Wasserstoffperoxid Arzneimittelgruppen PeroxideWasserstoffperoxid ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Peroxide und Oxidationsmittel, der in Form wässriger Lösungen als Desinfektions-, Reinigungs- und Bleichmittel eingesetzt wird. Es ist desinfizierend, antibakteriell, oxidierend, bleichend und geruchsbeseitigend. Die Wirkungen beruhen auf der Bereitstellung von Sauerstoff. Konzentrierte Lösungen sind reizend und gesundheitsschädlich und können bei falscher Anwendung schwere unerwünschte Wirkungen verursachen.
synonym: Hydrogenii peroxidum, H2O2, HOOH, Wasserstoffsuperoxid, Hydrogenii peroxidum solutio, Hydrogen Peroxide INCI, „Wasserstoff“
ProdukteWasserstoffperoxidlösungen sind in Apotheken und Drogerien als Offenware in medizinischer oder technischer Qualität bis zu 35 % erhältlich. Konzentrierte Lösungen (30 %) und die Lösung mit 3 % sind in der Regel vorrätig, andere gängige Verdünnungen (z.B. 6 %, 10 %) können ad hoc im Labor des Betriebs hergestellt oder bestellt werden. Der Fachhandel bezieht Wasserstoffperoxid bei spezialisierten Lieferanten.
Wasserstoffperoxid ist auch in Fertigarzneimitteln, Kosmetika, Haarfärbemitteln, Zahnaufhellungsmitteln (in Form von Carbamidperoxid), Zahnpasten, Kontaktlinsenflüssigkeit, Fleckenlösern, Spezialwaschmitteln und anderen Parapharmazeutika enthalten.
Struktur und EigenschaftenWasserstoffperoxid (H2O2, Mr = 34.0 g/mol) liegt als klare, farblose Flüssigkeit und als wässrige Lösung in verschiedenen Konzentrationen vor. Es ist mit Wasser beliebig mischbar, geruchlos oder kann leicht bis stechend nach Ozon riechen. Es ist der einfachster und bekannteste Vertreter der Peroxide.
Das europäische Arzneibuch definiert zwei Konzentrationen:
- Die Wasserstoffperoxid-Lösung 30 % enthält mindestens 29.0 und höchstens 31.0 Prozent (m/m) H2O2.
- Die Wasserstoffperoxid-Lösung 3 % enthält mindestens 2.5 und höchstens 3.5 Prozent (m/m) H2O2.
Struktur von Wasserstoffperoxid, zum Vergrössern anklicken. Illustration © PharmaWiki
WirkungenWasserstoffperoxid (ATC D08AX01 ) hat antiseptische und antibakterielle Eigenschaften gegen Krankheitskeime. Es ist reizend, oxidierend (z.T. reduzierend), bleichend und geruchsbeseitigend. Es schäumt und reinigt Wunden auch mechanisch. Die Wirkungen halten nur kurz an, sind abhängig von der Konzentration und beruhen auf der Freisetzung von Sauerstoff. Wasserstoffperoxid wird zu Wasser und Sauerstoff abgebaut:
- 2 H2O2 (Wasserstoffperoxid) → 2 H2O (Wasser) + O2 (Sauerstoff)
Die Zersetzung erfolgt über Sauerstoffradikale. Es ist reaktiv und zerfällt oder reagiert beim Kontakt mit oxidierbaren, organischen Substanzen oder Metallen (z.B. Kupfer, Eisen) und in alkalischer Lösung. Metalle, Metallsalze, Kohle, Katalysatoren (Katalase), Licht, Bewegung, und Wärme fördern die Zersetzung.
Deshalb werden den Lösungen Stabilisatoren wie zum Beispiel Säuren (Phosphorsäure) oder Metallchelatoren zugegeben. Die Lösungen sollen vor Licht, Verunreinigungen und Wärme geschützt gelagert werden. Falls sie keinen Stabilisator enthalten, sollen sie unter 15 °C aufbewahrt werden.
Mit Phosphorsäure stabilisiertes Wasserstoffperoxid 3% ist gemäss DMS 12 Monate haltbar. Hänseler gibt für die stabilisierte konzentrierte Lösung einen Verfall von zirka 3 Jahren an.
AnwendungsgebieteWasserstoffperoxid wird medizinisch als Desinfektionsmittel und zur Wundreinigung in Konzentrationen von 1.5 bis zu 6 % eingesetzt. Die Anwendung ist vor allem bei chronischen Wunden umstritten, weil es die Wundheilung möglicherweise verzögert.
Andererseits ist Wasserstoffperoxid eine körpereigene Substanz mit zahlreichen positiven Effekten. Es wird unter anderem auch als Mundspülung (z.B. 1.5 %) und zur Zahnaufhellung angewandt. Auch diese Verwendungen sind aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen nicht unbestritten.
Bekannt ist es auch für das Auflösen eines Ohrenschmalzpfropfs in einer Konzentration von 3 %. Es wird dazu während 20 bis 30 Minuten einwirken gelassen. Anschliessend wird das Ohr ausgespült.
Technisch oder kosmetisch wird es zum Beispiel als Reinigungsmittel, als Chemikalie, zur Wasserbehandlung, als Bleichmittel für Papier, Haare, Pelze und Textilien verwendet.
In Jagdgebieten ist es ein beliebtes Mittel zum Bleichen von Geweihen und Knochen.
Für die Herstellung der Piranhalösung.
DosierungGemäss der Packungsbeilage oder fachlicher Anweisung. Weil konzentriertes Wasserstoffperoxid zu Verätzungen führt, ist es wichtig, die richtige Verdünnung zu verwenden.
Vorsichtsmassnahmen und unerwünschte WirkungenKonzentrierte Lösungen sind reizend und gesundheitsschädlich und führen zu brennenden Verätzungen der Haut, der Schleimhaut und der Atemwege mit einer weissen Verkrustung. Bei Haut- oder Augenkontakt sofort mit viel Wasser abspülen.
Die Lösungen dürfen nicht eingenommen oder eingeatmet werden und können beim Kontakt zu schweren Augenschäden führen. Da sie bei Erwärmung Sauerstoff freisetzen, können sie Brände oder Explosionen verursachen und sollen nicht erhitzt werden.
Wasserstoffperoxid gehört zu den Vorläuferstoffen für Explosivstoffe.
Bei der Mischung mit inkompatiblen Substanzen kann es zu einer explosionsartigen Zersetzung kommen.
Die vollständigen Vorsichtsmassnahmen finden sich im Sicherheitsdatenblatt und in den Gebrauchsinformationen.
Bei der Handhabung konzentrierter Lösungen müssen die im Sicherheitsdatenblatt erwähnten Vorsichtsmassnahmen konsequent eingehalten werden und es muss sorgfältig und sauber gearbeitet werden. Immer Handschuhe und Schutzbrille tragen. Mundspülungen mit H2O2 können Reizungen, Oedeme, eine Verlängerung der filiformen Papillen der Zunge (schwarze Haarzunge), Geschmacksstörungen, Ulzerationen und Mundtrockenheit hervorrufen.
siehe auchLiteratur- Europäisches Arzneibuch PhEur
- Gebrauchsinformationen
- Henry M.C., Wheeler J., Mofenson H.C., Caraccio T.R., Marsh M., Comer G.M., Singer A.J. Hydrogen peroxide 3% exposures. J Toxicol Clin Toxicol, 1996, 34(3), 323-7 Pubmed
- Naik S., Tredwin C.J., Scully C. Hydrogen peroxide tooth-whitening (bleaching): review of safety in relation to possible carcinogenesis. Oral Oncol, 2006, 42(7), 668-74 Pubmed
- Quellen
- Reynolds J. (Hrsg.) Martindale. The Extra Pharmacopoeia. London: The Pharmaceutical Press, 1989
- Rezeptur DMS
- Sicherheitsdatenblätter 3% / 30%
- Tredwin C.J., Naik S., Lewis N.J., Scully C. Hydrogen peroxide tooth-whitening (bleaching) products: review of adverse effects and safety issues. Br Dent J, 2006, 200(7), 371-6 Pubmed
- Walsh L.J. Safety issues relating to the use of hydrogen peroxide in dentistry. Aust Dent J, 2000, 45(4), 257-69 Pubmed
- Wasserbauer S., Perez-Meza D., Chao R. Hydrogen peroxide and wound healing: a theoretical and practical review for hair transplant surgeons. Dermatol Surg, 2008, 34(6), 745-50 Pubmed
- Watt B.E., Proudfoot A.T., Vale J.A. Hydrogen peroxide poisoning. Toxicol Rev, 2004, 23(1), 51-7 Pubmed
Interessenkonflikte: Keine / unabhängig. Der Autor hat keine Beziehungen zu den Herstellern und ist nicht am Verkauf der erwähnten Produkte beteiligt.
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