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Overparenting Indikationen

synonym: Überbehütung, Helikopter-Eltern, Intensive parenting, Lawnmower parents, Mikromanagement

Überbehütung der Kinder

Es steht ausser Frage, dass heute viele Kinder von ihren Eltern überbehütet und überbetreut werden.

Ich erinnere mich beispielsweise daran, wie ich in den 80er-Jahren alleine mit einem Freund weit weg von zu Hause im Wald an einem kleinen See gespielt habe, als ich vielleicht 11 Jahre alt war. Das wäre heute völlig undenkbar. Oder dass wir ausserhalb der Öffnungszeiten in die Abfallentsorgung geschlichen sind und nach interessanten Dingen gesucht haben. Wir sind kilometerweit ohne Helm und ohne Aufsicht mit dem Velo auf die nächstgelegenen Hügel gefahren. Ich glaube, meine Eltern haben mir kein einziges Mal bei den Hausaufgaben geholfen. Das bedeutet nicht, dass sie Rabeneltern waren, denn der Zeitgeist war damals ein anderer und sie haben sich gut gekümmert. Nicht zu meinem Nachteil, ich habe auch so erfolgreich ein Studium und ein Doktorat abgeschlossen.

Ganz anders ist es heute. Die Vorbereitung auf die Kinder beginnt schon vor der Schwangerschaft, zum Beispiel mit einer intensiven Lektüre von Ratgebern, Vorbereitungskursen und der Einnahme von Folsäure. Während der Schwangerschaft lässt sich die Entwicklung des Kindes mit Apps nachvollziehen und mithilfe des Ultraschalls kann quasi in den Bauch gesehen werden. Die Überkontrolle beginnt also bereits, bevor das Kind überhaupt auf der Welt ist.

Ist das Baby einmal da, wird es rund um die Uhr gepflegt, mit dem Tuch am Körper getragen und nur mit den besten Lebensmitteln und Pflegeprodukten versorgt. Heute gibt es sogar Babywaschmittel ohne Parfüm und Allergene für die schmutzige Babywäsche.

Overparenting, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki

Diese intensive Babybetreuung endet nicht, sondern setzt sich bis ins junge Erwachsenenalter und bis zur Berufsausbildung fort. Man spricht von einer Überbehütung, von Helikopter-Eltern, Intensive parenting, Lawnmower parents und Mikromanagement.

Einige Zeichen für Overparenting sind:

Eine wichtige Motivation der Eltern ist der Schutz vor Gefahren und die Beseitigung von Hindernissen. Kürzlich habe ich gesehen, dass es vor meiner alten Schule jetzt sogenannte Elternparkplätze für die Soccer Moms gibt, welche die Kinder mit dem Auto zur Schule fahren. Knieschoner, Helme, Babyphones und Tracking-Apps sind Ausdruck des Gefahrenschutzes.

Zugrunde liegt eine tiefgreifende Angst vor Verletzungen, Entführungen, Misshandlung, Traumatisierung, Versagen und Mobbing. Vorfälle, die wir täglich in den Medien sehen, uns selbst aber nur selten betreffen.

Ein weiterer Aspekt ist, dass die Kinder möglichst gute schulische Leistungen erbringen sollen. Deshalb werden Mütter und Väter schon vor dem Kindergarten aktiv, um optimal zu fördern. Sie sind bei den Hausaufgaben dabei und helfen bei der Prüfungsvorbereitung. Sie mischen sich in den Schulbetrieb ein und diskutieren mit den Lehrerinnen und Lehrern über Noten und die Didaktik. Ist die Performance ungenügend, wird Nachhilfe organisiert. Und wenn schulische oder soziale Probleme auftreten, sind die Eltern sofort zur Stelle.

Auch die Freizeit wird von den Eltern mit sinnvollen Hobbys organisiert, die gleichzeitig auch noch Spielpartner sind.

Mit der heutigen Technologie ist eine noch nie dagewesene Überwachung möglich geworden. Zudem steht den Eltern heute dank des Internets und der Digitalisierung eine enorme Informationsfülle zur Verfügung.

Kinder verfügen heute über Konsumgüter, die eigentlich für Erwachsene vorgesehen sind. Mein altes Kindervelo mit seinen drei Gängen ist lächerlich im Vergleich mit den Full-Suspension-Mountainbikes, welche heute von Jugendlichen gefahren werden.

Wie wirkt sich eine solche intensive Betreuung und Verwöhnung auf die Kinder und Jugendlichen aus? Overparenting hat sicher einige Vorteile. Die Kinder sind geschützt, gut versorgt, es passieren weniger Unfälle, es erhöht die Sicherheit.

Andererseits reduziert die Überbehütung die Selbständigkeit, schwächt die Widerstandsfähigkeit gegen Stress und Anforderungen, senkt die Entscheidungsfähigkeit, erhöht das Anspruchsdenken und den Narzissmus und kann zu psychischen Störungen wie Angsterkrankungen und Depressionen führen.

Also mehr Mut zur Übertragung von Verantwortung, zur Selbständigkeit und weniger Perfektionismus. Kinder müssen unbedingt Fehler machen dürfen, um zu lernen und ihre eigenen Erfahrungen sammeln.

Normaler Ablauf:

Natürlich ist das Gleichgewicht zwischen Erziehung, Freiheiten, Overparenting und Underparenting und einer Vernachlässigung nicht einfach zu finden.

LiteraturAutor

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.


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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 18.6.2024 geändert.
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