten) des Dünndarms und werden in sehr grossen Mengen mit dem Stuhl ausgeschieden. Die ersten Symptome treten nach einer kurzen Inkubationszeit von 1 bis 3 Tagen auf. Die Erkrankungen sind während der kalten Jahreszeit häufiger. Eine Ansteckung führt zu einer Immunität. Die Zweitinfektion ist milder oder asymptomatisch.
DiagnoseEin Verdacht ist zwar bereits aufgrund der klinischen Symptome und der Übertragung möglich (Kinder, Fieber, schwerer Durchfall, Erbrechen, lange Dauer), aber eine akute Durchfallerkrankung kann auch von zahlreichen anderen Erregern und Ursachen ausgelöst werden (z.B. Noroviren, Bakterien, Lebensmittelvergiftung). Zur Erhärtung der Diagnose stehen labormedizinische Methoden zur Verfügung.
Vorbeugung und ImpfungZur Vorbeugung sind Hygienemassnahmen von zentraler Bedeutung: Häufiges und sorgfältiges Händewaschen, eine Händedesinfektion und eine Reinigung und Desinfektion der Oberflächen und Gegenstände kann dazu beitragen, die Ausbreitung zu verhindern. Eine Isolation der Erkrankten ist ebenfalls sinnvoll. So sollen beispielsweise Kinder keinesfalls in ein Tagesheim oder in den Kindergarten geschickt werden, damit ihre Gspänli nicht angesteckt werden.
In der Schweiz steht die Schluckimpfung Rotarix® zur Verfügung. Sie wurde bisher nicht in den Impfplan aufgenommen. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit und der eidgenössischen Kommission für Impffragen ist sie zwar gut wirksam und verträglich, aber teuer und weist für die öffentliche Gesundheit keinen sehr grossen Nutzen auf, weil eine Rotavirus-Gastroenteritis in der Schweiz gut behandelbar ist und keine Todesfälle und Langzeitkomplikationen auftreten (Stand 2010).
Nicht medikamentöse BehandlungIm Vordergrund steht der Flüssigkeits- und Elektrolytersatz und eine geeignete symptomatische Therapie, um eine Dehydratation zu verhindern. Falls es der Zustand der Patienten zulässt, können Bouillon, Tee und leichte Kost verabreicht werden. Das Stillen kann sich positiv auswirken.
Medikamentöse Behandlung- Die orale Rehydratationslösung enthält Traubenzucker, Salze und Wasser und wird zum Ersatz der verlorenen Flüssigkeit und Elektrolyte eingesetzt. Bei schwerem Verlauf werden Infusionen durch das Pflegepersonal verabreicht.
- wie Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac sind gegen Fieber und Schmerzen wirksam. Für Kinder stehen Zäpfchen, Sirupe oder Tropfen zur Verfügung. Die richtige Anwendung muss beachtet werden (u.a. Dosierungsintervall, Dosis nach Körpergewicht, maximale Tagesdosis).
- Für die Behandlung des Durchfalls stehen eine Reihe von Arzneimitteln zur Verfügung. Häufig werden die gut verträglichen Probiotika verabreicht. Zu den wirksamsten Antidiarrhoica gehört Loperamid, es ist aber bei Kindern unter 2 Jahren kontraindiziert. Alternativ können auch pflanzliche Mittel eingesetzt werden. Kohle ist ein altes Hausmittel.
- Prokinetika wie der wie Domperidon können gegen Übelkeit und Erbrechen eingesetzt werden. Domperidon hemmt den Brechreiz und fördert die Magenentleerung und ist für Kleinkinder ab 12 Monaten zugelassen. Es soll bei Kleinkindern nur mit Vorsicht angewandt werden, weil die Blut-Hirn-Schranke noch nicht vollständig ausgebildet ist und es zu neurologischen Störungen kommen kann.
- Antihistaminika wie Meclozin sind nicht motilitätsfördernd, können aber auch gegen Übelkeit wirksam sein. Meclozin ist auf ärztliche Verordnung ab 3 Monaten zugelassen, ein Problem stellen allerdings die möglichen unerwünschten Wirkungen von Antihistaminika bei Kindern dar.
- Zur Behandlung von Bauchkrämpfen kann zum Beispiel Scopolaminbutylbromid eingesetzt werden. Es ist erst ab 6 Jahren zugelassen. Pfefferminzöl oder Kamille sind zwei mögliche pflanzliche Alternativen.
- wie Mandelölsalben und Zinksalben werden zur Pflege des gereizten Gesässes eingesetzt.
- stehen noch keine zur Verfügung. Die Behandlung richtet sich bisher nach den Symptomen. Antibiotika sind nicht angezeigt, da es sich nicht um eine bakterielle Infektion handelt.
Magen-Darm-Grippe, Noroviren, Dehydratation, Lebensmittelvergiftung
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