Dreimonatskoliken IndikationenDreimonatskoliken treten bei Säuglingen in den ersten Lebenswochen auf und halten zwischen drei bis fünf Monate an, um anschliessend von alleine zu verschwinden. Die Kleinen weinen häufig am späten Nachmittag oder abends. Sie schreien während Stunden und sind kaum zu beruhigen. Die genauen Ursachen sind nicht genau bekannt, aber es wird angenommen, dass sie im Verdauungstrakt liegen. Bei der Diagnose müssen mögliche organische Ursachen ausgeschlossen werden. Zur medikamentösen Behandlung werden unter anderem Mittel gegen Blähungen, Probiotika, alternativmedizinische Therapeutika und krampflösende Mittel eingesetzt.
synonym: Dreimonatskrämpfe, Infantile Koliken
SymptomeDie Dreimonatskoliken treten bei Säuglingen in den ersten Lebenswochen auf und halten zwischen drei bis fünf Monate an. Betroffen sind bis zu einem Viertel aller Kinder. Sie äussern sich in häufigem Weinen, Reizbarkeit, Unruhe und aufgeblähtem Bauch. Das Kind ballt die Fäustchen, hat ein gerötetes Gesicht, zieht die Beine an und schreit während geschätzten drei bis sechs Stunden pro Tag. Die Krämpfe treten vor allem am späten Nachmittag und abends auf und das Kind ist kaum zu beruhigen. Die Eltern werden mit der Zeit entnervt, gestresst und übermüdet.
UrsachenDie genauen Ursachen sind Gegenstand von Diskussionen. Die Koliken werden häufig auf gastrointestinale Ursachen, unter anderem Blähungen, einen unreifen Darm, das Schlucken von Luft, Störungen der Darmflora, eine Hyperalgesie oder auch eine übermässige Peristaltik zurückgeführt. Spekuliert wurde auch, dass es sich um eine Lactoseintoleranz oder eine Kuhmilchallergie handelt. Möglicherweise gibt es nicht eine einzige, sondern mehrere Erklärungen für die Beschwerden.
DiagnoseBei der Diagnose müssen in kinderärztlicher Behandlung mögliche organische Ursachen ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome verursachen. Dazu gehören unter anderem eine Verstopfung, eine Kuhmilchallergie, eine Lactoseintoleranz, eine Migräne, Infektionskrankheiten und Verletzungen. Das häufige Weinen und Schreien lässt also nicht automatisch auf die Dreimonatskoliken schliessen.
Nicht-medikamentöse BehandlungDie Beschwerden gehen nach drei bis maximal fünf Monaten von alleine wieder vorbei und es wird angenommen, dass sie keine organische Ursache haben.
- Das Kind so gut wie möglich beruhigen (Schnuller, Bewegen, Schaukeln, Halten, Spielen, Singen...).
- Die Eltern sollen das Kind von Zeit zu Zeit an Bekannte oder Familienangehörige abgeben, wenn es ihnen zu viel wird.
- Falls gestillt wird, weiter stillen, nicht auf adaptierte Milch wechseln.
- Der Säugling soll beim Trinken keine Luft schlucken.
- Anpassen der Ernährung, falls eine Intoleranz oder eine Allergie vorliegt.
- Bei Flaschenkindern eine Umstellung der adaptierten Milch versuchen.
- Warme Umschläge, eine Bienenwachsauflage, ein Chriesisteisäckli oder eine Wärmeflasche auf den Bauch legen.
- Leichte Bauchmassage
- Anlegen eines „Schreitagebuchs“, um beeinflussende Faktoren herauszufinden.
- Simeticon ist ein Antischaummittel, das ausschliesslich im Verdauungstrakt gegen Blähungen wirksam ist.
- Pflanzliche Karminativa, zum Beispiel Fenchel, Anis und Kümmel. Auch Melisse, Kamille und andere Kräuter können sich positiv auszuwirken. Fenchel ist aufgrund des Estragolgehalts umstritten.
- Äusserlich: Massage mit dem Vier Winde Öl, Bäuchleinöl.
- wie Lactobacillus reuteri können möglicherweise das gestörte Gleichgewicht der Darmflora normalisieren. Aufgrund der guten Verträglichkeit ist ein Therapieversuch möglich.
- Eine Zuckerlösung (z.B. 12 %, 2 ml) kann den Säugling beruhigen. Nachteilig ist die mögliche Entwicklung von Karies bei Kindern, die früh zahnen. Die ersten Milchzähne brechen aber üblicherweise erst nach 6 Monaten durch.
- Anticholinergika scheinen für die Behandlung geeignet zu sein, weil sie die krampflösend sind und die möglicherweise verstärkte Peristaltik verlangsamen. In den USA wurden zum Beispiel Dicyclomin und Cimetropiumbromid verwendet. Ein Problem stellen jedoch die möglichen unerwünschten Wirkungen dar. Aus unserer Sicht sollten die Arzneimittel deshalb nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden.
- z.B. Chamomilla, Colocynthis und Belladonna Globuli.
- Arzneimittel-Fachinformation (CH)
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