Windpocken Indikationen Infektionskrankheiten KinderkrankheitenBei den Windpocken handelt es sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit, die vom Varicella-Zoster-Virus verursacht wird. Sie tritt in den westlichen Ländern hauptsächlich bei Kindern unter 10 Jahren auftritt und beginnt mit erhöhter Temperatur und Müdigkeit. Innert eines Tages bilden sich vor allem am Rumpf und im Gesicht Bläschen, die aufbrechen, verkrusten und stark jucken. Der Verlauf bei Kindern ist in der Regel gutartig und die Erkrankung geht von alleine wieder vorbei. Es sind aber schwere Komplikationen möglich, insbesondere bei Erwachsenen, bei Immungeschwächten und Schwangeren. Bei Kindern steht die Behandlung des Juckreizes mit äusserlich angewendeten Arzneimitteln im Vordergrund. Bei Erwachsenen werden auch Arzneimittel gegen die Viren eingesetzt. Zur Vorbeugung steht ein Impfstoff zur Verfügung.
synonym: Wilde Blattern, Spitze Blattern, Schafblattern
SymptomeDie Erkrankung beginnt mit Symptomen, die einer Erkältung oder Grippe ähneln, mit erhöhter Temperatur, Fieber, Krankheitsgefühl, Schwäche und Müdigkeit. Innert etwa 24 Stunden tritt der typische Hautausschlag am ganzen Körper auf, der sich innert weniger Tage entwickelt. Er ist zunächst fleckig und anschliessend bilden sich gefüllte Bläschen, die aufbrechen und verkrusten. Der Ausschlag ist von einer Rötung umgeben und von einem Juckreiz begleitet. Er bildet sich vor allem am Rumpf und im Gesicht und weniger an den Extremitäten. Innert weniger Tage können weitere Bläschen entstehen.
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UrsachenEs handelt sich um eine virale Infektionskrankheit, die vom Varicella-Zoster-Virus verursacht wird. Das Virus kann zwei Krankheiten auslösen. Erstens Windpocken bei der Erstinfektion im Kindesalter und zweitens die Gürtelrose bei einer Reaktivierung im Erwachsenenalter, vor allem bei älteren Menschen.
ÜbertragungDie Erkrankung ist hoch ansteckend und es gibt in Europa eine hohe Durchseuchung der Bevölkerung. Über 90 % der Erwachsenen sind seropositiv. Die Ansteckung erfolgt von Person zu Person über Atemwegssekret oder über die Flüssigkeit, welche aus den Bläschen freigesetzt wird. Windpocken können auch von Patienten mit Gürtelrose übertragen werden, also zum Beispiel vom Grossvater auf die Enkelkinder. Die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung beträgt zwischen 8 bis 28 Tagen. In Tagesheimen, Kindergärten und Schulen kommt es häufig zu lokalen Ausbrüchen.
Dauer der AnsteckungsfähigkeitDie Kinder können wieder zur Schule oder in den Kindergarten, wenn das letzte Bläschen verkurstet und ausgetrocknet ist und keine neuen Hautausschläge mehr auftreten.
KomplikationenBei Kindern im Vorschulalter verläuft die Erkrankung in der Regel mild und geht von alleine wieder vorbei. Trotzdem sind Windpocken nicht harmlos, da als Folge schwere Komplikationen auftreten können. Ein schwerer Verlauf ist bei Erwachsenen, bei Schwangeren, Immungeschwächten, bei älteren Menschen und bei Menschen aus südlichen Ländern häufiger.
Zu den möglichen Komplikationen gehören zum Beispiel bakterielle Infektionen, eine Lungenentzündung, Störungen des zentralen Nervensystems wie eine Gehirnentzündung, eine Hirnhautentzündung und ein Befall innerer Organe.
Bei Schwangeren ist eine Übertragung auf das ungeborene Kind möglich und Schwangere haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Komplikationen.
DiagnoseDie Diagnose wird in ärztlicher Behandlung meist aufgrund des klinischen Bildes gestellt. Dabei müssen eine Reihe von Hauterkrankungen ausgeschlossen werden, die mit Windpocken verwechselt werden können.
Nicht medikamentöse BehandlungGegen Juckreiz helfen kalte Umschläge, Bäder und Waschungen. Die Nägel können kurz geschnitten werden, damit sich die Kinder nicht kratzen können. Beachten Sie auch den Artikel Juckreiz für ausführliche Informationen.
Medikamentöse BehandlungDas Risiko für bakterielle Infektionen kann mit einer guten Hautpflege (Bäder, Waschungen, Verbände und juckreizstillende Mittel) verkleinert werden. Gegen Juckreiz werden traditionell die folgenden Mittel eingesetzt, welche in Apotheken und Drogerien erhältlich sind:
- Weisse Schüttelmixtur
- Gerbstoffe
- Antihistaminika, z.B. Dimetindenmaleat-Tropfen oral verabreicht gegen Juckreiz (Feniallerg® Tropfen) → Vorsicht bei Säuglingen und Kleinkindern
- Menthol: Mentholpuder, Menthol-Schüttelpinselung 1%, Mentholhaltige Haufpflegemittel → Vorsicht bei Säuglingen und Kleinkindern
- Weitere Zinkoxid-Zubereitungen, z.B. Zinksalben
- Diphenhydramin + Kampfer + Zinkoxid (Caladryl®, ausser Handel) → Vorsicht bei Säuglingen und Kleinkindern aufgrund des Kampfers
Zur Behandlung der erhöhten Temperatur ist Paracetamol das Mittel der 1. Wahl. Kindern mit Windpocken darf kein Aspirin® (Acetylsalicylsäure) verabreicht werden.
Antivirale Arzneimittel wie Aciclovir (Zovirax®, Generika) oder Valaciclovir (Valtrex®, Generika) werden vor allem bei Erwachsenen und Risikopatienten eingesetzt. Sie müssen so früh wie möglich beim Ausbruch der Erkrankung verabreicht werden, ansonsten sind sie wirkungslos. Sie können die Dauer und die Stärke der Beschwerden reduzieren. Die Anwendung bei Kindern ist umstritten, weil der Verlauf in der Regel gutartig ist.
VorbeugungZur Vorbeugung soll der Kontakt mit Erkrankten vermieden werden. Kinder mit Windpocken sollten nicht in den Kindergarten oder zur Schule, bis der Hautausschlag verkrustet ist. Es stehen Impfstoffe zur Verfügung (z.B. Varivax®), siehe unter → Windpockenimpfung.
Manche Eltern lassen ihre Kinder jedoch absichtlich mit Erkrankten spielen, damit sie sich anstecken und die Windpocken durchmachen. Man spricht auch von „Windpocken-Partys“ (Chickenpox Parties).
siehe auchLiteratur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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- Broschüre „Windpocken“, Bundesamt für Gesundheit
- Chickenpox, pregnancy and the newborn. Drug Ther Bull, 2005, 43(9), 69-72 Pubmed
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- Robert Koch Institut
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Dr. Alexander Vögtli vom PharmaWiki Team. Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
Abbildung: Lucille Solomon http://www.lucille-solomon.com