Roter Fingerhut Phytopharmaka DrogenlisteDer rote Fingerhut Digitalis purpurea ist eine Heil- und Giftpflanze, welche Herzglykoside wie das Digitoxin enthält. Die aktiven Inhaltsstoffe werden aus den Blättern gewonnen und als Fertigarzneimittel für die Behandlung einer Herzinsuffizienz und von Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Aufgrund der Giftigkeit sollen keine Tees oder andere Zubereitungen aus der Arzneidroge zubereitet werden. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Kopfschmerzen, Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen und Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen. Eine Vergiftung oder Überdosierung ist lebensgefährlich.
synonym: Digitalis purpurea
ProdukteZubereitungen aus den Blättern des Fingerhuts werden heute nur noch selten medizinisch eingesetzt. In einigen Ländern sind Medikamente mit dem Inhaltsstoff Digitoxin und verfügbar. Der aus dem wolligen Fingerhut gewonnene Reinstoff Digoxin war in der Schweiz in Form von Tabletten im Handel. Der Vertrieb wurde im Jahr 2022 eingestellt.
PflanzeDer rote Fingerhut (Digitalis purpurea L.) aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) ist in Europa heimisch. Verwendet wird auch der wollige Fingerhut Digitalis lanata. Früher wurden die Pflanzen der Familie der Scrophulariaceae zugeordnet.
Fotos: Digitalis purpurea in Cornwall, England. © PharmaWiki
ArzneidrogeAls Arzneidroge werden die Digitalis-purpurea-Blätter (Digitalis purpurea folium) verwendet. Es handelt sich um die getrockneten Blätter von Digitalis purpurea. Das Arzneibuch fordert einen Mindestgehalt an Cardenolidglykosiden, berechnet als Digitoxin. Aus den Blättern werden eingestellte Extrakte, Pulver und Tinkturen zubereitet.
InhaltsstoffeDie Blätter enthalten Herzglykoside vom Cardenolidtyp, die auch als Digitalisglykoside bezeichnet werden. Digitoxin ist ein typisches Beispiel, jedoch nicht Digoxin (Digitalis lanata). Übrigens: Die zwei Substanzen unterscheiden sich nur in einem einzigen Sauerstoffatom.
WirkungenDigitalisglykoside haben folgende Eigenschaften:
- Sie erhöhen die Kontraktionskraft und -geschwindigkeit des Herzens (positiv inotrop)
- Sie senken die Herzfrequenz (negativ chronotrop)
- Sie verzögern die Erregungsleitung (negativ dromotrop)
- Sie steigern die Erregbarkeit, besonders im Bereich der Kammermuskulatur (positiv bathmotrop)
Die Glykoside verbleiben lange im Körper. Digitoxin hat eine Halbwertszeit im Bereich von 7 bis 8 Tagen. Die Halbwertszeit von Digoxin ist mit 40 Stunden kürzer.
Anwendungsgebiete- Für die Behandlung einer Herzinsuffizienz.
- Für die Behandlung von Herzrhythmusstörungen.
Vorsicht: Beim Fingerhut handelt es sich um eine Giftpflanze. Es sollen ausschliesslich Fertigarzneimittel eingenommen werden. Die Blätter oder andere Pflanzenteile sollen nicht als Tee zubereitet oder in einer anderen Form verabreicht werden. Entsprechende Vergiftungsfälle sind in der Literatur dokumentiert.
MissbrauchDer Fingerhut wurde in der Vergangenheit für Giftmorde und Suizide missbraucht.
KontraindikationenDie vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Müdigkeit, Schwäche, Herzrhythmusstörungen, Benommenheit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Appetitmangel. Diese Angaben beziehen sich die Herzglykoside.
Die Wirkstoffe haben eine enge therapeutische Breite. Eine Überdosierung, eine versehentliche Einnahme von Pflanzenteilen oder eine Verwechslung mit essbaren Pflanzen ist lebensgefährlich. Sie kann zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen, einem Kammerflimmern, einem Herzblock und einem Herzstillstand führen. Daneben treten oft Verdauungsstörungen (z.B. Übelkeit, Erbrechen), eine Hyperkaliämie und neurotoxische Effekte auf.
Vergiftungen sind aufgrund des bitteren Geschmacks aber eher selten. Der Fingerhut kann mit der Wallwurz verwechselt werden (vgl. Literatur).
Als Antidot steht das Fab-Fragment eines Antikörpers zur Verfügung (DigiFab®).
siehe auchWallwurz, Vergiftung, Giftpflanzen
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D)
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Kidambi S., Massad M.G. On van Gogh and the foxglove plant. Cardiology, 2014, 127(3), 164-6 Pubmed
- Lehr- und Handbücher der Phytotherapie und der Toxikologie
- Lin C.C. et al. An outbreak of foxglove leaf poisoning. J Chin Med Assoc, 2010, 73(2), 97-100 Pubmed
- Mitchell A. Bitter pill to swallow: a case of accidental poisoning with digitalis purpurea. BMJ Case Rep, 2010, 2010 Pubmed
- Naiman J.L. Images in clinical medicine. Digitalis purpurea (foxglove). N Engl J Med, 1994, 331(23), 1563 Pubmed
- Silverman M.E. William Withering and An Account of the Foxglove. Clin Cardiol, 1989, 12(7), 415-8 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
Weitere InformationenWirkstoffe: Tetryzolinum, Zincum, Digitalis tinctura, Hamamelidis aqua, Euphrasiae tinctura
Unternehmen: Verfora SA
Abgabekategorie: D
Gruppe / Anwendung: Ophthalmologika: Sympathomimetika / Antiallergika / Antihistaminika
Wirkstoffe: Tetryzolinum, Zincum, Digitalis tinctura, Hamamelidis aqua, Euphrasiae tinctura
Unternehmen: Verfora SA
Abgabekategorie: D
Gruppe / Anwendung: Ophthalmologika: Sympathomimetika / Antiallergika / Antihistaminika
Wirkstoffe: Digitalis antitoxinum ovis Fab
Unternehmen: Curatis AG
Abgabekategorie: A
Gruppe / Anwendung: Andere Arzneimittel
Wirkstoffe: Aconitum napellus D6, Arnica montana D3, Aurum chloratum (HAB) D6, Digitalis purpurea D3, Prunus laurocerasus (HAB) D3, Selenicereus grandiflorus (HAB) D4, Spigelia anthelmia (HAB) D3, Valeriana officinalis D2, Crataegus e fructibus recentibus TM
Unternehmen: Laboratoire Jacques Reboh et fils SA
Abgabekategorie: D
Gruppe / Anwendung:
Wirkstoffe: Acidum arsenicosum (HAB) D5, Crataegus e fructibus recentibus TM, Digitalis purpurea D3, Kalii carbonas D3, Kalmia latifolia (HAB) D3, Phosphorus (HAB) D5, Selenicereus grandiflorus (HAB) D2, Spigelia anthelmia (HAB) D3, Strophanthus gratus (HAB) D30, Urginea maritima var. rubra D2
Unternehmen: Laboratoire Jacques Reboh et fils SA
Abgabekategorie: B
Gruppe / Anwendung:
Wirkstoffe: Adonis vernalis (HAB) D4, Convallaria majalis (HAB) D4, Crataegus e fructibus recentibus D1, Digitalis purpurea D4, Helleborus niger (HAB) D4, Urginea maritima var. rubra D4
Unternehmen: Laboratoire Jacques Reboh et fils SA
Abgabekategorie: B
Gruppe / Anwendung: