Schwangerschaftserbrechen Indikationen SchwangerschaftÜbelkeit und/oder Erbrechen treten bei bis zu 85% aller schwangeren Frauen hauptsächlich zwischen der 5. und 12. Schwangerschaftswoche auf. Die Beschwerden verlaufen in der Regel gutartig ohne gesundheitliche Auswirkungen für Mutter und Kind. Zur Behandlung werden primär Verhaltensänderungen empfohlen, sekundär können von der Ärztin und vom Arzt bestimmte Arzneimittel gegen Übelkeit und Erbrechen verordnet werden. In seltenen Fällen treten massive Beschwerden auf, die zu gesundheitlichen Komplikationen führen können und eine adäquate Behandlung erfordern.
synonym: Schwangerschaftsübelkeit, Emesis gravidarum, schwere Form: Hyperemesis gravidarum, Morgenübelkeit
SymptomeZu den Beschwerden gehören Übelkeit und/oder Erbrechen, die bei einer Minderheit nur morgens, bei der Mehrheit auch tagsüber auftreten. Aufgrund der Reizung des Rachens wird oft zusätzlich ein Räuspern und Husten und bei einem schweren Verlauf eine Zerrung der Rippenmuskulatur beobachtet.
VerlaufFür die meisten Schwangeren handelt es sich um normale, selbstlimitierende Beschwerden ohne gesundheitliche Auswirkungen für die Mutter oder den Fötus. Für Kinder von Frauen mit Schwangerschaftserbrechen besteht gemäss einigen Studien sogar ein tieferes Risiko für Fehlgeburten. Die Beschwerden verschwinden in der Regel in der 16. Schwangerschaftswoche, bleiben aber bei bis zu 20 % während der ganzen Schwangerschaft bestehen. Die schwere Form Hyperemesis gravidarum kann zur gesundheitlichen Beschwerden bei Mutter und Kind führen.
UrsacheDie genaue Ursache ist nicht bekannt. Diskutiert werden unter anderem eine psychische Disposition, eine evolutionäre Adaptation, hormonelle Auslöser (v.a. HCG) und eine Helicobacter pylori-Infektion. Einige Frauen reagieren auf bestimmte Auslöser wie Gerüche (z.B. Parfüm, Lebensmittel), laute Geräusche oder einen Druck auf den Bauch.
KomplikationenZu den möglichen Komplikationen gehören Verstimmungszustände und Depressionen und eine verminderte Leistungsfähigkeit zu Hause und am Arbeitsplatz. Gleichzeitig verabreichte Medikamente können nicht absorbiert werden. Multivitaminpräparate sollten bei Schwangerschaftserbrechen vorübergehend zum Beispiel mittags oder abends eingenommen werden, damit die Aufnahme der Stoffe gewährleistet ist.
Hyperemesis gravidarum: Die schwere Form des Schwangerschaftserbrechens, die Hyperemesis gravidarum betrifft etwa 0.3-3% der schwangeren Frauen. Sie kann zu einer Dehydratation, Elektrolytstörungen, einem Vitaminmangel und einem Gewichtsverlust der Mutter führen und unter Umständen eine Einweisung ins Spital erforderlich machen. Sie kann zu Komplikationen bei Mutter und Kind führen und soll adäquat behandelt werden.
DiagnoseEs muss berücksichtigt werden, dass Übelkeit und Erbrechen zu Beginn der Schwangerschaft auch zahlreiche andere Ursachen haben können, zum Beispiel eine Gastroenteritis, Hepatitis, Ulkuserkrankung oder Pankreatitis.
Nicht medikamentöse BehandlungVor der medikamentösen Behandlung sollten nicht medikamentöse Verhaltensänderungen ausprobiert werden.
Diätische Massnahmen:
- Bei Erbrechen ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, um eine Dehydratation zu vermeiden.
- Über den Tag verteilte, kleine Mahlzeiten zu sich nehmen, fades Essen bevorzugen, Biskuits, Kohlenhydrate.
- Salziges Essen ist verträglich (z.B. Cracker, Salzkartoffeln). Crackers auf den Nachttisch legen und morgens gleich davon essen.
- Stark gewürzte, fette und stark riechende Mahlzeiten vermeiden.
Lifestyle:
- Stress vermeiden, häufig ausruhen, Arbeitstage verkürzen
Emotionale Unterstützung
Alternativmedizin:
- Akupunktur und Akupressur am Akupunkt P6 können einen Frauen Linderung bringen. Dazu sind unter anderem Akupressur-Armbänder im Handel. Der Akupunkt P6 befindet sich auf der Innenseite des Handgelenks. Alle 4 Stunden wird während 5 Minuten ein Druck angelegt.
Die Abgabe der Medikamente soll auf ärztliche Verordnung hin erfolgen.
Antihistaminika der 1. Generation:
- Die Fixkombination Meclozin + Pyridoxin (Itinerol B6®) ist in der Schweiz für die Indikation Schwangerschaftserbrechen zugelassen. Es sind Kapseln und Zäpfchen verfügbar.
- Doxylamin + Pyridoxin (Cariban®) wurde in der Schweiz im Jahr 2020 für dieses Anwendungsgebiet zugelassen.
- Pyridoxin (Vitamin B6) ist alleine oder in Kombination mit Meclozin oder Doxylamin bei Schwangerschaftserbrechen zugelassen. Es ist auch in Multivitaminpräparaten für die Schwangerschaft enthalten, darin allerdings in tiefer Dosierung.
- Die Einnahme von Multivitaminpräparaten kann sich ebenfalls positiv auswirken.
- Ingwer ist ein bekanntes Gewürz und pflanzliches Antiemetikum, ist aber in der Schweiz nicht für dieses Anwendungsgebiet zugelassen (Zintona® ist in der Schwangerschaft gemäss der Packungsbeilage kontraindiziert). Wissenschaftlich ist Ingwer noch nicht ausreichend untersucht. Negative Auswirkungen auf den Föten wurden bisher aber nicht beobachtet.
Ondansetron wird NICHT empfohlen, weil ein Risiko für die Entstehung angeborener Missbildungen besteht. Dies gilt aus unserer Sicht auch für andere Serotonin-Antagonisten.
Hyperemesis gravidarum: In fachärztlicher Behandlung. Je nach Schweregrad Flüssigkeits- und Nahrungsmittelersatz, Vitamine und Antiemetika; evtl. Einweisung ins Krankenhaus.
Literatur- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.