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Cave canem: Caniphedrin® Arzneimittelgruppen Sympathomimetika

Caniphedrin® (Streuli, Kategorie B) ad us. vet. enthält L-Ephedrinhydrochlorid in den Dosierungen 20 oder 50 mg. Es ist zur Behandlung der Harninkontinenz bei Hündinnen nach der Kastration zugelassen. Als zentral stimulierendes Sympathomimetikum kann das Alkaloid auch als Partydroge und zu anderen Zwecken missbraucht werden. Caniphedrin® war ursprünglich ohne Rezept in Schweizer Apotheken erhältlich. Nachdem vermehrt Berichte über den Missbrauch des Medikaments vorlagen, wurde es in die Kategorie B umgeteilt und ist in Apotheken jetzt nur noch gegen ein Rezept erhältlich. Produkte

Caniphedrin® ist seit dem Jahr 2008 der Rezeptpflicht unterstellt (Swissmedic Kategorie B) und nicht mehr freiverkäuflich in Schweizer Apotheken erhältlich. Es darf nur noch direkt vom Tierarzt oder der Tierärztin abgegeben werden oder mit einem Rezept in der Apotheke bezogen werden (20.11.2008).

Caniphedrin

Das Alkaloid L-Ephedrin kommt zusammen mit weiteren Alkaloiden in Pflanzen der Gattung Ephedra vor (z.B. Ephedra sinica Stapf, Ephedraceae). Das Kraut wird in der chinesischen Medizin unter dem Namen Ma Huang seit über 5000 Jahren verwendet. Im Arzneibuch Pentsao Kang Mu von Li Shih-Chen aus dem 16. Jahrhundert wird es als Kreislaufstimulans, schweisstreibendes Mittel, Fiebermittel und Hustenmittel empfohlen (1). Der für die Wirkung verantwortliche Inhaltsstoff Ephedrin wurde 1887 von Nagajosi Nagai in Tokio isoliert (2).

Abb. 1. Ephedra sp.

Die pharmakologischen Effekte wurden vom Chinesen Ku Kuei Chen und Amerikaner Carl F. Schmidt in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts aufgeklärt und 1930 in einer umfassenden Monographie dargestellt (3). In ihrem ersten Experiment injizierten die beiden Forscher einem Hund einen Ephedraauszug. Dabei beobachteten sie eine signifikante und anhaltende Erhöhung des Blutdrucks, eine Erhöhung der Herzfrequenz und eine Gefässverengung.

In weiteren Experimenten bei Tieren, im Selbstversuch und bei Probanden bewirkte die Reinsubstanz Ephedrin zudem eine Bronchienerweiterung, eine Entspannung des Darms, eine Pupillenerweiterung, eine Stimulation des zentralen Nervensystems und eine Senkung des Urinvolumens (4). Da diese Effekte weitgehend jenen des Adrenalins entsprachen, schlossen die beiden Wissenschaftler, dass es sich um ein Sympathomimetikum handelte; ein direktes und indirektes, wie man heute weiss. Im Gegensatz zu Adrenalin war Ephedrin aber oral verabreicht sehr gut verfügbar und seine Wirkung hielt länger an. Ausgehend von diesen Untersuchungen wurden Ephedrinpräparate in den folgenden Jahrzehnten beispielsweise gegen Hypotonie, Narkolepsie, Asthma, Bronchitis, Allergie, Schnupfen, Übergewicht und Enuresis nocturna eingesetzt.

Abb. 2. Struktur von L-Ephedrin

Heute ist Ephedrin in den meisten der genannten Indikationen veraltet, da es unspezifisch ist und neuere Substanzen mit weniger unerwünschten Wirkungen entwickelt wurden (5). So stehen bei Asthma zum Beispiel selektive Beta2-Sympathomimetika zur Verfügung, die mit technisch ausgefeilten Inhalationsgeräten verabreicht werden. Ephedrin ist in der Schweiz als Humanarzneimittel noch als Injektionslösung und in Erkältungsmitteln im Handel (6).

Abseits der amtlich zugelassenen Indikationen existieren Berichte über die missbräuchliche Verwendung von Ephedrin als Partydroge, als medikamentöse Lernhilfe, zum Muskelaufbau im Bodybuilding, als Dopingmittel im Sport und als Vorläuferchemikalie zur Synthese von psychotropen Substanzen (z.B. 7). Monopräparate mit Ephedrin sind in der Schweiz ohne ärztliche Verschreibung nicht erhältlich. Im Drogenforum der Webseite Eve & Rave (8) wird jedoch berichtet, wie man sich in einer Schweizer Apotheke angeblich Ephedrintabletten besorgen kann: „(...) mein Freund kam heute zurück aus der Schweiz und hatte welche dabei. Er hat die einfach in einer Apotheke, ohne Rezept bekommen. Hat gesagt er braucht die für seinen Hund (Inkontinenz). War kein Problem sagt er.“

Ephedrin, ursprünglich am Hund im Hinblick auf die humane Wirkung getestet, wird heute tatsächlich therapeutisch bei den Kaniden eingesetzt. Caniphedrin® (Streuli) ad us. vet. enthält den Wirkstoff L-Ephedrin · HCl in den Dosierungen 20 oder 50 mg. Das Medikament wird in der Veterinärmedizin bei Hündinnen gegen die nach der Kastration häufig auftretende Harninkontinenz verwendet (9, 10). Die Inkontinenz ist die Folge eines erniedrigten Harnröhrenverschlussdrucks nach der Kastration und kann mit α-adrenergen Substanzen (auch Phenylpropanolamin) effizient behandelt werden. Caniphedrin® durfte in der Schweiz ursprünglich vom Apotheker und von der Apothekerin ohne tierärztliches Rezept abgegeben werden (Kategorie C) – in grossen Packungsgrössen von 100 oder 500 Stück. Nach der Veröffentlichung mehrerer Berichte über den möglichen Missbrauch wurde Caniphedrin® in die Kategorie B umgeteilt und darf nur noch gegen ein tierärztliches Rezept abgegeben werden.

Die missbräuchliche Einnahme von Ephedrin ist problematisch. Insbesondere bei Überdosierung, bei der Einnahme anderer Medikamente (Interaktionen) und bei Grunderkrankungen können schwere kardiovaskuläre und zentralnervöse unerwünschte Wirkungen auftreten (11, 12). Von einer Verwendung als Partydroge oder für andere missbräuchliche Zwecke muss deshalb dringend abgeraten werden.

siehe auch

Ephedrin, Meerträubel

LiteraturAutor

Dr. Alexander Vögtli vom PharmaWiki Team für PharmaWiki.ch. Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.

Mit bestem Dank an Elvan Kut für die Review und Daniela von Rotz, Streuli Pharma, für ergänzende Informationen.

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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 16.11.2024 geändert.
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