Medikamente für die Sterbehilfe ArzneimittelgruppenFür die ärztlich assistierte Beihilfe zum Suizid werden Arzneimittel aus verschiedenen Gruppen eingesetzt. Sie dienen zur Prämedikation, gegen Erbrechen, zur Angstlösung, Anästhesie und zum Herbeiführen des Todes durch einen Atem- und Herzstillstand. Zu den wichtigsten Wirkstoffen gehören Barbiturate wie Pentobarbital-Natrium und Thiopental sowie neuromuskuläre Blocker wie Rocuroniumbromid. Die Medikament werden peroral eingenommen oder parenteral verabreicht.
synonym: Sterbehilfe-Medikamente, Suizidmittel
ProdukteFür die ärztlich assistierte Suizidbeihilfe werden zugelassene Arzneimittel (Off-Label-Use), Magistralrezepturen, reine Wirkstoffe und seltener importierte Medikamente aus dem Ausland eingesetzt. Es handelt sich um rezeptpflichtige Medikamente, welche ohne ärztliche Verordnung nicht erhältlich sind.
Hinweis: Der rechtlich korrekte Begriff ist in diesem Zusammenhang nicht Sterbehilfe, sondern Suizidbeihilfe. Die aktive Sterbehilfe ist in der Schweiz und anderen Ländern verboten.
Struktur und EigenschaftenDie Wirkstoffe sind heterogen und haben keine einheitliche chemische Struktur. Innerhalb der Klasse lassen sich Gruppen identifizieren. Sie sind unten aufgelistet.
WirkungenDie Wirkstoffe haben unter anderem beruhigende, schlaffördernde, anästhetische, muskelrelaxierende (lähmende) und zentral depressive Eigenschaften.
Den Tod lösen sie beispielsweise durch einen Atem- und Herzstillstand aus. Es werden auch Wirkstoffe miteinander kombiniert, zum Beispiel Thiopental und neuromuskuläre Blocker. Der Tod tritt erst ein, nachdem der Patient oder die Patientin das Bewusstsein verloren hat.
AnwendungsgebieteFür den ärztlich assistierten Suizid. Die Anwendung erfolgt als Off-Label-Use, denn es existiert keine offizielle Zulassung.
DosierungDie Mittel werden vorwiegend peroral und intravenös verabreicht. Die Patientinnen und Patienten verabreichen sich das Mittel selbst, d.h. sie trinken eine Lösung oder öffnen einen intravenösen Zugang. Dies aus dem Grund, weil die direkte aktive Sterbehilfe in der Schweiz verboten ist, die Beihilfe zum Suizid aus uneigennützigen Gründen jedoch straflos bleibt.
Bei der peroralen Applikation wird vorgängig ein Antiemetikum, üblicherweise Metoclopramid, oral oder rektal verabreicht. Dies mit dem Ziel, das Erbrechen nach der Einnahme zu verhindern.
Barbiturate werden in einer hohen Dosis von über 10 g eingenommen. Für Pentobarital-Natrium beträgt die übliche Dosis 15 g.
WirkstoffeBarbiturate führen zu einem Bewusstseinsverlust, einer zentralen Depression sowie zu einem Herz- und Atemstillstand. Sie werden peroral und parenteral verabreicht:
- Pentobarbital-Natrium
- Phenobarbital-Natrium
- Secobarbital-Natrium
- Thiopental-Natrium, zur Induktion des Komas
Neuromuskuläre Blocker (Muskelrelaxanzien) führen zu einer Lähmung der Muskulatur, was auch die Atemmuskeln betrifft. Sie dürfen nicht alleine verwendet werden, weil nach der Verabreichung das Bewusstsein und das Schmerzempfinden erhalten bleibt:
Antiemetika gegen Übelkeit und Erbrechen bei einer oralen Verabreichung:
Lokalanästhetika gegen Schmerzen nach der Injektion:
Benzodiazepine als Prämedikation mit angstlösenden Eigenschaften (nicht für die Suizidbeihilfe):
Anästhetika zur Induktion des Komas:
Gase in einer Sterbekapsel:
Nicht empfohlen werden die folgenden Substanzen. Dies aufgrund von Nebenwirkungen und einer unzuverlässigen Wirksamkeit:
- Benzodiazepine, für die Suizidbeihilfe sind sie in der Regel nicht ausreichend wirksam. Sie werden für die Prämedikation eingesetzt.
- Opioide, aufgrund einer möglichen Toleranz.
- Insuline sind unzuverlässig und haben einen variablen Effekt.
- Kaliumchlorid kann nach der Injektion sehr starke Schmerzen verursachen.
- Trizyklische Antidepressiva
- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
- Dees M., Vernooij-Dassen M., Dekkers W., van Weel C. Unbearable suffering of patients with a request for euthanasia or physician-assisted suicide: an integrative review. Psychooncology, 2010, 19(4), 339-52 Pubmed
- Guidelines for the Practice of Euthanasia and Physician-Assisted Suicide (Niederlande, KNMG, KNMP)
- Willems D.L. et al. Drugs used in physician-assisted death. Drugs Aging, . 1999, 15(5), 335-40 Pubmed
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.