Vitiligo (Weissfleckenkrankheit) Indikationen Die Vitiligo beschreibt den erworbenen, chronischen Verlust der ursprünglichen Hautfarbe in Form umschriebener, gelegentlich ausgedehnter weisser Flecken. Die ursächlich noch unbekannte Erkrankung geht mit einem Verlust an Pigmentzellen in den betroffenen Arealen einher und tritt weltweit bei 1% aller Menschen auf (0.1% - 4%). Sonnenexponierte Stellen wie Gesicht und Hände sowie Körperöffnungen sind häufig betroffen, eine generalisierte Ausbreitung ist möglich. Die Erkrankung ist symptomlos und ruft keine Komplikationen hervor, führt jedoch nicht selten zu einer psychischen Belastung der Betroffenen. Therapien zur vollständigen und dauerhaften Rückfärbung der Haut stehen bislang nicht zur Verfügung, einige Behandlungsmassnahmen können jedoch zumindest eine teilweise Repigmentierung erzielen. Rückfälle sind häufig.
synomym: Weissfleckenkrankheit, Leucopathia acquisita, Poliosis
SymptomeDas meist vor dem 20. Lebensjahr beginnende Auftreten der weissen Flecken ist vollständig symptomlos, die Herde selbst weisen weder Juckreiz noch Schuppung auf, sind oft bizarr konfiguriert und gelegentlich im Randbereich dunkler pigmentiert. Eine erbliche Vorbelastung besteht bei einem Drittel (ca. 35%) der Betroffenen.
Die Ausbreitung erfolgt äusserst unterschiedlich, es kann bei wenigen kleineren weissen Arealen bleiben oder eine generalisierte Ausbreitung über weite Teile der Körperoberfläche erfolgen. Die Vitiligo beginnt häufig an sonnenexponierten Orten, wie dem Gesicht (insbesondere Augenlider, Mundpartie) und den Händen, sowie im Genitalbereich. Poliosis bezeichnet die Vitiligo der Kopfhaut mit Weisswerden der Haare, der Augenbrauen oder Wimpern.
Begleitend können bei Vitiligo Hörstörungen auftreten, die ebenfalls ursächlich noch nicht vollständig geklärt sind. Das gehäufte Auftreten von Vitiligo im Zusammenhang mit verschiedenen Autoimmunerkrankungen legt eine Fehlreaktion des Immunsystems mit Zerstörung der körpereigenen Pigmentzellen nahe, daneben könnte ein fehlerhaftes Enzym (Katalase) in den Pigmentzellen für deren Untergang verantwortlich sein und die familiäre Häufung erklären. Gehäuft findet sich Vitiligo bei Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow), bei Diabetes mellitus Typ I, kreisrundem Haarausfall oder anderen Erkrankungen, bei denen Autoantikörper gebildet werden.
EinteilungEs wird zwischen drei Typen unterschieden:
1. Die segmentale Vitiligo beginnt in der Kindheit und entwickelt sich schnell. Sie wird selten von anderen Autoimmunerkrankungen begleitet und ist vor allem durch ihre weissen, symmetrischen Flecken charakterisiert. Es sind mehrere Hautsegmente (Dermatome) von der Depigmentierung betroffen. Sie tritt bei 5 % der Patienten auf.
2. Die fokale Vitiligo manifestiert sich meistens zu einem späteren Zeitpunkt, kann aber auch schon im Kindesalter auftreten. Sie entwickelt sich fortschreitend und schrittweise und tritt bei zirka 15 % der Patienten auf. Charakteristisch ist die einseitige unsymmetrische Verteilung der Flecken, die meistens nur ein Hautsegment betreffen. Selten können zwei oder mehrere Segmente involviert sein.
3. Die generalisierte Vitiligo tritt bei zirka 80 % der Patienten auf und ist damit die häufigste Form. Sie zeigt häufig einen rascheren Verlauf und steht oftmals in Assoziation mit Autoimmunerkrankungen wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen.
Ursachen und AuslöserDie Ursachen der Erkrankung sind bis heute nicht geklärt, möglicherweise liegen verschiedene kausale Faktoren vor, die einzeln oder gemeinsam zur Zerstörung der Pigmentzellen (Melanozyten) führen. In der Literatur werden verschiedene Hypothesen zur Entstehung von Vitiligo beschrieben:
- Genetische Veranlagung (Störung der Pigmentproduktion durch veränderte Enzyme) mit Selbstzerstörung der Melanozyten.
- Autoimmunologische Prozesse mit Entstehung von Immunzellen, die körpereigene Pigmentzellen angreifen.
- Stressfaktoren, Sonnenbrand, toxische Radikale wie Wasserstoffperoxid
Die Vitiligo ist zwar nicht schmerzhaft oder gefährlich, kann aber eine psychosoziale Belastung darstellen. Mangelnder UV-Schutz in den Vitiligo-Arealen begünstigt Sonnenbrände und die Entstehung von Hautkrebs, weshalb die betroffenen Hautregionen mit einem Sonnenschutzmittel oder Kleidung gut vor Sonnenlicht geschützt werden müssen.
DiagnoseDie Diagnose erfolgt in ärztlicher Behandlung und wird anhand der dermatologischen Untersuchungen und durch Ausschluss anderer Ursachen gestellt. Differentialdiagnostisch können mehrere Pigmentstörungen abgegrenzt werden, bei denen entweder ein Mangel an Melanozyten oder eine Verminderung des Melanins vorliegt.
Nicht-medikamentöse BehandlungDie Vitiligo wird heute meistens kosmetisch mit hautfärbenden Mitteln und Selbstbräunern (z.B. Dihydroxyaceton) behandelt (Camouflage). Diese dienen zur oberflächlichen Abdeckung der depigmentierten Hautstellen.
Die Behandlung der ersten Wahl bei Patienten mit einer stark ausgeprägten Vitiligo ist die sogenannte Schmalband-UVB-Phototherapie. Sie ist sicher und auch für Kinder geeignet. Dabei werden die betroffenen Hautregionen mit Ultraviolettlicht im Bereich von 311 nm bestrahlt. Bei einigen Patienten konnte innerhalb eines Jahres eine Repigmentierung von mehr als 75 % erreicht werden.
Eine weitere Art der Phototherapie besteht aus der Kombination von oral verabreichtem Psoralen und der Phototherapie mit Ultraviolettbestrahlung (PUVA-Therapie). Sie dauert mindestens 2-3 Monate und erfordert um die 200 Behandlungen. Nur bei etwa 15-20% der Betroffenen tritt eine vollständige Repigmentierung ein.
Beim sogenannten PUVA-Wasserbad liegen die Patienten für 15 Minuten in einer Badewanne gefüllt mit Psoralen-Wasser, der die Aufnahme des Wirkstoffs in die Haut fördert. Anschliessend erfolgt die Phototherapie.
Medikamentöse BehandlungZur medikamentösen Therapie der Vitiligo werden insbesondere topische Glucocorticoide, topische Calcineurinhemmer (Tacrolimus, Pimecrolimus) sowie Vitamin-D-Analoga (Calcipotriol, Tacalcitol) eingesetzt. Verglichen mit der Phototherapie bewirken sie eine unschärfere Repigmentierung, die zwar schneller auftritt, jedoch weniger stabil ist. Deshalb wird die medikamentöse Therapie oft mit der Phototherapie kombiniert. Afamelanotid stimuliert die Pigmentbildung und wird derzeit klinisch untersucht.
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Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor (SG) hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt. Interne Review: AV
Review: Dr. med. Karoline Zepter, Dermatologie und Venerologie FMH, 8810 Horgen http://www.hautzentrumhorgen.ch
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