Colchicin Arzneimittelgruppen AlkaloideColchicin ist ein entzündungshemmender und schmerzlindernder Wirkstoff aus der Gruppe der Alkaloide, der unter anderem für die Vorbeugung und Behandlung der Gicht und in der Rheumatologie und Kardiologie eingesetzt wird. Es handelt sich um einen natürlichen Inhaltsstoff der Herbstzeitlosen Colchicum autumnale. Die Effekte beruhen unter anderem auf einer Modulation des Immunsystems. Des Weiteren hemmt Colchicin die Zellteilung. Colchicin hat eine geringe therapeutische Breite und die Vorsichtsmassnahmen müssen genau beachtet werden. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen. Colchicin ist ein Substrat von CYP3A4 und des Arzneistofftransporters P-Glykoprotein und deshalb anfällig für Wechselwirkungen. Es ist fruchtschädigend und während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.
synonyme: Colchicum PhEur, Colchicinum, Kolchizin, Colchizin
ProdukteIm Jahr 2021 wurden in der Schweiz Tabletten mit Colchicin zugelassen (Colctab®). Früher musste das Arzneimittel aus dem Ausland importiert werden. Es wird schon seit Jahrzehnten medizinisch verwendet, die Herbstzeitlose bereits seit Jahrtausenden.
Herbstzeitlose, zum Vergrössern anklicken. Fotos © PharmaWiki
Struktur und EigenschaftenColchicin (C22H25NO6, Mr = 399.4 g/mol) liegt als gelblich weisses, kristallines oder amorphes, bitter schmeckendes Pulver vor, das in Wasser löslich ist. Das Pulver verfärbt sich unter Lichteinwirkung dunkel.
Colchicin ist das Hauptalkaloid der Herbstzeitlosen Colchicum autumnale aus der Familie der Zeitlosengewächse (Colchicaceae), die es besonders reichlich in den Samen enthält. Im Unterschied zu anderen Pflanzen blüht sie im Herbst und nicht im Frühling.
WirkungenColchicin (ATC M04AC01 ) hat entzündungshemmende, schmerzlindernde und diuretische Eigenschaften. Die Effekte beruhen unter anderem auf einer Modulation des Immunsystems. Des Weiteren hemmt Colchicin die Zellteilung (Mitose) in der Metaphase durch Bindung an Tubulin. Es hat eine kurze mittlere Halbwertszeit von etwas über einer Stunde (65 Minuten).
Wirkmechanismus der Tubulin-Inhibitoren, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
Indikationen- Akuter Anfall einer Gichtarthritis.
- Prophylaktische Behandlung einer rezidivierenden Gichtarthritis.
- Behandlung von akuter Perikarditis und rezidivierender Perikarditis.
- Prävention akuter Schübe des familiären Mittelmeerfiebers und der als Komplikation des familiären Mittelmeerfiebers möglichen Amyloidose.
- Für die Vorbeugung von kardiovaskulären Komplikationen (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall) bei Patienten mit einer Arteriosklerose (neue Indikation, USA, 2023).
Gemäss der Arzneimittel-Fachinformation. Die geringe therapeutische Breite muss zwingend beachtet werden, um eine Überdosierung zu vermeiden.
MissbrauchColchicin wird für Giftmorde und für Suizide missbraucht.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit
- Schwangerschaft, Stillzeit: Colchicin hat fruchtschädigende Eigenschaften
- Schwere Nierenfunktionsstörung
- Blutbildveränderungen wie eine Anämie
- Schlechter Allgemeinzustand
- Lebererkrankungen mit schwerer Einschränkung der Leberfunktion
- Gleichzeitige Anwendung von P-Glykoprotein und starken starken CYP3A4-Inhibitoren
- Gleichzeitige Anwendung von Ciclosporin
- Kinderwunsch
- Männer, die bis zu 6 Monate nach Einnahme ein Kind zeugen wollen (Schädigung der Samenzellen)
- Schwere Herz-, Nieren- und Magen-Darm-Insuffizienz
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenColchicin ist ein Substrat von CYP3A4 und des Arzneistofftransporters P-Glykoprotein. Die entsprechenden Wechselwirkungen müssen beachtet werden.
Unerwünsche WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen.
Colchicin hat eine enge therapeutische Breite und kann bei einer Überdosierung zu einer Vergiftung führen! Über Todesfälle wurde berichtet. Typische erste Anzeichen sind gastrointestinale Störungen und Durchfall (siehe im Artikel Herbstzeitlose).
siehe auchHerbstzeitlose, Gicht, Urikosurika, Urikostatika, Überdosierung, Vergiftung, Alkaloide
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA)
- Cocco G., Chu D.C., Pandolfi S. Colchicine in clinical medicine. A guide for internists. Eur J Intern Med, 2010, 21(6), 503-8 Pubmed
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- Hänsel R., Sticher O., Steinegger E. Pharmakognosie - Phytopharmazie. Berlin, Heidelberg: Springer, 1999
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- Hastie S.B. Interactions of colchicine with tubulin. Pharmacol Ther, 1991, 51(3), 377-401 Pubmed
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- Putterman C., Ben-Chetrit E., Caraco Y., Levy M. Colchicine intoxication: clinical pharmacology, risk factors, features, and management. Semin Arthritis Rheum, 1991, 21(3), 143-55 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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