Tolperison Arzneimittelgruppen MuskelrelaxanzienTolperison ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der zentral wirksamen Muskelrelaxanzien zur Behandlung von Muskelkrämpfen der Skelettmuskulatur. Die Tabletten werden üblicherweise dreimal täglich eingenommen. Im Unterschied zu anderen Muskelrelaxanzien ist Tolperison nicht dämpfend und soll keine Müdigkeit als unerwünschte Wirkung hervorrufen. Gemäss der europäischen Arzneimittelbehörde darf das Arzneimittel aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage nur noch bei einer Spastizität nach einem Schlaganfall eingesetzt werden. Die Patienten sollen darauf hingewiesen werden, dass es während der Behandlung selten - auch nach andauernder guter Verträglichkeit - zu schweren Überempfindlichkeitsreaktionen kommen kann.
synonym: Tolperisonum, Tolperisoni hydrochloridum, Tolperisonhydrochlorid
ProdukteTolperison ist in Form von Filmtabletten im Handel (Mydocalm®, Generika). Es ist in der Schweiz seit dem Jahr 1966 zugelassen.
Struktur und EigenschaftenTolperison (C16H23NO, Mr = 245.36 g/mol) ist chiral und liegt in Arzneimitteln als Racemat und Tolperisonhydrochlorid vor. Es ist ein Piperidinderivat und ein Propiophenon. Tolperison hat strukturelle Ähnlichkeiten mit Lidocain und einen ähnlichen Wirkmechanismus wie das Lokalanästhetikum.
WirkungenTolperison (ATC M03BX04 ) hat zentral muskelrelaxierende Eigenschaften auf die quergestreifte Skelettmuskulatur. Es setzt den peripheren Muskeltonus im Hirnstamm herab. die molekularen Drug Targets sind wahrscheinlich Natrium- und Calciumkanäle. Im Unterschied zu anderen Muskelrelaxanzien wie zum Beispiel Tizanidin (Sirdalud®, Generika) ist Tolperison nicht dämpfend, ruft also keine Müdigkeit als unerwünschte Wirkung hervor. Tolperison hat eine kurze Halbwertszeit von 1.5 bis 2.5 Stunden.
In der Schweiz und einigen europäischen Ländern wird das Arzneimittel vergleichsweise häufig und breit eingesetzt. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA kam im Jahr 2012 jedoch zum Schluss, dass die Vorteile die Risiken zwar überwiegen, Tolperison aber einzig bei einer Spastizität nach einem Schlaganfall eingesetzt werden soll. Die in den 1960er- und 1970er-Jahren durchgeführten Studien genügen den heutigen Anforderungen nicht vollumfänglich.
IndikationenEmpfehlung der europäischen Arzneimittelbehörde:
- Symptomatische Behandlung von Spastizität nach einem Schlaganfall bei Erwachsenen.
In der Schweiz gelten derzeit noch folgende Indikationen:
- Muskelspasmen bei schmerzhaften Erkrankungen der Skelettmuskulatur, vor allem der Wirbelsäule und der stammnahen Gelenke.
- Kann verwendet werden bei erhöhtem Tonus der Skelettmuskulatur bei neurologischen Erkrankungen wie beispielsweise Pyramidenbahnläsionen.
Gemäss der Fachinformation.
Kontraindikationen- Überempfindlichkeit
- Myasthenia gravis
- Stillzeit
Die Patienten müssen darauf hingewiesen werden, dass es während der Behandlung zu schwer verlaufenden Überempfindlichkeitsreaktionen kommen kann. Beim Auftreten soll die Therapie unterbrochen werden.
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
InteraktionenTolperison wird hauptsächlich von CYP2D6 metabolisiert, in geringerem Ausmass auch von anderen CYP-Isoenzymen. Entsprechende Wechselwirkungen sind möglich.
Unerwünschte WirkungenZu den gelegentlich auftretenden möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Schwindel, Gleichgewichtsverlust, Tremor, Parästhesien, Herzklopfen, Blutdruckabfall, Mundtrockenheit, Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Blähungen, Schwitzen, Nesselfieber und Hautrötungen.
In seltenen Fällen sind schwere Überempfindlichkeitsreaktionen möglich. Diese Reaktionen können auch nach jahrelanger Einnahme des Arzneimittels plötzlich auftreten.
siehe auchTizanidin (Sirdalud®, Generika)
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D)
- Bae J.W. et al. Considerable interindividual variation in the pharmacokinetics of tolperisone HCl. Int J Clin Pharmacol Ther, 2007, 45(2), 110-3 Pubmed
- Europäische Arzneimittelbehörde EMA
- Kocsis P. et al. Tolperisone-type drugs inhibit spinal reflexes via blockade of voltage-gated sodium and calcium channels. J Pharmacol Exp Ther, 2005, 315(3), 1237-46 Pubmed
- Quasthoff S., Möckel C., Zieglgänsberger W., Schreibmayer W. Tolperisone: a typical representative of a class of centrally acting muscle relaxants with less sedative side effects. CNS Neurosci Ther, 2008, 14(2), 107-19 Pubmed
- Ribi C., Vermeulen C., Hauser C. Anaphylactic reactions to tolperisone (Mydocalm). Swiss Med Wkly, 2003, 133(25-26), 369-71 Pubmed
- Rote Hand Brief, Deutschland, Februar 2013
- Stamenova P. et al. A randomized, double-blind, placebo-controlled study of the efficacy and safety of tolperisone in spasticity following cerebral stroke. Eur J Neurol, 2005, 12(6), 453-61 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
Weitere InformationenWirkstoffe: Tolperisoni hydrochloridum
Unternehmen: Labatec Pharma SA
Abgabekategorie: B
Gruppe / Anwendung: Zentrale Muskelrelaxanzien
Wirkstoffe: Tolperisoni hydrochloridum
Unternehmen: Labatec Pharma SA
Abgabekategorie: B
Gruppe / Anwendung: Zentrale Muskelrelaxanzien