Oxytocin Arzneimittelgruppen HormoneOxytocin ist ein Peptidhormon, das vom Hypothalamus gebildet und von der Neurohypophyse ausgeschüttet wird. Es fördert die Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur während der Geburt und den Milchaustritt beim Stillen. Arzneimittel mit synthetischem Oxytocin werden in der Geburtshilfe eingesetzt und als Injektion oder Infusion gespritzt. Es steht auch ein Nasenspray für die Förderung des Milchflusses zur Verfügung. Darüber hinaus erfüllt Oxytocin als Neuropeptid wichtige Funktionen im Gehirn. Es fördert das soziale Verhalten, baut Vertrauen auf und ist wichtig für die Entstehung von emotionalen Bindungen zwischen Eltern und ihren Kindern sowie bei Liebespaaren.
synonym: Oxytocinum PhEur, Oxytocini solutio PhEur, Liebeshormon, Vertrauenshormon
ProdukteOxytocin ist als Injektionspräparat und Nasenspray im Handel (Syntocinon®). Es ist in der Schweiz seit dem Jahr 1956 zugelassen. In vielen Ländern sind Generika verfügbar.
Struktur und EigenschaftenOxytocin (C43H66N12O12S2, Mr = 1007.2 g/mol) ist ein zyklisches Peptid, das aus 9 Aminosäuren (Nonapeptid) mit einer Disulfidbrücke besteht. Die Struktur des synthetisch hergestellten Wirkstoffs ist mit der des natürlichen Hormons identisch. Die Bezeichnung ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet „schnelle Geburt“. Oxytocin ist strukturell und pharmakologisch eng mit Vasopressin verwandt.
Sequenz: Cys-Tyr-Ile-Gln-Asn-Cys-Pro-Leu-Gly
WirkungenOxytocin (ATC H01BB02 ) ist ein Peptidhormon, das im Hypothalmus gebildet und zum Hypophysenhinterlappen transportiert wird, wo es gespeichert und freigesetzt wird.
Der Uterus reagiert gegen Ende der Schwangerschaft am empfindlichsten auf das Hormon. Oxytocin stimuliert die glatte Muskulatur der Gebärmutter und fördert rhythmische Kontraktionen, führt also zu Wehen und ermöglicht so die Entbindung.
Die Sekretion wird nach der Geburt durch das Stillen angeregt. Durch die Kontraktion der myoepithelialen Zellen im Bereich der Brustdrüse wird der Milchaustritt gefördert. Auf die Bildung der Muttermilch hat Oxytocin hingegen keinen Einfluss.
Des Weiteren spielt Oxytocin eine wichtige Rolle als Neuropeptid im zentralen Nervensystem, zum Beispiel für das soziale Verhalten, das soziale Erkennen und Erinnern, für den Aufbau von Vertrauen sowie für die Liebe und Sexualität. Entscheidend ist es auch für emotionale Bindungen (Bonding), zum Beispiel zwischen Eltern und ihren Kindern und zwischen Liebespaaren. Oxytocin wird deshalb auch als „Liebeshormon“, „Vertrauenshormon“ und „Kuschelhormon“ bezeichnet.
IndikationenOxytocin wird in der Geburtshilfe vor und nach der Geburt eingesetzt. Zu den medizinischen Indikationen gehören:
- Geburtseinleitung aus medizinischen Gründen am Termin
- Wehenschwäche
- Wehenstimulierung
- Vorbeugung und Behandlung von Blutungen
- Postpartale Uterusatonie
- Förderung der Milchentleerung und Mastitis-Prophylaxe (Nasenspray)
Mögliche Anwendungsgebiete als Psychopharmakon:
Aufgrund seiner essenziellen Aufgaben im Gehirn wird Oxytocin unter anderem für verschiedene neurologische Anwendungsgebiete und soziale Störungen in zahlreichen klinischen Studien untersucht. Dazu gehören zum Beispiel Autismus-Spektrum-Störungen, die soziale Angststörung, die Borderline-Persönlichkeitsstörung, Sucht- und Angsterkrankungen. Behördliche Zulassungen liegen derzeit noch nicht vor. Entwickelt werden auch Agonisten und Antagonisten an Oxytocin-Rezeptoren.
DosierungGemäss der Fachinformation. Oxytocin wird als intravenöse Infusion oder als intravenöse oder intramuskuläre Injektion injiziert. Es kann für einige Indikationen auch intranasal mithilfe eines Nasensprays verabreicht werden, was die Anwendung vereinfacht.
KontraindikationenDie vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich in der Arzneimittel-Fachinformation.
Unerwünschte WirkungenZu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Kopfschmerzen, eine Veränderung der Herzfrequenz (Herzrhythmusstörungen, Tachykardie, Bradykardie), Bluthochdruck sowie Übelkeit und Erbrechen.
siehe auchLiteratur- Arzneimittel-Fachinformation (CH, D, USA)
- Carter C.S., Porges S.W. The biochemistry of love: an oxytocin hypothesis. EMBO Rep, 2013, 14(1), 12-6 Pubmed
- De Cagna F. et al. The Role of Intranasal Oxytocin in Anxiety and Depressive Disorders: A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. Clin Psychopharmacol Neurosci, 2019, 17(1), 1-11 Pubmed
- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Jones C., Barrera I., Brothers S., Ring R., Wahlestedt C. Oxytocin and social functioning. Dialogues Clin Neurosci, 2017, 19(2), 193-201 Pubmed
- Kosfeld M., Heinrichs M., Zak P.J., Fischbacher U., Fehr E. Oxytocin increases trust in humans, Nature, 2005, 435(7042), 673-6 Pubmed
- Lee H.J., Macbeth A.H., Pagani J.H., Young W.S. 3rd. Oxytocin: the great facilitator of life. Prog Neurobiol, 2009, 88(2), 127-51 Pubmed
- Magon N., Kalra S. The orgasmic history of oxytocin: Love, lust, and labor. Indian J Endocrinol Metab, 2011, 15 Suppl 3, S156-61 Pubmed
- Meyer-Lindenberg A., Domes G., Kirsch P., Heinrichs M. Oxytocin and vasopressin in the human brain: social neuropeptides for translational medicine. Nat Rev Neurosci, 2011, 12(9), 524-38 Pubmed
- Okamoto Y., Ishitobi M., Wada Y., Kosaka H. The Potential of Nasal Oxytocin Administration for Remediation of Autism Spectrum Disorders. CNS Neurol Disord Drug Targets, 2016, 15(5), 564-77 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
Weitere Informationen