Nifedipincreme Arzneimittelgruppen Dihydropyridine MagistralrezepturenEine Nifedipincreme ist eine Zubereitung zur lokalen Behandlung einer Analfissur. Der Calciumkanalblocker Nifedipin erweitert die Blutgefässe, wirkt wundheilungsfördernd und krampflösend auf den Analsphinkter. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist das Raynaud-Syndrom, das mit einer Vasokonstriktion einhergeht. In der Schweiz sind Zubereitungen mit 0.2 % Wirkstoff gebräuchlich. Das Arzneimittel wird in einer Apotheke individuell als Magistralrezeptur für die Patientinnen und Patienten hergestellt.
synonym: Nifedipingel, Nifedipin-Salbe, Nifedipinsalbe, Nifedipin-Creme, Nifedipin-Suppositorien
ProdukteNifedipincremen und -salben werden in Apotheken und Labors als Magistralrezepturen zubereitet.
Struktur und EigenschaftenNifedipin (C17H18N2O6, Mr = 346.3 g/mol) ist ein Dihydropyridin. Es liegt als gelbes, kristallines Pulver vor, das in Wasser praktisch unlöslich ist. Nifedipin ist stark lichtempfindlich.
WirkungenNifedipin (ATC C08CA05 ) ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Dihydropyridine, der die glatte Gefässmuskulatur entspannt. Er erweitert bei lokaler oder oraler Anwendung die Blutgefässe, verbessert die Durchblutung und damit die Wundheilung, ist entzündungshemmend und löst Krämpfe des Analsphinkters. Dihydropyridine hemmen den Einstrom von Calcium in die glatten Muskelzellen durch Inhibition der spannungsabhängigen Calciumkanäle vom L-Typ und damit die Muskelkontraktion.
Wirkmechanismus der Calciumkanalblocker, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
AnwendungsgebieteNifedipincremen werden zur lokalen, äusserlichen und konservativen Behandlung von Analfissuren eingesetzt. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist das Raynaud-Syndrom.
DosierungGemäss der ärztlichen Anweisung. Die Creme wird bei einer Analfissur dreimal täglich mit dem Finger im Afterkanal ringsherum auftragen. Sie soll nicht direkt auf die Läsionen verabreicht werden. Optimal ist eine häufige Anwendung bis zu 6-mal täglich. Die Behandlung muss ununterbrochen während zirka 4 bis 6 Wochen Wochen erfolgen. Die verwendete Dosis ist klein (zirka eine erbsengrosse Menge) und soll nicht überschritten werden, um das Risiko für unerwünschte Wirkungen gering zu halten.
HerstellungIn der Schweiz sind Arzneiformen mit 0.2 % Nifedipin gebräuchlich. Es ist jedoch anzumerken, dass in klinischen Studien auch Gele und Salben und höhere Konzentrationen bis 0.5 % verwendet wurden. Die früher eingesetzte Excipial-Creme ist mittlerweile ausser Handel. Als Ersatz wird beispielsweise die Basiscreme DAC verwendet.
Die Herstellung ist heikel und nicht in jeder Apotheke durchführbar. Es ist zu beachten, dass Nifedipin stark lichtempfindlich ist. Es wurde deshalb vorgeschlagen, im Dunkeln bei Rotlicht zu arbeiten oder alle Lampen und Fenster mit gelbem Drachenpapier abzudecken. Apotheken, welche die Salbe nicht selbst herstellen, können sie bei spezialisierten Dienstleistern bestellen.
KontraindikationenDie Kontraindikationen, Vorsichtsmassnahmen und möglichen Interaktionen einer oralen Nifedipintherapie sollten vorsichtshalber auch bei der lokalen Behandlung beachtet werden.
Zu den Kontraindikationen gehören
- Überempfindlichkeit
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Herz-Kreislauf-Schock
- Instabile Angina pectoris
- Akuter Myokardinfarkt (innerhalb der ersten 4 Wochen)
- Kombination mit Rifampicin
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
Unerwünschte WirkungenEs sind lokale Hautreaktionen und Überempfindlichkeitsreaktionen möglich. Selten können möglicherweise systemische unerwünschte Wirkungen von Nifedipin auftreten, zum Beispiel Ödeme, ein tiefer Blutdruck, Kopfschmerzen und ein Flush.
Nifedipincremen sind gemäss den klinischen Studien besser verträglich als die zur Behandlung einer Analfissur ebenfalls verwendeten Nitroglycerinsalben, die häufig einen Kopfschmerz, den sogenannten Nitratkopfschmerz, als unerwünschte Wirkung verursachen.
siehe auchNitroglycerinsalbe, Dihydropyridine, Nifedipin, Diltiazemsalbe
Literatur- Antropoli C., Perrotti P., Rubino M., Martino A., De Stefano G., Migliore G., Antropoli M., Piazza P. Nifedipine for local use in conservative treatment of anal fissures. Dis Colon Rectum, 1999, 42(8), 1011-5 Pubmed
- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Ezri T., Susmallian S. Topical nifedipine vs. topical glyceryl trinitrate for treatment of chronic anal fissure. Dis Colon Rectum, 2003, 46(6), 805-8 Pubmed
- Gupta P.J. Treatment of fissure in ano- revisited. Afr Health Sci, 2004, 4(1), 58-62 Pubmed
- Katsinelos P., Kountouras J., Paroutoglou G., Beltsis A., Chatzimavroudis G., Zavos C., Katsinelos T., Papaziogas B. Aggressive treatment of acute anal fissure with 0.5% nifedipine ointment prevents its evolution to chronicity. World J Gastroenterol, 2006, 12(38), 6203-6 Pubmed
- Merenstein D., Rosenbaum D. Is topical nifedipine effective for chronic anal fissures? J Fam Pract, 2003, 52(3), 190-2 Pubmed
- Medhi B. et al. Recent advances in the pharmacotherapy of chronic anal fissure: an update. Asian J Surg, 2008, 31(3), 154-63 Pubmed
- Mustafa N.A., Cengiz S., Türkyilmaz S., Yücel Y. Comparison of topical glyceryl trinitrate ointment and oral nifedipine in the treatment of chronic anal fissure. Acta Chir Belg, 2006, 106(1), 55-8 Pubmed
- Nelson R. Non surgical therapy for anal fissure. Cochrane Database Syst Rev, 2006, CD003431 Pubmed
- Nelson R. A systematic review of medical therapy for anal fissure. Dis Colon Rectum, 2004, 47(4), 422-31 Pubmed
- Schweizer Apothekerzeitung, 2, 3, 2002
- Tranqui P., Trottier D.C., Victor C., Freeman J.B. Nonsurgical treatment of chronic anal fissure: nitroglycerin and dilatation versus nifedipine and botulinum toxin. Can J Surg, 2006, 49(1), 41-5 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.