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Rhinoviren Indikationen Infektionskrankheiten Erkältung

synonym: Erkältungsviren, Rhinovirus, HRV, Human rhinoviruses

Einführung

Die Vorstellung, dass Kälte die sogenannte „Erkältung“ auslöst, ist nach wie vor weit verbreitet. Es handelt sich aber um einen tradierten Irrglauben, der vom Namen der Krankheit und dem bevorzugten Auftreten während der kalten Jahreszeit begünstigt wird. Die Kälte ist zwar tatsächlich ein nachgewiesener Risikofaktor, aber nicht die eigentliche Ursache. Es sind verschiedene Erkältungsviren, welche für die Erkrankung verantwortlich sind. Die im Jahr 1956 an der Johns Hopkins University entdeckten humanen Rhinoviren lösen sie am häufigsten aus.

Rhinovirus. PDB: 1RHI

Struktur der Rhinoviren

Humane Rhinoviren (HRV) gehören zur Familie der Picornaviridae („kleine RNA-Viren“) und zur Gattung Enterovirus. Rhinoviren sind unbehüllte und einsträngige RNA-Viren (ssRNA+) mit einem geringen Durchmesser von nur etwa 30 nm. Das Kapsid hat eine ikosaedrische (zwanzigflächige) Struktur, das sich aus 4 x 60 Proteinen (VP) zusammensetzt. Zu den Bestandteilen des Virus gehören:

Kapsidproteine:

NS-Proteine (Non-structural Proteins):

Erbinformation:

Es existieren über 160 verschiedene Serotypen, welche in die drei Gruppen A, B und C eingeteilt werden (HRV-A, HRV-B und HRV-C). Weil das Immunsystem nach einer Infektion nicht alle Serotypen erkennt, kann eine Erkältung mehrmals pro Jahr und immer wieder auftreten und die Entwicklung einer Impfung ist schwierig. Ein weiterer Grund ist die Veränderung der Viren, weil die RNA-abhängige RNA-Polymerase über keinen Korrekturmechanismus verfügt und sich damit andauernd Mutationen in die RNA einschleichen.

Virusvermehrung

Die Viren binden mit dem Kapsidprotein (VP) an verschiedene Rezeptoren auf der Zelloberfläche im hinteren Nasenrachenraum. Dazu gehören ICAM-1 (90%), LDLR und CDHR3. Sie werden über eine Endozytose oder Makropinozytose in die Zelle aufgenommen. Im sauren Milieu der Lysosomen erfolgt das Uncoating, also die Freisetzung der Erbinformation. Die virale RNA wird einerseits in ein Polypeptid überführt, das von den Proteasen in die aktiven viralen Proteine geschnitten wird. Andererseits wird die virale RNA vervielfältigt. Aus diesen Bestandteilen entstehen die neuen Viren. Sie können schon 10 Stunden nach der Infektion nachgewiesen werden.

Die Virusvermehrung findet vor allem in den ersten wenigen Tagen statt (Hit-and-run). Aber kleine Virusmengen können noch wochenlang gefunden werden. Interessanterweise führen Rhinoviren nicht zu einer Zerstörung der Zellen in der Nasenschleimhaut. Die Symptome werden hauptsächlich von der Aktivierung des Immunsystem und der nachfolgenden entzündlichen Reaktion mit der Freisetzung verschiedener Entzündungsmediatoren ausgelöst. Unser Körper verursacht die lästigen Beschwerden also grösstenteils selbst (!)

Rinoviren können sowohl die Zellen der oberen Atemwege (Nasenrachenraum) als auch der unteren Atemwege befallen.

Krankheitsbild

Rhinoviren verursachen die → Erkältung, welche sich in Halsschmerzen, einer laufenden und verstopften Nase (Schnupfen), Niesreiz, Husten, Kopfschmerzen und Krankheitsgefühlt äussert. Bei Kindern wird häufig zusätzlich Fieber beobachtet.

Die nasalen Beschwerden (Rhinorrhö, Obstruktion) gehen auf eine Gefässerweiterung, eine Störung des Epithels und eine Erhöhung der Gefässpermeabilität zurück. Zudem wird die Schleimbildung aktiviert.

Erkältungen werden vor allem in der kalten Jahreszeit, also im Herbst bis hinein in den Frühling, beobachtet. Am häufigsten sind Säuglinge und Kleinkinder betroffen, gefolgt von Kindern.

Rhinoviren können die Anfälligkeit für bakterielle Infektionen wie eine Lungenentzündung erhöhen und chronische Lungenerkrankungen wie ein Bronchialasthma, eine zystische Fibrose und eine COPD verschlimmern. Weitere bekannte Folgen sind eine akute Sinusitis und eine Mittelohrentzündung aufgrund der Verlegung der Eustachi-Röhre (vor allem bei Kindern). Bei immunsupprimierten Patienten ist ein schwerer Verlauf möglich.

Rhinoviren werden auch mit der Entstehung von Asthma in Verbindung gebracht. Sie sind also alles andere als harmlos. Zumal sie aufgrund der verlorenen Arbeitsstunden eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung haben.

Übertragung

Rhinoviren werden zum einen direkt von Person zu Person weitergegeben, zum Beispiel beim Händeschütteln oder über Aerosole und Tröpfchen. Zum anderen ist auch eine indirekte Übertragung über Gegenstände möglich. Die Viren können auch über die Augen aufgenommen werden und von dort über den Tränennasengang in die Nase gelangen. Auf Oberflächen können die Viren während Tagen infektiös bleiben. Übrigens: Die Infektion kann auch asymptomatisch verlaufen. Woher eine aktuelle Erkältung stammt, ist also schwierig in Erfahrung zu bringen.

Antivirale Behandlung

Eine direkte antivirale Therapie steht derzeit noch nicht zur Verfügung. Mit Pleconaril wurde in der Vergangenheit zwar ein wirksames Medikament entwickelt, das an das Capsidprotein VP1 bindet und die Viren am Eintritt in die Zellen hindert. Aufgrund von Sicherheitsbedenken der Behörden wurde es aber nicht zugelassen. Ein weiteres mögliches Drug Target stellt die virale Protease dar (z.B. Ruprintrivir). Denkbar wäre auch eine Beeinflussung der Immunreaktion.

Die symptomatische Behandlung ist im Artikel → Erkältung dargestellt.

siehe auch

Erkältung

LiteraturAutor

Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.


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Der Autor dieses Artikels ist Dr. Alexander Vögtli. Dieser Artikel wurde zuletzt am 3.11.2017 geändert.
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